Wasserstoff-Forschung am Institut

Mit dezentralen Kraftwerkskonzepten den Einstieg schaffen

Klimaschonend produzierter Wasserstoff wird künftig eine wesentliche Rolle in der Energieerzeugung, in der Industrie und in der Luftfahrt spielen. Wasserstoff ist als Energieträger sehr vielseitig und über die Sektorengrenzen hinweg einsetzbar. Wird er nachhaltig erzeugt, bietet er die Chance, den Ausstoß vor allem des schädlichen Treibhausgases CO2 in den Bereichen Energie, Verkehr und Industrie massiv zu senken. Wie die Wasserstoffnutzung in stationären Gasturbinen sicher und effizient gelingt, wird am DLR-Institut für Verbrennungstechnik seit vielen Jahren erforscht.

Die europäischen Gasturbinenhersteller haben sich verpflichtet, bis zum Jahr 2030 nur noch Gasturbinen anzubieten, die in der Lage sind, reinen Wasserstoff und Wasserstoffgemische auch unter wechselnden Betriebsbedingungen sauber zu verbrennen. Der Einsatz wasserstofffähiger Gasturbinen ist eine gute Ergänzung zur Nutzung von Wind- und Sonnenenergie: Die überschüssige Energie aus Zeiten mit viel Wind und Sonne könnte in Form von Wasserstoff für die spätere Nutzung gespeichert werden.

Gasturbinen eignen sich außerdem gut für schnelle Starts und den Betrieb unter wechselnden Lastbedingungen. Sie ermöglichen es, schnell auf Netzanforderungen zu reagieren und sind damit ideal als Reservekraftwerke geeignet. Voraussetzung für die erwartbare zunehmende Nutzung von Wasserstoff in Gasturbinen ist allerdings der Aufbau einer Wasserstoffinfrastruktur in Deutschland.

Gaspanel des Labors Technologie-Plattform Dezentrale Energien (TPDE)
Das Synthesegas-Panel des Labors Technologie-Plattform Dezentrale Energien (TPDE) wird genutzt, um Anlagen und Prüfstände mit unterschiedlichen Brennstoffen und deren Mischungen zu betreiben.

Eine Möglichkeit, eine solche Infrastruktur vergleichsweise schnell zu schaffen, ist der Aufbau von dezentralen Versorgungsnetzen. Wir erforschen den Einsatz wasserstofffähiger Mikrogasturbinen im Rahmen solcher dezentralen Kraftwerkskonzepte. Von Vorteil ist dabei nicht nur die Skalierbarkeit der Systeme, sondern auch ihre Last- und Brennstoffflexibilität für die sukzessive Umstellung von Erdgas- zu Wasserstoffbetrieb. Für die Wasserstoffnutzung in Mikrogasturbinen, wie auch für die Anwendung in großen, zentralen Gasturbinen führen die Abteilungen des Instituts detaillierte Untersuchungen zu Verbrennungsphänomenen durch, die dann Eingang in die Brennerentwicklung im Institut und bei Projektpartnern aus der Industrie finden.

Neben der Entwicklung von wasserstofffähigen Gasturbinen wird die Umrüstung von Bestandsanlagen (Retrofitting) eine zentrale Rolle beim Übergang von Erdgas zu Wasserstoff spielen. Gasturbinen, die in der Industrie und Wärmeerzeugung eingesetzt werden, haben teilweise eine Lebensdauer von mehr als 30 Jahren - das gilt insbesondere für Anlagen im mittleren Leistungsbereich. Eine Umrüstung dieser Anlagen ermöglicht eine nachhaltige Nutzung vorhandener Systeme und zugleich einen schnellen Einstieg in die Nutzung von Wasserstoff, da der Aufwand und die Kosten und die Dauer einer Umrüstung nur einen Bruchteil des Aufwands für einen Neubau ausmachen. Aus diesem Grund arbeitet das Institut gemeinsam mit Gasturbinenserviceanbietern an Retrofit-Konzepten für die Umrüstung von Bestandskraftwerken.

Direkte Verbrennung von Wasserstoff in Flugzeugantrieben

Wasserstoff zeichnet sich durch seine extrem hohe Reaktivität insbesondere bei den für Triebwerke typischen Bedingungen aus. Das ist eine Hürde für den Einsatz von Wasserstoff in der Luftfahrt und die Entwicklung von Gasturbinen der nächsten Generation – denn durch diese deutlich größere Reaktivität ist das Risiko für Flammenrückschlag größer als bei herkömmlichem Kerosin; zudem unterscheiden sich die Flammenstabilisierungsmechanismen deutlich von konventionellem Flüssigtreibstoff.

Der direkte Einsatz von Wasserstoff als Treibstoff erfordert deshalb neue Designwege und Fertigungskonzepte. Ein Brennerdesign für zukünftige Luftfahrtanwendungen erfordert detaillierte Untersuchungen der Unterschiede des Verbrennungsverhaltens von Wasserstoff gegenüber konventionellen Brennstoffen. Ziel dabei ist es, die Zulassungsanforderungen zu erfüllen, um einen sicheren Betrieb zu gewährleisten. Antriebe, die auf die direkte Verbrennung von Wasserstoff setzen, könnten künftig vor allem bei Regional- bis Mittelstreckenflugzeugen zum Einsatz kommen.

Treibstoffe, die auf Wasserstoff und Strom basieren (Power-to-Liquid oder PtL)

Flüssige synthetische Treibstoffe, die unter Nutzung von Wasserstoff hergestellt werden, können überall dort eingesetzt werden, wo sich konventionelle Antriebe nicht ohne weiteres durch Batterien oder Brennstoffzellen ersetzen lassen. Die Umstellung auf diese chemischen Energieträger hätte den Vorteil, dass bestehende Antriebskomponenten und Infrastrukturen nur geringfügig angepasst werden müssen. Wir untersuchen die chemisch-physikalischen Eigenschaften von neuartigen, auf Wasserstoff basierenden Treibstoffen sowie deren Leistung, Zusammensetzung und Produktionswege.

Sowohl für Gasturbinen am Boden als auch Flugzeugturbinen – das zeigen die bisherigen Arbeiten am Institut – ist die Fortentwicklung des FLOX-Konzeptes mit einem angepassten Brennerdesign eine vielversprechende Lösung in Bezug auf Flammenstabilität, Emissionen und Lastflexibilität.