Subatmosphärische Mikrogasturbinen auf Basis des invertierten Brayton Kreislaufes (Inverted Brayton Cycle, IBC) stellen in besonderen Einsatzbereichen eine vielversprechende Lösung dar. So findet im Vergleich zum konventionellen Gasturbinenkreislauf die Verbrennung im IBC unter Atmosphärendruck statt, wodurch kein Brenngaskompressor benötigt wird. Dies führt zu höheren Anlagenwirkungsgraden und wirkt sich insbesondere bei der Verwertung von Schwachgasen mit geringstem Heizwert und Schwachgasen mit Wasserstoffanteil vorteilhaft aus.
Im Vergleich zu einer druckaufgeladenen Variante gleicher Leistung haben die im IBC eingesetzten Turbokomponenten größere Raddurchmesser und weisen somit höhere Wirkungsgrade auf. Außerdem ermöglicht dieses Kraftwerkssystem auf Grund des geringeren Luftmassendurchsatzes auch im Bereich von Mikro-BHKWs (1-3 kW elektrische Leistung) den Einsatz verfügbarer, kostengünstiger Turbokomponenten aus der Automobilindustrie. Erste Abschätzungen haben gezeigt, dass ein technisch und wirtschaftlich sinnvoller Betrieb eines MGT-basierten Mikro-BHKWs erreicht werden kann.
Ein weiterer Vorteil der subatmosphärischen Mikrogasturbine ist die Möglichkeit der Vorwärmung der Frischluft mit der Restwärme des über den Kamin abgeleiteten Abgases. Somit wird der thermische Wirkungsgrad verbessert. Zudem verfügt die Leistungselektronik auf Grund der niedrigeren Wellendrehzahlen über eine höhere Effizienz. Nachteilig wirkt sich hingegen der bei vergleichbarer Leistung größere und damit teurere Rekuperator aus.
Funktionsweise
Beim konventionellen Mikrogasturbinenprozess wird die Prozessluft der Gasturbine, wie in Abbildung 1 skizziert, zunächst mittels eines Radialkompressors verdichtet (1) und anschließend in einem Rekuperator (Gas-Gas-Wärmetauscher) mit Hilfe des heißen Turbinenabgases weiter erwärmt (2). Diese Form der Wärmerückgewinnung ermöglicht eine erhebliche Steigerung des elektrischen Wirkungsgrads bei den für Mikrogasturbinen typischen niedrigen Druckverhältnissen (π<5). Danach wird die Prozessluft der Brennkammer (3) zugeführt, mit dem Brennstoff vermischt und verbrannt. Die Verbrennungsabgase werden anschließend über eine Turbine (4) entspannt und im Rekuperator (2) und Wasserwärmetauscher (5) abgekühlt. Der größere Teil der abgegebenen Turbinenleistung (ca. 60%) wird zur Kompression der Prozessluft und zur Überwindung der mechanischen Reibungsverluste benötigt. Die überschüssige mechanische Leistung kann dann z.B. durch einen Permanentmagnetgenerator (6), der zusammen mit den Turbokomponenten auf einer Welle liegt, in elektrische Energie umgewandelt werden.
Im Vergleich zum konventionellen MGT-Kreislauf (Brayton Cycle) erfolgt im inversen Mikrogasturbinenprozess die Durchströmung der einzelnen Komponenten in veränderter Reihenfolge (siehe Abbildung 2): Die Prozessluft wird hier direkt in den Rekuperator (2) geleitet, erwärmt und in die Brennkammer umgeleitet, wo sie mit dem Brennstoff vermischt und verbrannt (3) wird. Im Anschluss werden die Verbrennungsabgase über die Turbine in den Unterdruck entspannt (4) und im Rekuperator abgekühlt (2). Im nachgeschalteten Wasserwärmetauscher (5) werden die Abgase weiter abgekühlt, bevor sie im Verdichter auf Atmosphärendruck verdichtet werden (1). Wie beim konventionellen Kreislauf erzeugt die Turbine auch beim inversen Kreislauf mehr Energie als zur Verdichtung benötigt wird, wodurch der Betrieb eines Generators (6) ermöglicht wird. Das auf Grund der Verdichtung erwärmte Abgas wird in einem zweiten Wasserwärmetauscher (7) wieder abgekühlt, um möglichst viel der frei werdenden Energie zu nutzen.
