DLR Hand I (1998)

DLR Hand I

Die DLR Hand I war der direkte Vorläufer der DLR Hand II. Jeder Finger weist ein kardanisches Grundgelenk mit zwei Freiheitsgraden auf, das über speziell konstruierte Linearaktuatoren (künstliche Muskeln) und einen dritten, im unteren Fingerglied integrierten Aktuator dieser Art realisiert wird, und so das zweite Glied aktiv und das dritte Glied über eine durchdachte Federverbindung passiv bewegt. Die anthropomorphen Fingerspitzen sind entscheidend für das Greifen und Handhaben bzw. die Manipulation, weshalb sie modular aufgebaut und problemlos gegen speziell angepasste Ausführungen ausgetauscht werden können. Im Einklang mit unseren mechatronischen Konstruktionsprinzipien ist praktisch jeder Quadratmillimeter in den Fingern mit Sensor-, Aktuator- und elektronischer Vorverarbeitungstechnik belegt.

Jedes Gelenk ist mit je einem Gelenkwinkel- und Drehmomentsensor versehen. Vier taktile Folien für die Detektion des Angriffsorts und der Größe der externen Kräfte bedecken alle Fingerglieder. Die Fingerspitzen sind gewöhnlich mit einer Lichtprojektionslaserdiode ausgestattet, um die Bildverarbeitung des in die Handfläche integrierten, winzigen Stereokamerasystems zu vereinfachen. Mehrere Grenzwert- und Temperatursensoren sowie ein Drehgeber je Motor gehören zur sensorischen Ausstattung.

Die Hand wird über unsere speziell konstruierte Handsteuerhardware kontrolliert. Der bei recht kompakten 120 · 110 · 220 mm sehr leistungsfähige Steuerkasten wiegt nicht mehr als 1600 g.

DLR Hand I Technische Daten:

  • kardanisches Grundgelenk mit 2 DoF
  • 25 Sensoren je Finger
  • max. Kraft an Fingerspitze: 11 N
  • Gesamtgewicht 4-Finger-Hand: 1800 g

Miniaturisierter Leistungswandler für DLR Gelenk-/Greiffinger

Für die DLR Hand ist ein Leistungswandlermodul im Miniaturformat entwickelt worden. Durch die Wahl der höchstintegrierten Lösung konnten die drei je DLR-Finger erforderlichen Leistungswandler in einem Modul auf kleinstem Raum bei exzellenten Eigenschaften vereint werden. Das Herzstück dieses Moduls sind die drei monolithischen Controller für die bürstenlosen Gleichstrommotoren (BLDC) mit integrierter High-Side-Treiberschaltung (Schaltung an Versorgungsspannung). Es sind mehrere Steuerungsarten möglich, zu denen auch PWM gehört. Dank des hochminiaturisierten Leistungswandlermoduls können sämtliche Antriebe und Stromkreise für alle Freiheitsgrade der gesamten Hand in der Hand selbst untergebracht werden, was maximale Flexibilität beim Einsatz der Hand bedeutet.

Jeder der drei Leistungswandler pro Modul kann einen BLDC-Motor mit bis zu 5 A bei bis zu 30 V ansteuern. Daraus ergibt sich eine theoretische Ausgangsleistung von 450 W pro Modul, und das bei einem Gewicht von nur 20 g pro Komplettmodul (für drei Motoren). Darüber hinaus ist dieses Modul mithilfe von Optokopplern galvanisch von anderen Schaltungen getrennt, wodurch bereits fast ein Drittel des erforderlichen Platzes beansprucht wird.

Sensorentwicklungen für die DLR-Gelenk-/Greifhand

Eine menschenähnliche Roboterhand braucht für die Regelung von Stellung bzw. Lage, Kraft und Steifigkeit mindestens einen Satz an Kraftaufnehmern und Stellungsgebern. Diese sensorische Grundausstattung wird durch spezielle Arten von Sensoren erweitert. Um die Anforderungen zu erfüllen, ist neben den Sensoren auf DMS-Basis zur Messung des Drehimpulses ein neu entwickelter optischer Stellungssensor in jedes Gelenk der DLR-Hand integriert worden. Dieser optische Gelenkstellungssensor passt in einen Finger mit fast menschlichen Maßen.

