Mit Kathrin Schaffert und Alexander Weinert bekommt das Team der Einrichtung für Simulations- und Softwaretechnik zwei neue Mitarbeiter. Hier sprechen sie über ihre ersten Eindrücke im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt und erklären, wie die Spieltheorie bei der Softwareentwicklung hilft.
Auf den ersten Blick haben Kathrin Schaffert und Alexander Weinert wenig gemeinsam. Sie ist Diplom-Mathematikerin mit einigen Jahren Berufserfahrung und passionierte Musikerin. Er hat gerade im Saarland seine Promotion im Bereich der Informatik abgeschlossen und will sich nach dem Umzug nach Köln wieder verstärkt seinen Hobbys Rudern, Radfahren und Bogenschießen widmen. Nun sind die beiden Kollegen im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR): In der Einrichtung Simulations- und Softwaretechnik arbeiten beiden als wissenschaftliche Mitarbeiter an der verteilten Integrationssoftware RCE (Remote Component Environment) mit.
Wie haben euch die ersten Tage im DLR gefallen?
Alexander Weinert: Sehr gut. Gerade in der ersten Woche wird man noch sehr an der Hand genommen und an die ganze Umgebung herangeführt. Soweit ich das beurteilen kann, wird man sofort als vollwertiges Teammitglied angenommen. Man muss sich halt einarbeiten, das ist selbstverständlich. Aber dabei wird einem auch geholfen. Gerade diese Einarbeitungsphase fand ich sehr gut.
Kathrin Schaffert: Diese Phase ist ja auch noch aktiv. Die ist jetzt nicht in einer Woche abgeschlossen, bei mir zumindest nicht. Ich habe das so erlebt, dass alles schon für uns vorbereitet war. Ich habe das durchaus in anderen Firmen schon anders gesehen. Da hat dann der Rechner nicht funktioniert oder es war kein Telefon da oder kein Schreibtischstuhl. Solche Extremfälle gibt es ja auch. Aber hier war schon alles fertig für uns und alles eingerichtet. Das habe ich als sehr positiv erlebt.
Weinert: Das geht ja sogar bis zum Türschild.
Schaffert: Ja genau! Auch auf dem Display im Eingangsbereich steht schon mein Name und welches Zimmer ich habe. Man ist hier direkt willkommen und das finde ich wirklich sehr, sehr schön.
Wie seid ihr auf das DLR aufmerksam geworden?
Schaffert: Bei mir war es tatsächlich die Stellenausschreibung, die ich Anfang des Jahres gesehen habe. Die hat einfach gut auf mein Profil gepasst. Die Stellenausschreibung hat also mich gefunden (lacht).
Weinert: Bei mir ging es tatsächlich zum Teil über einen Kontakt von dem Lehrstuhl, an dem ich während meiner Promotion gearbeitet habe. Über den kam ich zum Institut für Flugsystemtechnik in Braunschweig. Ich wollte mich nach der Promotion mehr in Richtung Programmierung und Anwendung entwickeln. Also Sachen machen, die Leuten tatsächlich helfen, nicht nur reine graue Theorie. So bin ich auf das DLR aufmerksam geworden. Ich habe dann aber gemerkt, dass das in Braunschweig eher weniger zu mir passen würde. Ich wollte lieber Softwareentwicklung machen. Dann hatte ich mit den Kollegen aus Braunschweig ein Gespräch darüber, welche anderen Institute es noch gibt. Und so wurde es am Ende SC.
Worum ging es bei deiner Promotion?
Weinert: Es war eine rein theoretische Arbeit. Es ging um die Spieltheorie, also ihre theoretischen Grundlagen. Da geht es ganz allgemein darum, wie sich zwei Spieler verhalten, wenn sie gegeneinander spielen. Der eine möchte gewinnen, der andere möchte, dass der andere verliert. Das kann man mit mathematischen Modellen lösen.
Ihr verstärkt beide das RCE-Team. Welche Aufgaben werdet ihr dabei übernehmen?
Schaffert: Bei mir geht es darum, die multidisziplinäre Optimierung zu integrieren. Es sind ja schon einige Optimierungstools in RCE vorhanden. Die sollen jetzt um weitere Algorithmen erweitert werden, dabei soll auch der multidisziplinäre Ansatz integriert werden. Das heißt, dass Optimierungen dann über verschiedene Disziplinen durchgeführt werden. Also die unterschiedlichen Abteilungen, die damit arbeiten, verschmelzen ja auch miteinander. Wenn ein Institut zum Beispiel den Flügel eines Flugzeugs simuliert, hat das Einfluss auf andere Bereiche. Andere brauchen dann vielleicht diesen Input, um wiederum ihre Simulation zu optimieren. Der multidisziplinäre Ansatz bringt all diese Disziplinen zusammen und versucht, alles in eine Optimierungsschleife zu fassen.
