Das Fahrrad war in vielfältigen Bauformen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts ein selbstverständliches Transportmittel für Distributions- und Werkverkehre. Auch für gewerbliche Tätigkeiten, bei denen der Gütertransport nicht im Mittelpunkt stand – etwa für Handwerker – war das Fahrrad ein gebräuchliches Dienstfahrzeug. Die Automobilisierung der Gesellschaft führte in den 1950er- und 1960er-Jahren zu einer zunehmenden Verdrängung des Fahrrads. Seine Rolle für das Wirtschaftswachstum wurde als gering angesehen, teilweise wurde es als Fortbewegungsmittel der "armen Leute" stigmatisiert. Eine Renaissance des Fahrrads im Personenverkehr kann seit den 1970er-Jahren beobachtet werden, befördert durch den aufkommenden Diskurs um Ressourcenknappheit und Umweltschutz.
Pioniere der gewerblichen Fahrradnutzung finden sich in den Kurierszenen New York Citys (ebenfalls ab den 1970er-Jahren) sowie einiger deutscher Großstädte (vor allem ab den 1990er-Jahren). Neben den gewerblichen Güterverkehren (insbesondere für Kurierdienstleistungen) ist die Fahrradnutzung auch in anderen Marktsegmenten des Wirtschaftsverkehrs denkbar und bereits teilweise schon erprobt: Auslieferverkehre an Endkunden (z.B. Pizzadienste oder Lebensmittel-Heimbelieferung), Werkverkehre (etwa auf Industrie- oder Kasernengeländen) sowie Service- und Dienstleistungsverkehre (z.B. Facility Management, Handwerk, Pflegedienste). Daher erlangt im Zuge zeitgemäßer Radverkehrsförderung auch die gewerbliche Nutzung von Fahrrädern und Lastenrädern eine aufkeimende Würdigung, etwa im Nationalen Radverkehrsplan 2020.
Projekt
Das Institut für Verkehrsforschung (IVF) erhielt vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) im Rahmen des Forschungsprogramms Stadtverkehr (FoPS) den Auftrag zur Durchführung des Projekts „Untersuchung des Einsatzes von Fahrrädern im Wirtschaftsverkehr“ (WIV-RAD). In diesem bislang kaum erforschten Themenfeld kann eine strukturierte Aufbereitung der Anforderungen gewerblicher Fahrradnutzung helfen, die Rolle des Fahrrads als umweltfreundliches Transportmittel künftig zu stärken.
Ziele
Vorgehensweise
Im Projekt WIV-RAD wird eine ausführliche Bestandsaufnahme zum Einsatz von Fahrrädern und (Elektro-)Lastenrädern im Wirtschaftsverkehr durchgeführt, die strukturiert die Ergebnisse aus denjenigen Marktsegmenten ableitet, in denen bereits heute eine gewerbliche Nutzung von Fahrrädern und Lastenrädern stattfindet. Damit soll weiteren Branchen der Zugang zu einer ökonomischen und ökologischen Fahrzeugalternative vereinfacht werden. Es findet einerseits eine breit angelegte Analyse von Pilotversuchen statt, zum anderen werden Expertengespräche mit Unternehmen und Branchenkennern geführt. Ferner werden innovative Citylogistik-Konzepte untersucht, die dem gewerblichen Einsatz von Fahrrädern und Lastenrädern förderlich sind.
In einem weiteren Schritt werden unter Anwendung der Szenariotechnik verkehrliche und emissionsbezogene Reduktionspotenziale berechnet, um eine wirklichkeitsnahe Abschätzung zum Bestand an Fahrrädern und Lastenrädern in den identifizierten Marktsegmenten des Wirtschaftsverkehrs im Jahr 2030 geben zu können.
Förderliche und hemmende Faktoren, die die Ausschöpfung der Reduktionspotenziale bestimmen, werden identifiziert und führen zur Formulierung von Maßnahmen und Handlungsempfehlungen. Diese werden in Form eines umsetzungsorientierten Leitfadens für die öffentliche Hand sowie für die relevanten wirtschaftlichen Akteure aufbereitet.
Ergebnisse
Schlussbericht: Untersuchung des Einsatzes von Fahrrädern im Wirtschaftsverkehr
Auftraggeber
Unterauftragnehmer
Projektlaufzeit
von 12/2013 bis 05/2016