Grundlegende Halbleitereigenschaften wie die Konzentration und die Beweglichkeit von Ladungsträgern liefern wichtige Informationen für eine anwendungsorientierte Materialoptimierung. So ist zur Erreichung maximaler thermoelektrischer Effektivität eines Halbleiters ein optimaler Wert der Ladungsträgerdichte einzustellen. Im Temperaturbereich unterhalb von Raumtemperatur werden bestimmende festkörperphysikalische Prozesse nachweisbar: Mechanismen der Ladungsträgerstreuung, temperaturabhängige Anregungsprozesse von Leitungselektronen, die Gestalt der Energieverteilung der Ladungsträger sowie spezielle Prozesse wie Hopping-Leitung, Phonon drag oder Polaronenleitfähigkeit. Sie sind für den Ladungs- und Wärmetransport in hoch dotierten Halbleitern und damit auch für thermoelektrische Transportprozesse bedeutsam.
Eine zentrale Größe für die Abschätzung der maximal möglichen thermoelektrischen Effektivität eines Materials und damit für sein Anwendungspotential ist die Ladungsträgerbeweglichkeit. Sie kann direkt aus der Messung des Hall-Koeffizienten und der elektrischen Leitfähigkeit bestimmt werden und erlaubt Prognosen zu den Limits der einsatzrelevanten Eigenschaften eines thermoelektrischen Materials bereits vor einer aufwändigen experimentellen Optimierung der Ladungsträgerkonzentration über Dotierungsvariation. Die Hall-Anlage des Institutes ermöglicht die temperaturabhängige Bestimmung von Transporteigenschaften (Hall-Koeffizient, elektrische Leitfähigkeit, Seebeck-Koeffizient) im schwachen Magnetfeld (bis 1 T) im Bereich von tiefsten bis zu sehr hohen Temperaturen (10 K – 1200 K). Sie ist mit einer Magneteinheit ausgestattet, in der wahlweise einer von zwei im DLR entwickelten Messköpfen positioniert werden kann: ein Modul zur Tieftemperaturmessung des Hall-Koeffizienten und der elektrischen Leitfähigkeit (10 K–330 K) und eine neue Einheit zur Hochtemperatur-Messung des Hall- und Seebeck-Koeffizienten sowie der elektrischen Leitfähigkeit (Raumtemperatur – 1200 K).
Probenhalter für kryogene Temperaturen (10 K–330 K)
Dünne plättchenförmige Proben in Balkengestalt werden mit aufgedampften Metallkontakten in Hall-Geometrie versehen. Mit Lock-in-Technik wird eine Genauigkeit der Spannungsmessung bis in den Nanovolt-Bereich erreicht, so dass auch sehr geringe Hall-Spannungen zuverlässig bestimmt werden können, wie sie für hoch dotierte Halbleiter typisch sind.
Hochtemperatur-Messung
Planparallele zylindrische Proben (d =12.5 mm) werden in van der Pauw-Geometrie mit vier mechanisch angepreßten Messsonden kontaktiert, die als Thermoelemente ausgelegt sind. Die Probe wird an eine geteilte Probenauflage angedrückt, deren Seiten mit Gradientenheizern ausgestattet sind. Auf diese Weise kann durch asymmetrische Beheizung ein Temperaturgradient in die Probe eingebracht werden und über die Thermoelemente auf beiden Seiten der Halterung können Thermospannungen zur Bestimmung des Seebeck-Koeffizienten aufgenommen werden.