Abgasrezirkulation (AGR): Steigerung des Gesamtwirkungsgrades
Eine Möglichkeit, den bei einem Verbrennungsprozess eingesetzten Brennstoff möglichst effektiv auszunutzen, stellt die sogenannte Brennwertnutzung dar. Hierbei wird der im Abgas enthaltene Wasserdampf auskondensiert und die dabei freiwerdende Wärme genutzt. Dies führt zu einer Steigerung des thermischen Wirkungsgrades der Anlage. Im Gegensatz zu Brennwertkesseln moderner Heizungssysteme ist eine Brennwertnutzung in Verbindung mit einem Mikrogasturbinenkreislauf schwierig, da Mikrogasturbinen mit einem großen Luftüberschuss betrieben werden und der Wasserdampfanteil im Abgas sehr gering ist.
Durch die teilweise Rezirkulation der Abgase kann der Wasserdampfanteil im Abgas angereichert und auskondensiert werden. Je nach Anteil des rezirkulierten Abgases ändert sich die Zusammensetzung der Verbrennungsluft deutlich, wodurch sich in Folge auch Veränderungen im Verbrennungsprozess ergeben.
Anwendungsgebiet Mikro-BHKW
Derzeit erfolgt in Ein- und Zweifamilienhäuser die Deckung des Strom- und Wärmebedarfs überwiegend getrennt voneinander. Während der Strom aus dem öffentlichen Netz bezogen wird, erfolgt die Raumwärme- und Warmwassererzeugung überwiegend mittels Öl- oder Gaskesseln. Da die meisten Heizungsanlagen veraltet sind und der Wärmebedarf dieser Gebäude über 40% des Endenergieverbrauchs in Deutschland beträgt, besteht hier ein großes Potenzial für den Einsatz von dezentralen BHWK-Systemen. Allerdings ist bisher der Einsatz Mikrogasturbinen-basierter Systeme z.B. in einem Einfamilienhaus wirtschaftlich schwer darstellbar, da die erzeugte elektrische Leistung und die bereitgestellte Wärme den tatsächlichen Bedarf bei weitem überschreiten. Dies führt zu kurzen Betriebszeiten und hohen, unwirtschaftlichen Einspeiseanteilen in das öffentliche Stromnetz. Mit Hilfe der subatmosphärischen Gasturbine können kleinere Leistungsbereiche realisiert und somit die BHKW-Technologie auf Basis der Gasturbine dem Sektor Ein- und Zweifamilienhäuser zugänglich gemacht werden.
Anwendungsgebiet Schwachgas-BHKW
Weiterhin wirkt sich der Verzicht des Brennstoffkompressors bei der Verwertung von Schwachgasen mit geringstem Heizwert und Schwachgasen mit Wasserstoffanteil (z.B. Holzgas, Deponiegas) besonders vorteilhaft aus. Die erreichbaren Effizienzsteigerungen zeigen sich insbesondere bei Anlagen im unteren Leistungsbereich. Bei der Nutzung von wasserstoffhaltigen Schwachgasen spielen zudem Sicherheitsaspekte eine wesentliche Rolle, die die Auslegung und Fertigung und damit die Kosten des Brennstoffkompressors deutlich erhöhen.
Stand der Forschungsarbeiten
Zur Beurteilung des inversen mikrogasturbinenbasierten BHKW-Konzepts wurden in einer ersten Phase mit institutsinternen Kreislaufsimulationstools Potenzialstudien durchgeführt, in denen der Einfluss verschiedener Komponentenwirkungsgrade, Heizungssysteme und AGR-Raten auf das Gesamtsystem untersucht wurden. Hierbei konnte gezeigt werden, dass ein erster entwickelter Demonstrator einen elektrischen Wirkungsgrad von ca. 16% und einen Gesamtwirkungsgrad von ca. 91% bei einer AGR-Rate von 75% erreichen kann. Derzeit erfolgt die Inbetriebnahme und Untersuchung einer für den inversen Betrieb umgebauten Mikrogasturbine.
Auf Basis der gewonnen Messergebnisse werden in einer zweiten Phase die einzelnen Systemkomponenten für den inversen Gasturbinenkreislauf optimiert und eine Versuchsanlage aufgebaut. Anschließend wird in einer dritten Phase die Anlage in einem mehrwöchigen Versuchsbetrieb untersucht. Begleitend werden Markt- und Potenzialanalysen für das inverse BHKW-System durchgeführt. Hiermit soll der Einsatz des inversen Mikrogasturbinen-basierten Kraftwerks mit Abgasrezirkulation als schadstoffarmes sowie wartungs- und kostengünstiges BHKW mit hohem elektrischen Wirkungsgrad für die Anwendung im Bereich von Ein- bis Zweifamilienhäusern demonstriert werden.
Forschungsthemen