Schwerpunkt der Forschungsarbeiten im Labor „Forschungskraftwerk“ ist die Entwicklung und Demonstration von innovativen, brennstoffflexiblen, schadstoffarmen und hocheffizienten dezentralen Kraftwerkskonzepten.
An Blockheizkraftwerksprüfstanden im unteren Leistungsbereich von bis zu 30 kWel werden die Eigenschaften und das Betriebsverhalten von Mikrogasturbinen experimentell erprobt und neue Verschaltungs- und Kopplungskonzepte untersucht.
Infrastruktur
Die Infrastruktur des Labors ist für Kraftwerke bis zu einem Luftmassenstrom von bis zu 4500 Nm³/h gefilterter Außenluft und einer maximalen Einspeisung von 100 kW elektrischer Leistung ausgelegt. Das Labor verfügt zusätzlich über Druckluftanschlüsse mit 10 und 12 bar. Neben einer Erdgasversorgung (bis 18 bar) und der einer Versorgung von flüssigen Brennstoffen mittels eines Flüssigbrennstoffschranks können weitere Brennstoffe über ein außenliegendes Gaslager bereit gestellt werden. Mit Hilfe einer Synthesegasanlage kann die jeweils geforderte Gasmischung aus den Einzelgasen H2, O2, CH4, CO, CO2, N2 zusammengestellt werden. Ein umfangreiches Sicherheitskonzept mit Überwachung von Gasaustritt und automatischer Abschaltung gewährleistet die Sicherheit im Labor.
Das Prozessleitsystem zur Überwachung und Steuerung der laufenden Prozesse und Anlagen wird von der Leitwarte aus gesteuert. Für die Prüfstände können entsprechend der Anforderungen standardmäßig alle relevanten Prozessparameter wie Massenströme, Temperaturen, Drücke und akustische Schwingungen mit einem Messdatenerfassungssystem aufgenommen werden.
Zur Grundausstattung im Bereich der Messtechnik gehört zudem eine Abgasanalyse. Mit dieser können die Bestandteile O2, CO, CO2, NO, NO2, UHC, H2O des Abgases kontinuierlich gemessen werden.
Zur Erfassung der Flammenform, -ausbreitung und -lage steht eine OH* Chemilumineszenz Kamera zur Verfügung. Darüber hinaus werden laserbasierte Verfahren der Abteilung für Verbrennungsdiagnostik zur detaillierteren Betrachtung der Strömungs- und Verbrennungsvorgänge verwendet.
Versuchsanlagen
Im Forschungskraftwerk stehen derzeit zwei Versuchsanlagen auf Basis der Mikrogasturbinen des Typs EnerTwin der Firma Micro Turbine Technologies BV und demnächst eine Versuchsanlage des Typs GTCP 36-28 der Firma Garrett für Forschungszwecke zur Verfügung.
Die Mikrogasturbinen dienen zur Weiterentwicklung von Verbrennungssystemen und als Basis für innovative Mikrogasturbinen-basierte BHKW-/APU-Konzepte. Die Minimierung von Schadstoffemissionen, die Betrachtung der Zuverlässigkeit von technischen Verbrennungssystemen sowie der Einsatz von flexiblen Brennstoffen sind hierbei zentrale Forschungsaktivitäten.
Die Mikrogasturbinen sind mit detaillierter Messtechnik ausgestattet, um das Gesamtsystem sowie die einzelnen Systemkomponenten untersuchen zu können.
Die experimentell gewonnenen Daten dienen der Validierung von numerischen Kreislauf- und Verbrennungssimulationsmodellen.
Aktuell werden die Mikrogasturbinen für die Erprobung einer an unserem Institut entwickelte FLOX®-Brennkammer unter realen Einsatzbedingungen, der Untersuchung des „Inverted Brayton Cycle“ (-> IBC) sowie eines Hybridkraftwerkes aus Mikrogasturbine und Brennstoffzelle (-> Hybridkraftwerk) verwendet. Neben den Mikrogasturbinen des Typs EnerTwin wird derzeit eine Testanlage auf Basis einer Auxiliary Power Unit vom Typ GTCP 36-28 aufgebaut (-> APU).
Anlagenkurzbeschreibung der Mikrogasturbine EnerTwin
Die Mikrogasturbine EnerTwin hat eine Leistung von 3 kWel elektrisch und 14 kWth thermisch. Die Mikrogasturbine verdichtet Umgebungsluft über einen Radialkompressor auf 3 bar (Volllast). Vor Zuführung der Luft in die Brennkammer wird diese mittels eines Rekuperators auf ca. 700°C vorgeheizt. Der Rekuperator dient der Erhöhung des elektrischen Wirkungsgrades, indem die Abwärme des Abgases nach der Turbine zur Luftvorheizung verwendet wird. Die vorgeheizte Luft reagiert in der Brennkammer mit dem eingedüsten Brennstoff. Das hierbei entstehende heiße Abgas wird in der Turbine auf Umgebungsdruck entspannt. Anschließend wird das bis 800°C heiße Abgas dem Rekuperator zugeführt, der einen Teil der Restwärme an die Zuluft überträgt. Über einen nachgeschalteten Wasserwärmetauscher zur Erzeugung von Heizungswärme wird das Abgas abhängig vom angeschlossenen Heizungssystem auf eine Temperatur von 20-50°C abgekühlt.
Turbine, Verdichter und elektrischer Generator befinden sich auf einer Welle, die mit maximal 240.000 Umdrehungen pro Minute dreht. Der hierdurch erzeugte hochfrequente Wechselstrom wird über die Leistungselektronik zunächst in Gleichstrom und dann in die gewünschte Netzfrequenz und Netzspannung konvertiert.
Anlagenkurzbeschreibung der Auxiliary Power Unit GTCP 36-28
Die Mikrogasturbine GTCP36-28 ist eine Auxiliary Power Unit (APU) eines VFW 614 Passagierflugzeugs, welche das Luftfahrzeug am Boden mit elektrischem Strom und Druckluft zur Klimatisierung und zum Triebwerksstart versorgt. Im Forschungskraftwerk wird die Anbindung an die Strom- und Druckluftbordnetze des Flugzeugs durch geeignete Regelelemente emuliert. Die APU wird bei einer fixen Drehzahl von 59.200 U/min betrieben und liefert 23 kW elektrische Leistung. Die gesamte Prozess- und Druckluft wird von einem einstufigen Radialverdichter gefördert. Dabei wird die Druckluft direkt nach dem Verdichter entnommen und in das Flugzeugbordnetz eingespeist. Sie weist einen minimalen Totaldruck von 3 bar auf. Ferner strömt die Prozessluft nach dem Verdichter in die Brennkammer und reagiert dort mit dem eingebrachten Kerosin. Anschließend werden die heißen Abgase über die Radialturbine entspannt und verlassen das System bei einer Abgastemperatur von 620°C. Die Anlage wird im Originaldesign ohne Rekuperator betrieben. Im Forschungskraftwerk dient die GTCP36-28 als Erprobungsplattform für neue APU-Kreisläufe und -komponenten.