Der Fraunhofer On-Board Processor (FOBP) ist ein neuartiger Computer, der auf Satelliten die empfangenen Signale interpretiert, neu erzeugt und zum Boden sendet. Dabei zeichnet den FOBP eine Besonderheit aus: Im Gegensatz zu den bereits bekannten Computern auf Satelliten, kann der FOBP vom Boden aus neu programmiert werden. Dies macht ihn zu einem sehr flexiblen Werkzeug, mit dem Forscher auch wissenschaftliche Fragestellungen der Zukunft im Orbit untersuchen können. Wie stark kann man die Sendeantennen am Boden verkleinern und dabei sicherstellen, dass der Satellit die Daten trotz atmosphärischer Störungen sauber empfängt? Könnten die kleinen Antennen in Smartphones der nächsten Generation eingebaut werden? Können die Nutzer damit unterwegs im Internet Videos ansehen? Muss das Smartphone still auf den Tisch liegen oder kann es sogar während der Fahrt im Zug eine Satellitenverbindung herstellen? Diese und viele weitere wissenschaftliche Fragen lassen sich mit dem Fraunhofer On-Board Prozessor unter realen Weltraumbedingungen untersuchen. Die Messung der Strahlendosis im Weltall ist eine weitere Forschungsaufgabe des Fraunhofer Onboard Prozessors. Diese so genannte Weltraumstrahlung setzt sich zusammen aus unterschiedlichen Strahlungsarten, wie beispielsweise der Alpha-, Beta- oder Gamma-Strahlung. Für die Messungen setzen die Wissenschaftler elektronische Bauteile ein: SRAMs und EPROMS, die in Computern unter Anderem als Bausteine für Arbeitsspeicher genutzt werden. Das Überraschende dabei: Hier wird aus der Not eine Tugend gemacht, anders gesagt: Anhand der Höhe der Schäden, die durch die Strahlung an den gespeicherten Daten entstehen, können die Forscher die Intensität der Strahlung bestimmen.
Mit dem FOBP testen die Wissenschaftler außerdem neue Modulations- und Kodierverfahren. Im Alltag wird Modulation beispielsweise eingesetzt, um einen Radiosender auf eine bestimmte Frequenz zu setzen. Die Anzahl dieser Sender pro (Radio-)Frequenzband ist begrenzt und richtet sich danach, wieviel "Platz" jeder von ihnen dort einnimmt. Mit dem FOBP sollen nun neue Modulationsarten gefunden werden, die das Frequenzband besser ausnutzen. Mit Hilfe komplexer Umrechnungs- oder Kodierverfahren ist es theoretisch möglich, mehrere digitale Signale gleichzeitig auf einer Frequenz zu senden. Die Forscher nutzen den leistungsstarken Onboard Prozessor des FOBP dazu, diese umfangreichen mathematischen Verfahren unter den harten Weltraubedingungen zu testen.
Vom Dosentelefon zum Hochleistungscomputer - die Funktionsweise eines OBP
Die Funktionsweise dieses Onboard-Prozessors (OBP) entspricht, grob vereinfacht, den Dosentelefonen aus Kindertagen: In die eine Dose wird hineingesprochen und durch die direkte Verbindung mit der Schnur wird das Gesagte in die zweite Dose übertragen. Dort kann der Empfänger direkt hören, was gesagt worden ist.
Die Verbindung der beiden Dosen wird jedoch - wie auch bei der Satellitenverbindung - durch unterschiedliche Einflüsse gestört. Bei den Dosen sind es etwa die Länge und Spannung der Schnur oder Windgeräusche. Bei der Satellitenverbindung treten atmosphärische Störungen auf, oder die Antennen können in die falsche Richtung "zeigen", sodass gar kein oder nur wenig vom Signal empfangen werden kann.
Will man große Entfernungen überbrücken, muss man das Signal auf seinem Weg zum Empfänger verstärken. Genau das geschieht in der herkömmlichen Satellitenkommunikation: Am Satelliten wird das Signal über eine Antenne empfangen und nach dem Verstärken wieder zur Erde (oder zu anderen Satelliten) gesendet. Das Problem hierbei besteht darin, dass Störungen, die bei der Übertragung in das Signal hineinstreuen, bei dem nächsten Verstärkungsvorgang mit verstärkt werden. Die Lösung hierfür bietet der OBP: Der Computer interpretiert die empfangenen Signale und erzeugt sie neu, sodass beim späteren Verstärken keine Störsignale, sondern nur die reine Nutzinformation gesendet wird.
Entwickelt und gebaut wird der Fraunhofer Onboard-Prozessor (FOBP) vom Fraunhofer Institut für Integrierte Schaltungen in Erlangen. Das Institut entwickelt darüber hinaus neue Kommunikationsprotokolle für die direkte Vermittlung von Daten. Die Deutsche Raumfahrtagentur im DLR koordiniert die Entwicklung und den Betrieb des Heinrich Hertz Forschungssatelliten, auf dem der FOBP als eines von vielen wissenschaftlichen Geräten mitfliegen soll.