Erste Experimente mit deutschen Kameras auf der Asteroidensonde Dawn
Drei Wochen nach ihrem Start übermittelte die NASA-Asteroidensonde Dawn während ihrer Testphase aus einer Entfernung von sechseinhalb Millionen Kilometern erste Bilder der in Deutschland gebauten Kameras zur Erde. Die Bilder zeigen einen Ausschnitt des Universums aus dem Sternbild Krebs. "Alle 102 Aufnahmen der Sterne sind gestochen scharf," so Dr. Stefano Mottola vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR).
"Der erste Test zeigt uns, dass die Kamera den Start am 27. September 2007 problemlos überstanden hat und voll funktionsfähig ist", sagt Mottola weiter. Auch die Überprüfung der anderen Instrumente, des Antriebs der Raumsonde und der verschiedenen Systemkomponenten von Dawn zeigte keinerlei Unregelmäßigkeiten. "Am Ende der Testphase Anfang Dezember 2007 werden wir auch unsere zweite Kamera testen, ehe Dawn die Triebwerke wieder zünden und weiter für ihre Reise zu Vesta beschleunigen wird," erklärt der Wissenschaftler vom DLR-Institut für Planetenforschung in Berlin-Adlershof, der maßgeblich an der Entwicklung der Dawn-Kameras beteiligt war.
Dawn ist eine so genannte Discovery-Mission der NASA zu den Asteroiden Vesta und Ceres, die sich auf Sonnenumlaufbahnen zwischen dem Mars und dem Jupiter befinden. Von der detaillierten Untersuchung dieser beiden, seit ihrer Entstehung kaum veränderten Körper erhoffen sich die Wissenschaftler wichtige Erkenntnisse über die früheste Zeit unseres knapp 4,6 Milliarden Jahre alten Sonnensystems. Neben einem Spektrometer der italienischen Weltraumagentur ASI, das zur Kartierung der mineralogischen Zusammensetzung der Asteroidenoberflächen im sichtbaren Licht und nahen Infrarot eingesetzt wird, sowie einem Gammastrahlen-Neutronen-Spektrometer der National Laboratories in Los Alamos (New Mexico, USA) befinden sich auf Dawn zwei baugleiche, redundant ausgelegte Aufnahmesysteme, die "Framing Cameras" (FC). Sie sind der deutsche Beitrag zur Dawn-Mission und wurden unter Federführung des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung in Katlenburg-Lindau in einer Kooperation mit dem DLR-Institut für Planetenforschung gebaut.
Zwei deutsche Kameras
Beide Kameras können dieselben Aufgaben erfüllen und werden Ceres und Vesta durch einen farbneutralen Filter sowie sieben Farbfilter für relativ enge Wellenlängenbänder im sichtbaren Licht und nahen Infrarot (430 bis 980 Nanometer) erfassen. Die Wellenlängen der einzelnen Filter wurden so gewählt, dass die Oberflächen von Ceres und Vesta nicht nur in Schwarzweiß und "Echtfarbe" abgebildet werden, sondern auch Aussagen zur Zusammensetzung und physikalischen Beschaffenheit der obersten Staubschicht, dem Regolith, auf diesen Himmelskörpern getroffen werden können.
Die Lichtsignale treffen auf einen quadratischen CCD-Flächensensor (Charge-Coupled Device) mit 1024 x 1024 lichtempfindlichen Halbleiterelementen (Pixel) von jeweils 14 Mikrometer Kantenlänge; das Kameraobjektiv hat ein Gesichtsfeld von fünf Grad. Für die Testaufnahmen wurde der Sensor auf minus 69 Grad Celsius gekühlt, um ein "Rauschen" in den Bildern so gut wie möglich zu unterdrücken. Auch die Tests mit den mechanischen Teilen der Kamera, wie das Rotieren des Filterrades und das Auf- und Zuklappen der Instrumentenabdeckung verliefen fehlerlos.
