Neues Messsystem ermittelt die Flussdichte von Solarstrahlungsempfängern in Solarturmkraftwerken
Der diesjährige SolarPACES Technology Award geht an ein Team von Forschenden des DLR Instituts für Solarforschung und der Firma CSP Services. Die von ihnen gemeinsam entwickelte Messmethode berechnet in Echtzeit die solare Flussdichteverteilung auf dem zentralen Solarstrahlungsempfänger von Solarturmkraftwerken. Die Messergebnisse zeigen, mit welcher Intensität die konzentrierte Solarstrahlung auf die Flächen des Strahlungsempfänger auftrifft. Solarkraftwerke können die Informationen nutzen, um die Heliostate besser auszurichten, wodurch die Lebensdauer des Receivers und der Wirkungsgrad des Kraftwerks steigt.
Das SolarPACES Technological Cooperation Program (Solar Power and Energy Systems) unter dem Dach der Internationalen Energieagentur IEA ist das führende internationale Netzwerk von Forschenden in den Bereichen solarthermische Stromerzeugung und solarchemische Systeme. Im Rahmen seiner Jahreskonferenz zeichnet SolarPACES jedes Jahr eine herausragende neue Technologie mit dem SolarPACES Technology Award aus.
Wieviel konzentrierte Solarstrahlung kommt an?
In einem kommerziellen Solarturmkraftwerk bündeln mehrere zehntausend einzelne Spiegel das Sonnenlicht und reflektieren es auf eine Fläche an der Spitze des Solarturms. Dort nimmt ein Solarstrahlungsempfänger (engl. Receiver) die Strahlung auf und wandelt sie in Wärme um. Trifft die Strahlung mit gleich verteilter Intensität auf der gesamten Fläche des Receivers auf, ist die Energieausbeute am größten. Es kann jedoch passieren, dass die Spiegel so ausgerichtet sind, dass zum Beispiel sogenannte Hotspots entstehen. Eine solche Ungleichverteilung der Strahlung bewirkt eine beschleunigte Alterung des Receivers und führt zu höheren Wärmeverlusten. Um die Heliostate des Kraftwerks optimal ausrichten zu können, benötigt die Leitstelle des Kraftwerks daher nicht nur Informationen zum Sonnenstand und der zu erwartenden Solarstrahlung, sondern auch zur Strahlungsverteilung auf dem Receiver.
Rückschlüsse darauf sind zum Beispiel durch Temperaturmessungen mittels Sensoren oder Infrarotkameras möglich. Diese Methoden ermitteln die Strahlungsverteilung jedoch nur indirekt über die Wärmeentwicklung. Die solare Flussdichte hingegen ist eine direkte Messgröße dafür, mit welcher Intensität das konzentrierte Sonnenlicht auf den Receiver auftrifft. Flussdichtemessungen waren bislang nur über sogenannte Schwenkbalken, engl. moving bars, möglich - ein teures und aufwändig zu installierendes und zugleich fehleranfälliges System. Es wird daher nur für kleinere Prototypmessungen in Versuchsanlagen genutzt. Für kommerzielle Kraftwerken gab es bislang kein praktikables System.
Eine Kamera nimmt während des Solarbetriebs Bilder der Oberfläche eines Solarreceivers auf. Durch Anwendung verschiedener Korrekturmatrizen und Kalibrierung mit einem Radiometer wird aus dem entzerrten Rohbild ein Bild der solaren Flussdichteverteilung in kW/m2. Bild: DLR
Das neue Messsystem arbeitet ohne Schwenkbalken, nur mit einer Digitalkamera und berechnet die Flussdichte auf Basis der Bildrohdaten. Als Grundlage für die Berechnungen werden einmalig beim Einrichten des Systems zunächst die Reflexionseigenschaften des Receivers bestimmt.
Um den Receiver des Solarturms Jülich zu charakterisieren, bestrahlten die Projektbeteiligten ihn nach Sonnenuntergang mit einem Scheinwerfer. Mit einer Digitalkamera machten sie nacheinander aus 16 unterschiedlichen Positionen im Spiegelfeld Aufnahmen des Receivers und konnten anschließend anhand der Bildrohdaten seine Reflexionseigenschaften ermitteln.
Messungen in Echtzeit während des Betriebs möglich
In Verbindung mit einem Radiometer lassen sich die Aufnahmen während des Solarbetriebs sekundenschnell in solare Flussdichteverteilungen umrechnen. Dadurch kann der Kraftwerksbetreiber jederzeit in Echtzeit ermitteln wieviel Solarstrahlung auf dem Receiver ankommt. Das System ist für alle Arten von Receivern, die eine externe Oberfläche besitzen, einsetzbar. Dazu der Forschungsgruppenleiter Marc Röger aus dem Institut für Solarforschung: „Aus unserer Sicht ist das System insbesondere für neue Kraftwerksprojekte interessant, die noch über kein Monitoringsystem verfügen oder für Kraftwerke, die ihr bereits vorhandenes System, zum Beispiel ein Thermografie-System, ersetzen möchten.“
Die Echtzeitmessungen stören den Kraftwerksbetrieb nicht. Weitere Vorteile des Systems sind die geringen Investitions- und Betriebskosten sowie die lange Lebensdauer des Systems. Die Entwicklung des Messsystems wurde gefördert vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit, dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, dem Bundesland Nordrhein-Westfalen und SOLAR-ERA.NET mit Co-Förderung durch das spanische Centre for the Development of Industrial Technology CDTI, dem europäischen Horizon2020 Programm sowie dem DLR.