Der Sensor basiert auf einem eindimensionalen lageempfindlichen Positionsdetektor (PSD). Dieser PSD wird von einer Infrarot-LED über einen geätzten Messspalt beleuchtet. Dieses Messprinzip ist vom überaus erfolgreichen Spin-off-Produkt SpaceMouse her bekannt. Durch die Verwendung einer optimal ausgelegten und ausschließlich mit winzigen SMD-Bauelementen bestückten Leiterplatte und die Entwicklung einer Schaltung mit minimaler Stückliste (BOM) konnte ein optischer Stellungsgeber mit für seine Größe erstaunlichen Eigenschaften gebaut werden. Der Sensor ist mit 4,8 mm Dicke und 17 mm Durchmesser sehr kompakt und beherbergt dabei auch noch einen Spannungsregler sowie die komplette Analogschaltung für die Signalbearbeitung. Bei einer 9-Bit-Winkelauflösung beträgt der Linearitätsfehler weniger als 1 %. Wenn man die Scheibe durch den Messspalt ersetzt, kann der Messbereich unkompliziert an verschiedene Erfordernisse angepasst werden.

Aufbau der Controller-Hardware für die menschenähnliche DLR-Hand

Die DLR Hand I wird mithilfe eines Multiprozessorsystems gesteuert. Der Aufbau der Steuerungshardware weist ein vollständig modulares Konzept auf. Die Architektur der Steuerung ist in zwei Ebenen geteilt: die globale, übergeordnete Handsteuerung und die lokale, individuelle Fingersteuerung. Global und lokal können hier auch auf den geografischen Aspekt angewendet werden. Die globale Handsteuerung läuft auf einem externen PC mit echtzeitfähigem Betriebssystem. So wird die maximale Flexibilität für die Implementierung verschiedener Handsteuerungsstrategien gewährleistet. Anders als bei den gebräuchlichen hardwareseitigen Steuerungsausführungen befinden sich die modularen und lokalen Fingersteuerungen nahe der Hand am Manipulator, der die Hand trägt. Diese Anordnung wurde dank des hohen Integrationsgrads und der Miniaturisierung der Fingersteuerungshardware möglich.

Die globalen Hand- und lokalen Fingersteuerungen nutzen die Schnittstelle SERCOS (Serial Realtime Communication System) für die Kommunikation über LWL. SERCOS ist schnell genug, um alle relevanten Werte für die Steuerung von vier Fingern innerhalb 1 ms auszutauschen. Die Hauptgründe für dieses Design waren hohe Flexibilität, einfache Erweiterbarkeit und maximale Rechenleistung. Durch die Integration der lokalen Fingersteuerungen sowie des kompletten Antriebssystems inklusive Leistungswandlern in das Hand-Arm-System hat sich der erforderliche Verkabelungsaufwand des Manipulatorarms auf einen LWL-Verbindungsring und einen vieradrigen Versorgungskabelanschluss reduziert.

Bauelemente und Komponenten der Fingersteuerung

Für die Ansteuerung jedes Fingermoduls ist ein eigenes Fingersteuerungsmodul erforderlich. Jedes Fingermodul verfügt für jeden der drei Freiheitsgrade über einen separaten BLDC-Motor sowie über verschiedene Sensoren. Das Steuermodul ist ein eigenständiges Subsystem des Handsystems und erhält seine Anweisungen von der globalen Steuerungsebene via SERCOS über LWL-Link. Ein Controller je Finger regelt das Informationsmanagement im Steuermodul selbst. Ein zusätzlicher Digital Signal Processor (DSP) mit 60 Millionen Fließkommaberechnungen pro Sekunde bietet eine Steuerungshardware mit ausreichend Rechenleistung auch für künftige Steuerungsalgorithmen für die drei Motoren jedes Fingers.

Identische Fingersteuerungsmodule sind über eine gemeinsame Stromversorgung verbunden und bilden so das Gesamtsteuerungssystem auf lokaler Fingerebene. Der modulare Aufbau mit der jetzigen Auslegung der Stromversorgung ermöglicht den Einsatz von bis zu vier Fingersteuerungsmodulen. Um eine bestimmte Anzahl von Fingern für ein feststehendes Design zu ermöglichen, ist die optimale Lösung in Bezug auf Größe und Gewicht über die Neuauslegung der Stromversorgung realisierbar.

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