Forscherinnen und Forscher des DLR-Instituts für Solarforschung haben gemeinsam mit einem Team von MAN Energy Solutions und weiteren Industriepartnern einen neuartigen Solarstrahlungsempfänger und Kreislauf für Turmkraftwerke mit Flüssigsalz als Wärmeträgermedium entwickelt. Er soll den Kraftwerken höhere Betriebstemperaturen und damit eine höhere Effizienz ermöglichen. Im Zeitraum von April bis Oktober 2022 wurde er im DLR Multifokus-Solarturm im Solarbetrieb getestet. Der Jülicher Multifokusturm und das Spiegelfeld erlauben es, die Anlage bei Jülicher Sonnenwetter unter ähnlichen Bedingungen wie in einem realen solarthermischen Kraftwerk zu betreiben. Mit den Testergebnissen sind die Forschenden aus dem DLR und ihre Industriepartner mehr als zufrieden.
Christian Schuhbauer, Head of New Technologies bei MAN Energy Solutions Deggendorf: „Seitens MAN Energy Solutions sind wir sehr zufrieden mit den ersten Ergebnissen. Für uns sind die Versuche ein wichtiger Schritt in Richtung Markteinführung.”
Bis zu 790 Spiegel schickten konzentrierte Solarstrahlung zum Empfänger im Turm
Insgesamt lief der Strahlungsempfänger während einer Dauer von 30 Stunden im Solarbetrieb. Vom Kontrollraum des Multifokusturms aus sorgten Oliver Kaufhold, Bärbel Schlögl-Knothe und Sophie Kappertz aus dem DLR-Institut für Solarforschung für die exakte Ausrichtung der Solarspiegel auf die Forschungsebenen im Multifokusturm. Mithilfe der DLR-Steuerungssoftware richteten sie 790 Solarspiegel auf ihr Ziel auf der zweiten Forschungsebene: die mit flüssigem Salz durchströmten Rohre des Strahlungsempfängers, die sogenannten Absorberrohre.
Der Solarstrahlungsempfänger ist im Multifokusturm in einen Salzkreislauf integriert. Damit wird in einem kleineren Maßstab der Betrieb eines realen Solarturmkraftwerkes demonstriert. In diesen Kraftwerken wird Flüssigsalz – wie in der Versuchsanlage – in einem Solarstrahlungsempfänger durch die konzentrierte Solarstrahlung erwärmt. Im Anschluss wird die Wärme genutzt, um in einem konventionellen Dampfkreislauf über eine Dampfturbine Strom zu erzeugen.
Zwischenziel erreicht – weitere Tests folgen im Frühjahr 2023
Die Projektleitenden von DLR und MAN interessieren sich besonders für die Temperaturen am und im Strahlungsempfänger. An den Rohren wurde eine maximale Temperatur von 550 Grad Celsius gemessen, die dem Strahlungsempfänger eine thermische Leistung von 515 Kilowatt ermöglichte. Dieser Wert entspricht in etwa der Wärmeleistung von 250 Wasserkochern. Das in den Rohren enthaltene Flüssigsalz erreichte einen Höchstwert von über 500 Grad Celsius. Um die Funktion und Leistung des Salzkreislaufs zu überprüfen, leiteten die Forschenden zunächst Wasser und im zweiten Testlauf Flüssigsalz durch die Rohre. Auch diese Tests konnten sie erfolgreich durchführen.
Cathy Frantz, DLR-Projektleiterin: „Im nächsten Frühjahr werden wir die Bestrahlung des Receivers fortsetzen, um beim Flüssigsalz in den Rohren den Zielwert von 600 Grad Celsius zu erreichen. Dies erlaubt eine um 35 Grad Celsius höhere Prozesstemperatur gegenüber dem Stand der Technik, wodurch der Gesamtwirkungsgrad der Anlage merklich steigt.”
Projektbeteiligte und fördernde Ministerien
Ebenfalls am Projekt beteiligt sind das Solar-Institut Jülich der Fachhochschule Aachen und das Unternehmen Flexim. Weitere assoziierte Partnerfirmen im Konsortium sind Holter Regelarmaturen, Stahl-Armaturen PERSTA, Endress + Hauser Messtechnik. Der assoziierte Projektpartner Mannesmann Stainless Tubes unterstützt die Arbeiten gemeinsam mit der Salzgitter Mannesmann Forschung in materialwissenschaftlichen Fragen.
Das Forschungsprojekt ist Bestandteil des vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie geförderten Forschungsprojektes "High Performance Molten Salt II" (FKZ 0324327) und des vom Ministerium für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen geförderten Projektes "SALSA – Testplattform für solare Hochtemperatur Flüssigsalz Receiver Systeme" (FKZ PRO 0071).