Ein Morgen an der Falcon
Der Himmel über Palmdale zeigt sich in einer malerischen Mischung aus weiß und blau. Ein Netz aus Kondensstreifen durchkreuzt ihn. Die Atmosphärenforscher sind gespannt auf ihre Messungen. Wird der Biotreibstoff im Flug weniger Rußpartikel im Abgas und weniger Eiskristalle in den Kondensstreifen zeigen? Um acht Uhr morgens ist die Falcon des DLR schon ausgehallt, wie es im Fliegerdeutsch treffend heißt.
Die Vorbereitungen von Technikern und Wissenschaftlern für den Messflug laufen. "Zur Vorbereitung und Durchführung eines Messfluges ist das Zusammenwirken vieler Kollegen vom DLR-Institut für Physik der Atmosphäre und der DLR-Forschungsflugabteilung nötig", erzählt Missionsleiter Hans Schlager auf dem Weg zur Falcon. Für 11:30 Uhr ist der Start geplant.
Nähert man sich dem Forschungsflieger über das Vorfeld, verstärkt sich mit jedem Schritt das Dröhnen eines Dieselaggregats. Die Messinstrumente der Falcon benötigen Strom. Ein Teil der Geräte muss schon Stunden vor dem Start warmlaufen, um während des Flugs verlässlich zu arbeiten. Daneben befindet sich eine externe Klimaanlage, die die Abwärme der Messgeräte aus der Kabine transportiert und die Temperaturen für die Wissenschaftler beim Kalibrieren ihrer Geräte erträglich macht.
Bernadett Weinzierl, die bei ACCESS2 für die Aerosolmessungen verantwortlich ist, bereitet mit ihren Kollegen Daniel Sauer und Jin Kim die Aerosol- und Rußpartikelmessgeräte vor. Die Falcon kann Ruß in ganz verschiedenen Größen detektieren - von gerade einmal etwa 5 Nanometern bis zu 3 Mikrometern. Für die besonders kleinen Rußteilchen bedarf es anderer Geräte als für die größeren. Große Rußpartikel messen die Forscher mit Sonden unter der Backbordtragfläche. Dort werden sie im Flug ungestört angeströmt. In die Flugzeugkabine mit den installierten Messgeräten gelangen die großen Partikel dagegen bei typischen Falcon-Fluggeschwindigkeiten nur mit deutlichen Verlusten. Die kleineren Rußpartikel dagegen finden zahlreich den, über eine Öffnung im Dach und Edelstahlrohre verlaufenden Weg in die Messinstrumente.
Eine gute Gelegenheit die Rußpartikeldetektoren zu testen, liefert die, nebenan schon früher zum Start rollende, NASA-Falcon. Das Abgas des Forschungsflugzeugs lässt die Anzeige der Partikelinstrumente nach oben schnellen. Auf einem Monitor in der Kabine können die Wissenschaftler das online verfolgen. Weiter vorne in der Kabine bereitet die Doktorandin Anja Reiter ein Massenspektrometer vor, mit dem die Spurengase Schwefeldioxid und Schwefelsäure gemessen werden. Wichtig ist es, die Leitungen mit Stickstoff zu spülen, damit keine Verunreinigungen im Flug die sensible Methode stören.
Derweil prüft Christiane Voigt die Wolkeninstrumentierung. Sie ist bei ACCESS2 für die Kondensstreifenmessungen auf der Falcon zuständig. Unter der Steuerbordtragfläche sitzen die Sonden mit denen die Eiskristalle in den künstlichen Wolken gemessen werden. Mithilfe des gestreuten Lichts eines Lasers kann nicht nur die Anzahl, sondern ebenso die Größe der Eiskristalle bestimmt werden. Auch Erkenntnisse über die Eiskristallform gewinnen die Forscherinnen und Forscher: Plättchen, Stäbchen, und sogar komplexer geformte Kristallstrukturen finden sie.
Wie auch die Rußpartikel decken die Eiskristalle in Kondensstreifen einen weiten Größenbereich ab. Die kleinen Eispartikel mit Größen zwischen 0,5 und 100 Mikrometern werden mit den Wolkeninstrumenten unter den Tragflächen vermessen, damit sie in der freien Anströmung unverfälscht detektiert werden können. Zudem untersuchen die Forscher den Eiswassergehalt der Kristalle in der Kabine mit einem Hygrometer, das an einen nach vorne gerichteten beheizten Lufteinlass auf dem Dach angeschlossen ist. Im Einlass verdampfen die Eiskristalle und der resultierende Wassergehalt lässt sich bestimmen. Vor dem Flug testen die Wissenschaftler noch einmal ganz genau, ob ihre Instrumente funktionieren. Es ist das erste Mal, dass gemeinsam mit den Kollegen der NASA Kondensstreifen vermessen werden, während in den Triebwerken Biotreibstoff verbrennt. Die Crew schaut erwartungsvoll auf die folgenden Flugstunden.
Dreißig Minuten vor dem Take-off kommen die Testpiloten Roland Welser und Philipp Weber. Sie starten die Triebwerke und schalten den Strom für die Messgeräte auf interne Versorgung um. Anschließend wird noch der Schlauch der Klimaanlage herausgetragen und die Bremsklötze vor dem Fahrwerk weggezogen. Die Wissenschaftler machen sich in der engen, vollinstrumentierten Kabine bereit für den Start. Kurz darauf rollt die Falcon davon, zum Rendezvous mit den anderen Flugzeugen in zehn Kilometer Höhe.
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