Für eine ökonomisch und ökologisch nachhaltige Entwicklung des Verkehrs in Deutschland bedarf es einer planerischen Steuerung des Verkehrssystems. Diese wird vor allem durch infrastrukturelle und organisatorische Maßnahmen realisiert. Um die Wirkung möglicher Veränderung auf das Verkehrssystem in Abhängigkeit politischer und gesellschaftlicher Entwicklungen und Maßnahmen zu prognostizieren, sind Verkehrsmodelle erforderlich. Die Modelle müssen je nach Fragestellung und zu analysierenden Maßnahmen unterschiedliche Verkehrsarten berücksichtigen. Insbesondere für Analysen zum Beitrag des Verkehrssektors zur Erzielung der Klimaschutzziele für Deutschland ist es erforderlich, alle relevanten Verkehrsarten und Verkehrsmittel differenziert zu beachten. Hierfür ist eine sachlich, zeitlich und räumlich stark differenzierte Modellierung erforderlich.
Am Institut für Verkehrsforschung stellen wir uns den Verkehrsfragen der Zukunft, wozu auch und insbesondere die Gestaltung eines nachhaltigen Verkehrssystems für Deutschland zählt. Aus diesem Grund entwickeln und betreiben wir das Deutschlandmodell DEMO, bei dem es sich um einen Modellverbund handelt, der den oben genannten Anforderungen gerecht wird. Die Entwicklung des Modells startete im Jahr 2010, seitdem hat es bereits mehrere Entwicklungsstufen durchlaufen und erfolgreich abgeschlossen. Das Modell wurde bereits in zahlreichen Forschungsprojekten angewendet, unter anderem in den Projekten Renewbility III und Verkehrsentwicklung und Umwelt (VEU). In VEU diente es beispielsweise der Abschätzung der verkehrlichen Wirkungen umfangreicher szenarienspezifischer Maßnahmenbündel. Mit den Ergebnissen konnten anschließend weitere Analyse zur Abschätzung der Umwelt- und Klimawirkungen erfolgen.
Vorgehensweise
Um die unterschiedlichen Wirkungszusammenhänge der verschiedenen Verkehrsarten hinreichend zu beachten, besteht DEMO aus fünf verschiedenen Modulen. Dabei sind der private Personenverkehr in die Module des Nah- und Fernverkehrs und der Wirtschaftsverkehr in die Module des Güter- und Personenwirtschaftsverkehrs unterschieden. Die Module entsprechen eigenständigen Verkehrsnachfragemodellen, welche jeweils im Kern die Modellstufen Verkehrserzeugung, Ziel- und Verkehrsmittelwahl umfassen. Entsprechend der Charakteristik der jeweiligen Verkehrsarten sind die entsprechenden Module unterschiedlich differenziert. So werden zum Beispiel sowohl unterschiedliche Wege- bzw. Reisezwecke als auch verschiedene Verkehrsmittel für den Personennah- und Fernverkehr berücksichtigt. Darüber hinaus besitzen die Module teilweise zusätzliche Modellstufen, die weitere Nachfragedifferenzierungen beinhalten. Das Ergebnis der Nachfrageberechnungen sind die Fahrtenmatrizen, die gemeinsam auf die Verkehrsnetze umgelegt werden. Die daraus resultierenden Verkehrsaufwände fließen wiederum in die Nachfragemodule zurück. Der Rückkopplungsprozess zwischen Verkehrsangebot und Verkehrsnachfrage wird solange durchgeführt bis sich ein Nutzergleichgewicht einstellt.
Für die Verkehrsmodellierung wird der gesamte Untersuchungsraum in Verkehrszellen eingeteilt. Hierfür finden für die Module teilweise unterschiedliche Abgrenzungen Anwendung. So erfolgen die Nachfrageberechnungen des Personenfernverkehrs, des Güterverkehrs und des Personenwirtschaftsverkehrs für das Basisjahr 2010 jeweils auf der NUTS3-Ebene, d.h. auf Basis der Kreise und kreisfreien Städte in Deutschland (Stand 31.12.2010). Dabei handelt es sich um 412 Verkehrszellen in Deutschland. Zudem wird das europäische Ausland durch 183 Verkehrszellen abgebildet, wobei der Detaillierungsgrad mit zunehmender Distanz zu Deutschland abnimmt.
Die Modellierung des Personennahverkehrs mit seinen teilweise sehr kurzen Entfernungen des Rad- und Fußverkehrs bedarf hingegen einer räumlich differenzierteren Betrachtung, wofür Deutschland in 6.561 Verkehrszellen unterteilt ist. Die Grundlage dieser Einteilung bilden die Gemeinden, die im ländlichen Raum jedoch teilweise zu Gemeindeverbünden zusammengefasst sind. Demgegenüber unterliegen große Städte einer weiteren Unterteilung, wodurch der städtische Nahverkehr wesentlich realistischer abgebildet werden kann.
Von sehr großer Bedeutung für die Modellierung aller betrachteten Verkehrsarten sind ebenfalls Inputdaten zur Beschreibung der Raum- und Infrastruktur. Hierbei werden soweit möglich und sinnvoll die gleichen Datengrundlagen für alle DEMO-Nachfragemodule herangezogen. Erforderlich sind Daten sowohl für den Ist- als auch den Prognosezustand. Wichtige Inputdaten sind beispielsweise Strukturdaten (u.a. altersdifferenzierte Einwohnerzahlen, Erwerbstätige am Wohn- und Arbeitsort), ökonomische Kennziffern (z.B. Haushaltseinkommen, Bruttowertschöpfung) und Verkehrsnetze.
DEMO liefert in Abhängigkeit zugrunde gelegter Maßnahmen und Entwicklungen ein umfassendes Bild für die zukünftige Entwicklung des Verkehrs in Deutschland. Mit dem Modellverbund sind eine Vielzahl von Auswertungen möglich, die von der Anzahl sich ändernder Wege pro Verkehrsmittel bis hin zur kantenfeinen Ermittlung der Verkehrsstärken auf dem Straßennetz reichen. In der Karte ist beispielhaft die Änderung der Anzahl an Fahrzeugen an einem mittleren Werktag zwischen dem Istzustand (Jahr 2010) und einer Szenarioentwicklung für das Jahr 2040 dargestellt.