Anja Bertard arbeitet in der Einrichtung für Simulations- und Softwaretechnik in der Abteilung ‚Intelligente und Verteilte Systeme‘ am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt. Ende Oktober nahm sie an der Konferenz IEEE Vis teil – mit ihrer vier Monate alten Tochter im Gepäck.
Die IEEE Visualization Conference (VIS) ist die jährliche größte und wichtigste Konferenz über wissenschaftliche Visualisierung, Informationsvisualisierung und visuelle Analyse. Diese wird vom Technischen Komitee für Visualisierung und Grafik der IEEE Computer Society verwaltet. In diesem Jahr wurde sie von über 1200 Personen besucht. Da liegt es nahe, dass einige Angebote für Kinder angeboten wurden. Denn Kind und Karriere unter einen Hut zu bringen, ist für viele Eltern eine Herausforderung. Bei dieser Konferenz sind Kinder ausdrücklich erlaubt - doch wie sieht es damit in der Praxis aus? Ein kleiner Erfahrungsbericht.
„Ich wurde noch nie so häufig auf einer Konferenz angelächelt“
Der erste Eindruck von der Konferenz fällt für Anja und ihr Baby durchaus positiv aus. Das Erste, was sie beim Betreten des Gebäudes auffällt: noch nie wurde sie auf einer Konferenz so häufig von anderen Konferenzteilnehmern angelächelt! Hauptsächlich von Frauen oder älteren Herren. „Vielleicht mögliche Opas“, scherzt Anja. „Es gab keine negativen Reaktionen, die meisten standen mir recht neutral gegenüber. Beim Türenaufhalten waren auf jeden Fall alle sehr hilfsbereit“, beschreibt sie weiter.
Auch in anderen Situationen, wie beispielsweise beim Stillen ihrer Tochter, blieben die Konferenzbesucher verständnisvoll. Am ersten Tag hat sich Anja noch nicht richtig getraut ihre Tochter vor all den Menschen zu stillen. Doch mit der Zeit legte sich diese Hemmung. Denn jedes Mal in den VizKids Room zu laufen, wurde mit jedem Stillversuch mühseliger. Der Raum lag sehr abgelegen vom eigentlichen Geschehen. Nachdem man den VizKids Room mittels eines Aufzuges erreichte, kam ein recht spärlicher Raum zum Vorschein. „Sehr karg, ein paar Spielsachen für größere Kinder waren bereit gestellt und die Luft war auch nicht sonderlich gut. Aber es war trotzdem gut ihn zu haben.“
Drei weitere Babys und ein Kleinkind
Doch wie sah es bei den anderen Besuchern aus? Hatten diese auch Kinder dabei? Für 1265 Teilnehmer waren nicht sehr viele Kinder anwesend. „Mir sind drei weitere Babys und ein Kleinkind aufgefallen.“ erzählt Anja. „Nun war ich leider nicht bei den VizKids und VizParents Treffen.“ Diese Treffen wurden extra als Part von Inklusion und Diversität organisiert, um Eltern und anderen Betreuungspersonen Möglichkeiten zur Beaufsichtigung ihrer Kinder zu geben. Möglicherweise hätte man dort noch auf andere Besucher mit Kindern getroffen. Dennoch, die geringe Anzahl an Kindern liegt womöglich daran, dass keine pauschale Kinderbetreuung organisiert wird. „Jeder muss das alleine tun. Eine Mutter hatte zum Beispiel die Oma mitgebracht um auf das Kind aufzupassen“ beschreibt Anja. „Meine Tochter war noch nicht mal die Jüngste. Es gab noch ein Mädchen, das war einen Monat jünger.“
Themen, Talks und Tränen
Die meiste Zeit hatte Anja ihr Baby dabei. Das bedeutete, dass sie natürlich die Kleine zu den Talks mitgenommen hat. Leider konnte sie dadurch kaum eine Session komplett sehen. „Entweder bin ich zu spät gekommen oder musste zwischen durch raus, weil sie aufgewacht ist oder angefangen hat zu weinen. Ich wollte natürlich auch die anderen nicht stören, bin also dann immer sofort rausgegangen“, berichtet Anja.
Und wie hat die kleine Tochter reagiert? Zum Zeitpunkt der Konferenz war sie gerade einmal vier Monate alt. Daher hat sie noch viel geschlafen. Dennoch war alles sehr aufregend für sie. „Das habe ich vor allem beim Trinken gemerkt. Häufig war sie zu abgelenkt um trinken zu können. Erst in der Ruhe des VizKids Rooms ging es dann. Deswegen war es gut diesen Raum zu haben, um dem Trubel mal etwas zu entgehen.“
„Die Alternative wäre gar nicht gehen“
Mit einem vier Monate alten Baby ist ein Besuch auf einer Konferenz laut Anja noch ziemlich einfach. Die meiste Zeit schläft es, in dieser Zeit kann man dann zu Vorträgen gehen. Wenn das Baby wach ist, kann man es leicht im Kinderwagen beschäftigen. Wenn aus Babys aber Kleinkinder werden, wird es schwieriger mit der Betreuung. Dann braucht man jemanden, der das Kind während der Veranstaltung hütet. Sonst kann man den Besuch von Talks vergessen.
Ein weiteres Mal würde Anja ihre Tochter aber auf jeden Fall mit auf eine Konferenz nehmen: „Auch wenn man nicht so viel sieht, als wenn man alleine unterwegs ist.“ Eine andere Mutter mit Baby auf der Konferenz drückt es so aus: „Die Alternative wäre gar nicht gehen.“