Also geht es um einfachere Zusammenarbeit zwischen einzelnen Abteilungen und Instituten, die RCE nutzen?
Schaffert: Ja, das ist sowieso der Grundansatz von RCE. Wie genau dies in der multidisziplinären Optimierung konkret aussehen würde, weiß ich jetzt natürlich noch nicht. Aber wie ich das aus meiner Vergangenheit kenne, müssen sich schon alle Disziplinen vorab an einen Tisch setzen, um sich auf die Randbedingungen zu einigen, die für die Optimierung benötigt werden.
Alexander, wo liegt der Schwerpunkt deiner Arbeit?
Weinert: Im Endeffekt wird in RCE ja eine Problemstellung beschrieben, nach dem Motto: Ich möchte gerne das hier in diesem Workflow simulieren. Dazu möchte der Nutzer auf einen grünen Play-Button drücken und dann soll es laufen. Dabei gibt es das Problem: Wie übersetzt man diese Problembeschreibung in das, was bei RCE tatsächlich passiert? Das ist mein Fokus. Diese komplexe Struktur im Hintergrund, in verschiedenen Systemen und an verschiedenen Orten weiterzuentwickeln. Einerseits um den Nutzern mehr Möglichkeiten zu eröffnen, andererseits um das System robuster gegen Ausfälle bei der Ausführung zu machen.
Inwiefern hilft dir die Spieltheorie, mit der du dich in deiner Promotion beschäftigt hast, dabei?
Weinert: Mir ist klar, dass ich die reine Theoriearbeit, die ich in der Promotion gemacht habe, hier nicht fortführen kann. Das will ich auch gar nicht. Aber in meiner Promotion ging es auch darum, alle möglichen Fälle abdecken zu können. In der Spieltheorie sieht man oft einen Spieler als System, das eine Aufgabe erfüllen soll und den anderen Spieler als Umgebung, die alles daran setzt, dass er daran scheitert. Ich denke, dass dieser mathematisch-logische Grundansatz, der auch alle Fälle abdeckt, mir bei meiner Arbeit hier helfen wird.
Welche Ziele wollt ihr in eurem neuen Job erreichen?
Weinert: Mir persönlich macht es immer Spaß, meine Ergebnisse vorzustellen. Während der Promotion habe ich auch Paper veröffentlicht, vor allem Konferenzbeiträge. Meistens hat das zu einer klischeehaften Situation geführt: Man sitzt in einem Raum mit genauso vielen Leuten, wie Papiere veröffentlicht wurden. Von 30 Vorträgen gibt es vielleicht zwei oder drei, die das eigene Thema berühren, beim Rest sitzt man dann relativ weit hinten und arbeitet. Dass auf Konferenzen lebhafte Diskussionen entstehen, habe ich im Bereich der Logiker und Mathematiker nur sporadisch gesehen. Deswegen würde es mich freuen, Leuten meine Arbeit beim DLR zu erklären und meinen Enthusiasmus rüber bringen kann.
Schaffert: Ich wollte mich einfach beruflich verändern, in Richtung Programmierung. Ich habe in meiner vorherigen Arbeit zum Teil auch schon programmiert, aber das war nicht der Kern meiner Tätigkeit. Der Grundgedanke war, im Bereich mathematischer Probleme und Problemstellungen zu arbeiten, ein bisschen weg von der reinen Anwendungsseite. Hier will ich jetzt richtig in die Programmierung einsteigen.
Hat dich der Wechsel in die Forschung auch gereizt?
Schaffert: Ich bin bisher noch nicht so viel mit Forschung in Berührung gekommen. Ich denke, da muss ich noch ein bisschen hineinwachsen.
Was gefällt euch besonders an eurem Arbeitsumfeld?
Weinert: Wie ich das bisher mitbekommen habe, kann man Software auf viele Arten entwickeln, da gibt es ein breites Spektrum. Von „jeder schraubt ein bisschen an seinem Teil rum“ bis hin zu „sehr strukturiert und es gibt Prozesse für so gut wie alles“. Mir gefällt sehr gut, dass es hier sehr strukturiert ist. Ich denke das ist die einzige Möglichkeit, ein so großes Softwareprojekt über Jahre und, wie bei RCE schon fast, Jahrzehnte erfolgreich zu betreiben.
Schaffert: Was ich schön finde ist, dass es ein kleines Team ist und man eigentlich an jedem Prozessschritt beteiligt ist. Das beginnt damit, mit den Projektpartnern zu sprechen und zu klären, was sie überhaupt haben wollen. In anderen Unternehmen gibt es ganze Abteilungen, die sich nur um diese Requirements kümmern. Hier macht jeder alles und lernt jeden Aspekt kennen. Programmieren, Testen, Dokumentieren, alles ist in einer Hand.