Eine Blaupause für zukünftige Solarturmkraftwerke soll Entwicklung beschleunigen
Solarthermische Kraftwerkemit integrierten Speichern können in sonnenreichen Regionen zukünftig die Aufgabe der Grundlastversorgung von den Kohlekraftwerken übernehmen. Um deren Ausbau zu beschleunigen, haben das DLR und Partnerunternehmen aus der deutschen Industrie ein Solarturm-Kraftwerk entworfen, das als Blaupause für zukünftige Kraftwerksprojekte dienen soll.
Kraftwerke mit Wärmespeicher liefern Solarstrom auch nachts
Grüner Strom ist ein wesentlicher Bestandteil der Energiewende. Doch die Sonneneinstrahlung schwankt und steht nachts gar nicht als Energiequelle zur Verfügung. Mit dem steigenden Anteil der fluktuierenden Energieträger Sonne und Wind in den Energiesystemen nimmt daher die Bedeutung von Energiespeichern und der bedarfsorientierten Stromerzeugung zu.
In solarthermischen Turmkraftwerken leiten bis zu mehrere zehntausend Spiegel solare Strahlung auf die Spitze eines Turms um. Eine spezielles Wärmeträgermedium, zum Beispiel Flüssigsalz, nimmt die konzentrierte Sonnenenergie in Form von Wärme auf. Es leitet die Wärme von der Turmspitze zu einem angeschlossenen Dampfkraftwerk oder zu Wärmespeichertanks, die mit Flüssigsalz gefüllt sind. Das heiße Salz kann zu jedem beliebigen Zeitpunkt entnommen werden um mit der gespeicherten Wärme die Dampfturbine zur Stromerzeugung anzutreiben.
Gegenüber den heute weiter verbreiteten Parabolrinnenanlagen mit Thermoöl bieten Solarturmanlagen durch die höheren möglichen Temperaturen des Wärmeträgermediums Salz ein höheres Potenzial, insbesondere bei der Ausnutzung der thermischen Speicher und bei den erzielbaren Umwandlungswirkungsgraden von Wärme zu Strom.
Wenn die Sonne scheint, können Photovoltaikanlagen zu niedrigeren Kosten Solarstrom produzieren, als solarthermische Anlagen mit integrierten Wärmespeichern. In Zeiten ohne Sonne sind die solarthermischen Kraftwerke ihnen überlegen, da es beim aktuellen Stand der Technik kostengünstiger ist, Wärmeenergie in Flüssigsalz zu speichern, als große Mengen von Strom in Batterien. Sie sind daher eine wertvolle, komplementäre Ergänzung zu PV-Anlagen ohne Speicher.
Für den Entwurf der Kraftwerksblaupause wählte das Team aus Ingenieur/-innen und Forschenden daher ein Solarturmkraftwerk und betrachtete zwei typische Betriebsweisen nach Sonnenuntergang:
Ausgehend von den beiden Basis-Szenarien können Planungsunternehmen bei spezifischen Kraftwerksprojekten die Betriebsweise an den jeweiligen Standort anpassen.
Qualität "Made in Germany" für Kraftwerke weltweit
In ihrer Konzeptstudie entwickelten die Energiefachleute der Unternehmen MAN Energy Solutions SE, sbp sonne GmbH, Steinmüller Engineering GmbH und Tractebel Engineering GmbH ein Kraftwerk, das technisch, ökonomisch und ökologisch bisherigen Lösungen überlegen ist. Dabei kommen die Subsysteme des Kraftwerks von deutschen Herstellern.
Die Mitglieder des Projektteams brachten ihre jeweilige Expertise ein, um die bestmöglichen Teilsysteme zu entwerfen. Diesem Vorgehen lag der Gedanke zugrunde, dass die wirtschaftlichste Anlage aus den wirtschaftlichsten Teilsystemen besteht - vorausgesetzt, dass sie bestmöglich in das Gesamtsystem integriert werden und dass das System an den jeweiligen Bedarf angepasst ist.
Das Unternehmen sbp Sonne GmbH berechnete, dass ein Spiegelfeld mit einer 1,5 Quadratkilometer großen Gesamtspiegelfläche für das Kraftwerk am wirtschaftlichsten ist. An Standorten, die für Solarturmanlagen geeignet sind, reicht diese Feldgröße aus, um einen Solarreceiver mit 700 Megawatt thermischer Leistung mit Solarstrahlung zu versorgen. MAN Energy Systems Solutions SE empfiehlt für den Kraftwerksblock eine täglich an- und abschaltbare Turbine mit einer elektrischen Leistung von 200 Megawatt. Steinmüller Engineering GmbH hat die Dampferzeuger für die Anlagen konzipiert und ausgelegt und Tractebel Engineering GmbH war für die Nebenanlagen, Baugewerke, Risikoanalyse und Bankability verantwortlich.
Anhand von Ertragssimulationen für das Referenzkraftwerk am Beispielstandort Marokko berechneten Forschende aus dem DLR welche Wärmespeichergröße die niedrigsten Stromgestehungskosten ermöglicht. Projektleiter Jürgen Dersch vom DLR-Institut für Solarforschung: „Diese Blaupause soll Projektentwicklungsfirmen und zukünftige Kraftwerkseigner dabei unterstützen Kraftwerke zu planen, auszulegen und Ausschreibungsunterlagen zu erstellen. Gleichzeitig demonstriert sie die Expertise der beteiligten Industriepartner.“ Das sind Gründe dafür, dass das deutsche Bundesministerium für Wirtschaft und Energie die Studie förderte.
Die berechneten Kosten für Nachtstrom liegen zwischen 8,9 und 12,4 Eurocent pro Kilowattstunde für den Betrieb der Anlage von Sonnenuntergang bis Sonnenaufgang und zwischen 13 und 18,2 Eurocents für den Peaker-Betrieb. Die Spanne der Werte resultiert aus unterschiedlichen Annahmen für die Finanzierung und die Lebensdauer. Die höheren Stromgestehungskosten der Anlage für den Peaker-Betrieb sind darauf zurückzuführen, dass sie zwei Kraftwerksblöcke mit je 200 Megawatt benötigt. Die für den kompletten Nachtbetrieb ausgelegte Anlage kommt hingegen mit nur einem Kraftwerksblock aus.
Der Abschlussbericht des Projekts "Blueprint for Molten Salt CSP Power Plant" steht in der elektronischen Bibliothek des DLR elib zum Download zur Verfügung.