Der lichtempfindliche Sensor und die daran angeschlossene Elektronik zum Auslesen der Signale und deren Weiterleitung in den Instrumentenrechner (Digital Processing Unit, DPU) wurden am DLR entwickelt, wo auch Teile der Kamera geeicht wurden. Außerdem wird in einem vierten Experiment der vom Schwerefeld der beiden Asteroiden minimal beeinflusste Funkverkehr zwischen der Sonde und der Erde auf winzige Veränderungen analysiert, um Informationen über das Gravitationsfeld der beiden Körper zu erhalten.
Auch Tests der extrem sparsamen Ionentriebwerke erfolgreich
Anfang Oktober wurde zunächst das Ionentriebwerk der Sonde intensiv erprobt. Nach Auskunft der NASA wurden die Triebwerkswerte für fünf verschiedene Laststufen gemessen; dabei verliefen sämtliche Tests zur vollen Zufriedenheit der Missionskontrolle am Jet Propulsion Laboratory (JPL) der NASA in Pasadena (Kalifornien). Während der 27 Stunden Betriebszeit wurden weniger als 280 Gramm des als Treibstoff verwendeten Edelgases Xenon verbraucht.
Ionentriebwerke sind ideal für Reisen zu fernen Zielen im Sonnensystem, weil sie extrem sparsam und effektiv funktionieren: Durch die Ionisierung von Xenonatomen und die Ausrichtung des Antriebsstrahls aus Xenon-Ionen durch elektrische Felder wird eine geringe, aber kontinuierliche Steigerung auf letztendlich sehr hohe Fluggeschwindigkeiten erreicht. Zurzeit entfernt sich Dawn mit einer Geschwindigkeit von einer Lichtsekunde pro Tag von der Erde. Das entspricht täglich etwa 300.000 Kilometern oder drei Viertel der Entfernung des Mondes von der Erde.
Am Ende der Mission wird das Triebwerk etwa 50.000 Stunden in Betrieb gewesen sein, wofür die nur 425 Kilogramm mitgeführten Treibstoffs ausreichen werden. Dawn bewegt sich gegenwärtig entlang einer spiralförmigen, heliozentrischen Flugbahn von der Erde weg. Im März 2009 wird Dawn nahe am Mars vorbeifliegen und aus der Bewegung des Planeten Energie gewinnen und weiter an Geschwindigkeit zulegen.
Im September 2011, nach 2,8 Milliarden Kilometern Flugstrecke, wird Dawn an Vesta, dem mit etwa 500 Kilometer Durchmesser drittgrößten, aber zweitschwersten Asteroiden ankommen und in eine Umlaufbahn einschwenken. Nach Abschluss der Experimente im April 2012 wird Dawn weitere 1,6 Milliarden Kilometer zu Ceres weiterfliegen, der mit einem Durchmesser von knapp tausend Kilometern der größte der Asteroiden ist und – wie auch Pluto – als "Zwergplanet" bezeichnet wird. Dawn wird die erste Mission in der Geschichte der Raumfahrt sein, die an zwei unterschiedlichen Körpern in eine Umlaufbahn einschwenken wird.
Der Gesamtaufwand für die Mission Dawn beträgt inklusive Start und Betriebskosten etwa 320 Millionen Euro; der deutsche Beitrag beläuft sich auf drei Prozent. Für die beiden Dawn-Kameras, an deren Bau auch das Institut für Datentechnik und Kommunikationsnetze der Technischen Universität Braunschweig mitwirkte, wurden Mittel aus dem nationalen Raumfahrtprogramm der Bundesregierung durch die Raumfahrt-Agentur des DLR und der DLR-Grundfinanzierung für Forschung und Entwicklung aufgewendet. Den überwiegenden Teil der Finanzierung übernahm die Max-Planck-Gesellschaft. Ferner beteiligte sich auch das Jet Propulsion Laboratory der NASA an der Finanzierung der deutschen Kameras.