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Pluto-Okkultation: Mit SOFIA auf der Jagd nach dem Schatten

Viele interessante astronomische Ereignisse sind nur von gewissen Orten auf der Erde aus zu beobachten. Zum Beispiel eine Sonnenfinsternis: Wenn sich Sonne, Mond und Erde auf einer geraden Linie befinden, dann trifft der vom Mond geworfene Schatten nur auf gewisse Teile der Erde. Daher sind Sonnenfinsternisse selbst auf der Tag-Seite der Erde nur an gewissen Orten zu sehen.

Finsternisse sind Spezialfälle von so genannten Okkultationen, also Bedeckungen. Sie bezeichnen das Vorbeiziehen eines scheinbar größeren Himmelskörpers vor einem anderen. Zwei solche Okkultationen des Zwergplaneten Pluto stehen Ende Juni 2011 an: Eine am 23. Juni über dem Pazifik und eine am 27. Juni über Südostasien. Die Pluto-Okkultation morgen über dem Pazifik kann nicht von großen, bodengebundenen Observatorien beobachtet werden, es gibt dort schlicht keine. Aber SOFIA kann dort hinfliegen und zum vorausberechneten Zeitpunkt am richtigen Ort sein, um Astronomen Beobachtungen zu ermöglichen. Und genau darauf bereitet sich das SOFIA-Team gerade jetzt vor. Und andere Beobachter begeben sich mit kleineren Teleskopen auf Expeditionen auf pazifische Inseln.

SOFIA muss für die Beobachtung zunächst etwa 2600 Kilometer von seinem Heimatflughafen in Palmdale (Kalifornien) über den Pazifik zurücklegen. Während Pluto vor dem Stern vorbeizieht, wird er von uns aus gesehen also von hinten beleuchtet. Dies ermöglicht insbesondere eine beobachtende Analyse seiner Atmosphäre und die ist für die Wissenschaftler von hohem Interesse. Da die Okkultationen selten sind, gelten sie als besonders wertvolle Beobachtungsgelegenheiten. Dass Pluto überhaupt eine Atmosphäre hat, wurde etwa bei einer solchen Okkultation erst 1985 mit dem SOFIA-Vorgänger KAO nachgewiesen.

Bild rechts: Pluto als Mosaik-Aufnahme des Hubble-Weltraumteleskops. Bild: NASA/ESA.

Bild: Sichtbarkeit des Pluto-Schattens auf der Erde bei der Pluto-Okkultation vom 23. Juni 2011. Bild: CNRS.

Die astronomischen Skalen sind groß und so zieht der Schatten des Pluto auch mit großer Geschwindigkeit über die Erde hinweg. Entsprechend kurz ist die Gelegenheit für eine optimale Aufnahme. SOFIA wird im Zentrum des Pluto-Schattens fliegen. Die Wissenschaftler um Ted Dunham vom Lowell Observatory in Flagstaff (Arizona) wollen im SOFIA-Flugzeug dann die Dichte- und Temperatur-Verteilung der Pluto-Atmosphäre messen. Dazu haben sie ihr Gerät "HIPO" (High-Speed Imaging Photometer for Occultation) an das SOFIA-Teleskop angeflanscht. Über die praktische Austauschbarkeit der astronomischen Instrumente auf SOFIA hatten wir zuletzt ja im Raumzeit-Podcast ausführlich berichtet. HIPO ist nach FORCAST und GREAT das dritte Instrument, das auf SOFIA fliegt.

Bild: HIPO-Instrument (links, schwarz) angeflascht am SOFIA-Teleskop (blau). Bild: NASA.

SOFIA ist das weltweit einzige Observatorium, das solche Messungen ermöglicht. Ich finde es ist ein sehr spannendes und vielfältiges Projekt. Für solche Einsätze wird SOFIA wohl innerhalb der infrarot-astronomischen Community immer begehrter werden. Drücken wir Ted Dunham und dem ganzen Team die Daumen, dass sie hochwertige Ergebnisse mit diesem Flug erzielen. Den Groundtrack und die aktuelle Höhe von SOFIA kann man wie immer auf FlightAware verfolgen.

Wer mehr über SOFIA lesen will, dem sei das aktuelle (Juli-)Heft "Bild der Wissenschaft" ans Herz gelegt. Wissenschaftsjournalist Thomas Bührke berichtet darin ausführlich über einen SOFIA-Flug, auf dem ich ihn Mitte April begleitet habe.

Update, 23. Juni 2011: Die Mission war erfolgreich.

Update, 24. Juni 2011: Die NASA hat gerade eine Pressemitteilung zum SOFIA-Flug veröffentlicht.

Darin heißt es: "Okkultationen geben uns die Möglichkeit, Druck-, Dichte- und Temperatur-Verteilungen der Pluto-Atmosphäre zu messen, ohne die Erde zu verlassen", sagte Ted Dunham vom Lowell Observatorium in Flagstaff (US-Bundesstaat Arizona). Dunham ist leitender Wissenschaftler auf SOFIA während der Pluto-Beobachtungen. "Da wir in der Lage waren, SOFIA so nahe an das Zentrum der Okkultation heranzufliegen, konnten wir eine kleine, ausgedehnte aber eindeutige Aufhellung in der Nähe der Mitte der Okkultation beobachten. Diese Veränderung wird es uns ermöglichen, die Pluto-Atmosphären in niedrigeren Schichten zu erforschen als es durch Sternen-Okkultationen üblicherweise möglich ist."

Bild rechts: SOFIA's Flugweg am 23. Juni 2011. Bild: FlightAware.

"Dies war der erste konkrete Fall, in dem SOFIA seine Fähigkeiten insbesondere als mobiles Observatorium unter Beweis gestellt hat", sagte der SOFIA-Programm-Manager der NASA, Bob Meyer. "Plutos Schatten bewegte sich mit 85.000 Kilometern pro Stunde über einen größtenteils leeren Teil des Pazifik. SOFIA flog von seinem Heimatflughafen in Südkalifornien mehr als 2900 Kilometer auf den Pazifik hinaus, um das Zentrum des Pluto-Schattens zum richtigen Zeitpunkt zu erreichen - und es ist das einzige Observatorium, das dazu in der Lage ist."

In der NASA-Pressemitteilung heißt es weiter auf englisch:

There were some tense moments for SOFIA's international science team in the minutes leading up to Thursday's occultation. The precise position of Pluto in relation to Earth could not be sufficiently refined until a few hours before the event. That evening, a Lowell astronomer used facilities at the U.S. Naval Observatory in Flagstaff to take multiple photographs of Pluto and the star. Those data were passed to collaborators at the Massachusetts Institute of Technology (MIT) in Cambridge, Mass., who refined their prediction of the exact position and timing of Pluto's shadow track.

About two hours before the occultation, the MIT group contacted SOFIA in-flight with the news that the center of the shadow would cross 125 miles (200 km) north of the position on which the airborne observatory's flight plan had been based. After recalculating and filing a revised flight plan, SOFIA's flight crew and science team had to wait an anxious 20 minutes before receiving permission from air traffic control to alter the flight path accordingly.

Update, 30. Juni 2011: NASA-Kollege Brent Cobleigh hat auch einen schönen Blogbeitrag zu dem Flug geschrieben.