3. November 2017
Im solarthermischen Versuchskraftwerk des DLR testeten Wissenschaftler des Instituts für Solarforschung den Partikelreceiver CentRec im Oktober erstmalig mit konzentrierter Solarstrahlung. In vorherigen Tests hatten die Forscher bereits kleinere Modelle unter Laborbedingungen mit künstlichem Sonnenlicht bestrahlt. Im Solarturm Jülich stieg die Temperatur am Partikelaustritt des Wärmeempfängers auf 775 Grad Celsius - das sind über 200 Grad mehr, als die höchstmögliche Betriebstemperatur von kommerziellen Salzturmkraftwerken. Noch heißer wurde es im Inneren des Receivers: dort zeigten die Messgeräte eine Maximaltemperatur von 900 Grad Celsius.
Die zentrale Innovation von CentRec: Keramikpartikel von bis zu einem Millimeter Durchmesser in einer rotierenden Kammer empfangen die konzentrierte Solarstrahlung und wandeln sie in Hochtemperaturwärme um. Sie können die Wärme außerdem auch speichern und im Kraftwerk weitertransportieren.
Die von den Spiegeln des Solarfeldes reflektierte Solarstrahlung gelangt durch eine Öffnung in das Innere der Kammer, trifft auf die Keramikpartikel und erhitzt sie. Die kleinen Kugeln werden durch die Rotation der Kammer wie in einer Zentrifuge an ihrer Innenwand gehalten und nehmen währenddessen die Wärme auf. Die Rotationsgeschwindigkeit der Kammer kann an die solare Einstrahlungsstärke angepasst werden. Dadurch verändert sich die Verweildauer der Partikel und die Temperatur in der Kammer bleibt auch bei unterschiedlichen solaren Einstrahlungsstärken konstant.
Vorteile des CentRec-Konzeptes gegenüber Salzturmkraftwerken
Die Keramikpartikel sind anderen Speichermaterialien im Hinblick auf ihre Wärmeaufnahmefähigkeit und Speichereigenschaft weit überlegen: sie können eine Maximaltemperatur von über 1.000 Grad Celsius erreichen und speichern. Bei den in kommerziellen Solarturmkraftwerken als Wärmeempfänger- und Speichermaterial zumeist genutzten Salzschmelzen liegt die Temperaturgrenze bereits bei 565 Grad Celsius. Das keramische Material ist zu Kosten erhältlich, die unter denen von alternativ einsetzbaren Materialien liegen.
Ein weiterer Kostenvorteil: In Salzturmkraftwerken fließt die Salzschmelze im Wärmeempfänger durch Metallrohre und erhitzt sich dort durch die absorbierte Solarstrahlung. Beim CentRec-Konzept absorbieren die Keramikpartikel die Solarstrahlung direkt, das heißt ohne vorherige Wärmeleitung durch Metallstrukturen. Die Kosten für den Einbau teurer Metallrohre im Wärmeempfänger entfallen somit.
Da die Partikel im Gegensatz zu Flüssigsalz nicht einfrieren können, entfällt zudem die sonst notwendige Beheizung von Rohren und Komponenten während der Stillstandszeiten der Anlage.
Die Keramikpartikel bestehen überwiegend aus Bauxit und können ohne Gefahr für Mensch und Umwelt genutzt werden.
Neue Technologie für zwei Anwendungsbereiche
Die neue Technologie wurde für zwei Anwendungsbereiche konzipiert, für die solarthermische Stromerzeugung und die Nutzung von solarer Hochtemperatur-Prozesswärme. Für die solarthermische Stromerzeugung kann die Technologie Dampftemperaturen von bis zu 620° Grad Celsius für hocheffiziente Kraftwerksprozesse bereitstellen. Die höhere Betriebstemperatur führt zu insgesamt höheren Wandlungswirkungsgraden und reduziert so die Stromgestehungskosten.
Zum anderen bietet die neue solare Partikeltechnologie Einsatzmöglichkeiten im Bereich der solaren Hochtemperatur-Prozesswärme. Eine exemplarische Wirtschaftlichkeitsberechnung für den Einsatz in Gießerei-Betrieben zeigte, dass sich die Investitionskosten bereits nach wenigen Jahren amortisieren.
In den nächsten Monaten werden die Einstellungen des Receivers überprüft und erforderliche Änderungen vorgenommen. Das gesteckte Ziel der Solarforscher für die zweite Testreihe im Frühjahr 2018 ist, auch am Partikelaustritt die Höchsttemperatur von 900 Grad Celsius zu erreichen. Zur zukünftigen kommerziellen Vermarktung der Technologie haben Wissenschaftler des Instituts das Unternehmen „HelioHeat“gegründet. Dazu werden aktuell Lizenz-Verhandlungen mit dem DLR geführt. Die Entwicklung der CentRec®-Technologie wurde durch den Helmholtz-Validierungsfonds sowie durch Mittel des DLR-Technologiemarketings und der DLR-Programmdirektion Energie gefördert. Die Vorbereitung der Firmengründung erfolgte mit Unterstützung des Helmholtz-Enterprise-Programms.