SoFi 2015 - Geht das auch schärfer?
Am 20. März 2015 war die Erwartung groß: In einem schmalen Streifen über dem Nordatlantik sollte der Mond die Sonne total verfinstern. In Deutschland würden wir eine partielle Finsternis erleben können, bei der immerhin drei Viertel der Sonne bedeckt wären. Günstig war die Tageszeit der Sonnenfinsternis: Während der maximalen Phase würde die Sonne hoch am Vormittagshimmel stehen.
So musste nur noch das Wetter mitspielen, und daran haperte es leider in weiten Teilen Westdeutschlands. An vielen Orten im Rheinland hielt sich zäher Nebel oder Hochnebel bis in die Mittagsstunden. Besser waren die Aussichten weiter östlich, vor allem in höher gelegenen Regionen. Daher beschloss ich kurzfristig, mein Glück im Hochsauerland zu suchen. Auf der Fahrt nach Winterberg klarte kurz hinter Grafschaft der Himmel plötzlich auf. An einer Feldeinfahrt in 500 Metern Höhe fand ich den nahezu idealen Beobachtungsplatz: Die Lage an einem Nordhang verhinderte, dass die Sonne den Boden erwärmen und Luftturbulenzen verursachen konnte. Die Luft war klar und völlig wolkenlos.
Mein Plan war, die Sonnenfinsternis möglichst scharf und kontrastreich zu fotografieren. Daher war mein langbrennweitiger apochromatischer Refraktor mit 130mm Öffnung im Gepäck. Als Kamera hatte ich eine Vollformat-DSLR vom Typ Canon 5D MKII mit einem 1,4x-Telekonverter eingepackt. Bei einer Brennweite von 1680mm passte die ganze Sonne noch gut auf den Sensor.
Zur Lichtabschwächung nutzte ich nicht die übliche Filterfolie vor dem Objektiv, sondern einen hochwertigen Strahlenteiler zwischen Objektiv und Kamera. Dieser sogenannte Herschelkeil führt fast das gesamte Licht auf eine gelochte Metallplatte, wo es in Wärme umgewandelt und abgeführt wird. Nur ein kleiner Rest wird seitlich abgelenkt und mit Glasfiltern weiter auf eine kameraverträgliche Helligkeit abgeschwächt. Das Foto von vorn ins Teleskop zeigt das Abbild der verfinsterten Sonne auf der Metallplatte des Herschelkeils.
Um 09:31:37 Uhr kam es zum "ersten Kontakt". Das ist der Zeitpunkt, zu dem der Mond beginnt, sich vor die Sonnenscheibe zu schieben. Kurze Zeit später nahm ich das erste Bild auf. Bis zum "letzten Kontakt" um 11:50:40 Uhr sollten es insgesamt 757 Aufnahmen werden.
Dieses Bild entstand um 10:46:56 Uhr, kurz nach der maximalen Bedeckung um 10:41 Uhr. Zu dieser Zeit war von der Sonne nur noch eine schmale Sichel übriggeblieben. Zur Verbesserung der Schärfe nutzte ich eine Standardtechnik der Mond- und Sonnenfotografie, das "Stacking" oder "Lucky Imaging". Mehrere Aufnahmen, kurz nacheinander belichtet, werden hierbei im Computer zu einem Bild vereinigt. Jede Aufnahme steuert nur die Zonen bei, wo die Luftunruhe keine Spuren hinterlassen hat. Das Ergebnis ist ein durchgehend scharfes Bild. Da der Mondrand sich bei einer Sonnenfinsternis aber weiterbewegt, müssen die Aufnahmen in sehr schneller Folge belichtet werden. Bei der Auflösung meines Teleskops heißt das: Zwischen der ersten und letzten Aufnahme dürfen höchstens 1,5 Sekunden liegen. Für das gezeigte Bild konnte ich daher nur sechs Einzelaufnahmen verarbeiten.
Der Blick auf die hochaufgelöste Version mit Zoomfaktor 100 Prozent zeigt interessante Details: Während der Sonnenrand einer gleichmäßigen Rundung folgt, ist die Grenze zum Mondschatten auffällig gezackt. Hier sehen wir die Berge und Täler am Mondrand in Projektion vor der Sonnenscheibe. Auch beim Blick durchs Teleskop war das ein unvergessliches Erlebnis.
Aber war das wirklich das Mondrandprofil oder doch nur ein Effekt der Luftunruhe? Zum Beweis habe ich in dieser Darstellung Bilder von 10:38 und 10:47 Uhr verschieden eingefärbt und so übereinandergelegt, dass der Mondrand fast genau zur Deckung kommt. Da der Mond in der Zwischenzeit weitergewandert war, erscheinen die Sonnensicheln gegeneinander verschoben. In der hochaufgelösten Ansicht folgt das Mondrandprofil in beiden Bildern tatsächlich fast genau dem gleichen Muster. Es sind also tatsächlich die Berge und Täler auf dem Mond.
An diesem Tag zeigte die Sonne nur wenige Sonnenflecken. Ansonsten gab es einige helle Fackelgebiete, vor allem in der Nähe der Sichelhörner, und ein paar kleinere dunkle Poren. Als der Mond den einzigen größeren Fleck gegen 10:21 Uhr verdeckte, war dies eine gute Gelegenheit, die Bewegung des Mondes vor der Sonne sozusagen live zu erleben: In weniger als einer Minute hatte der Mondrand den kompletten Sonnenfleck überquert.
Für diese Bildsequenz hatte ich die Aufnahmebrennweite auf 4460mm verlängert. Aufgrund der Luftunruhe wird bei einer derart starken Vergrößerung leider keine Aufnahme durchgängig scharf. Trotzdem erkennt man recht gut die Auflösung der scheinbar glatten Sonnenoberfläche in ein Netz aus hellen Zellen, den sogenannten Granulen. In ihnen steigt heißes Gas aus dem Sonneninnern auf, kühlt sich ab und sinkt in den dunklen Zwischenräumen wieder ab. Auch der Sonnenfleck bekommt Struktur. Den dunklen "Kernschatten" umgibt ein hellerer "Halbschatten". Ein radiales Linienmuster lässt die starken Magnetfelder erahnen, die an dieser Stelle die Sonnenoberfläche durchstoßen.
Inzwischen war eine Gruppe von Wochenendausflüglern dazugekommen. Sie hatten zur Beobachtung der SoFi die üblichen Folienbrillen mitgebracht. Der Blick durch mein Teleskop bei hoher Vergrößerung war für sie eine willkommene Bereicherung.
Kurz vor Mittag beendete der Mond seinen Durchgang vor der Sonne. Ich habe die Bilder dieser Sequenz auf die Seite gedreht, um das Querformat besser auszunutzen. Daher läuft der Mond scheinbar "nach oben".
Die nächste Sonnenfinsternis können wir in Deutschland erst wieder am 10. Juni 2021 beobachten. Allerdings wird der Mond dann nur maximal 21 Prozent der Sonnenscheibe verdecken. Am 12. August 2026 wird der Bedeckungsgrad zwar ähnlich wie letzten Freitag sein, da die Finsternis dann aber erst kurz vor Sonnenuntergang stattfinden wird, wird Horizontdunst die Beobachtung stärker behindern. Auf eine ähnlich gute Gelegenheit wie letzte Woche werden wir also noch viele Jahre warten müssen.
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