Frischluft im Weltall
Ein Hoch auf eine Klimaanlage! Im Kontrollraum haben wir eine - und an Bord der Internationalen Raumstation (ISS) ebenfalls. Unter einer unerträglichen Hitze leidet Deutschland dieses Jahr zwar nicht gerade: Wenn ich aus dem Bürofenster schaue, sehe ich ständig Regen und die riesige Wolkenradarschüssel auf dem Nachbargebäude bewegt sich unablässig rund herum, auf und ab - ein eindeutiges Zeichen für schlechtes Wetter. Aber es gibt einzelne heiße Tage. Der Ventilator summt. Die Sonne brennt.
Unsere Klimaanlage auf der Erde hatte vorletzte Woche ein Problem, sodass wir den Kontrollraum wechseln mussten, damit die Arbeit erträglich ist. Und unsere Anlage im Weltraumlabor Columbus auf der ISS machte uns kurz darauf ebenfalls Sorgen: Schon ein paar Stunden lang beobachtete der für die Subsysteme an Bord verantwortliche STRATOS an der Konsole ein eigenartiges Verhalten der Condensate Water Separator Assembly (CWSA) - bevor sie schließlich ganz ausfiel. Die Folge: Keine Air-Condition für die Astronauten...
Im Columbus-Modul auf der ISS muss die Luft künstlich bewegt werden. Das ist interessanter als es zunächst klingt. Klar, auf der Erde zirkuliert Luft immer - auch in geschlossenen Räumen. Warme Luft steigt wegen ihrer geringeren Dichte nach oben und schon ist ein Luftaustausch angestoßen. Auch in der Raumstation ist warme Luft "leichter", aber da sie "schwerelos" ist, hat das keinerlei Konsequenz. Sie bleibt, wo sie ist.
Das ist in mindestens zwei Zusammenhängen problematisch: Sollte es irgendwo zu Rauchentwicklung kommen, würden die Rauchmelder nichts merken, weil der Rauch lokal ist und bleibt. Auch die Atemluft eines schlafenden Astronauten wird ohne künstliche Luftzirkulation nicht abtransportiert - Sauerstoffmangel wäre die Konsequenz. Um dem entgegenzuwirken, sagt das Flight-Rule-Buch, dass immer Ventilatoren, die sogenannten "Cabin Fans", laufen müssen.
Die Luft wird unterhalb der Luke angesaugt. Danach wird ein Teil zur Wiederaufbereitung weitertransportiert. Der andere Teil wird mit bereits wiederaufbereiteter Luft gemischt, entfeuchtet und auf die gewünschte Temperatur gebracht. Dies geschieht durch die Condensate Heat Exchanger (CHX). Die Luft wird aufgeteilt und durch zwei Lamellenkämme geblasen. Einer davon wird durch Kühlwasser kalt gehalten: Die Luftfeuchtigkeit kondensiert zu Wasser und die Lufttemperatur wird heruntergekühlt. Indem man die Aufteilung geschickt steuert und die beiden Luftströme danach mischt, erhält man getrocknete Luft, richtig temperiert. Das Kondenswasser wird im CWSA von der Luft getrennt. Was auf der Erde einfach realisiert wird, ist auf der ISS bedeutend schwieriger. Schließlich muss die fehlende Schwerkraft technisch "ersetzt" werden, bevor die Luft zur Wiederaufbereitung weitergeleitet werden kann.
Momentan macht gerade diese CWSA Probleme und unsere Flight Rules sagen, dass wir nach einer bestimmten Zeit die "Kondenswasser-Kühlung" - und damit die Air-Condition im Columbus-Modul - einstellen müssen. Glücklicherweise haben wir noch eine zweite, baugleiche CWSA, die durch das Team aktiviert werden konnte. So konnte die Arbeit der Astronauten in Columbus wie geplant weiterlaufen.
Es folgten lange Diskussionen zwischen dem Flight Control Team und den Ingenieuren über die möglichen Ursachen, Analysen und die zukünftige Planung. Zuletzt wurde der erarbeitete Plan zur Datensammlung und Reaktivierung des ursprünglichen CWSAs in die Tat umgesetzt. Ein erster Versuch scheiterte nach 10 Minuten, der zweite war erfolgreich. Seitdem läuft wieder Kondenswasser aus dem "nominal core" rüber auf die US-Seite - und die Experten in Turin, Bremen und Oberpfaffenhofen verfolgen das Verhalten des Aggregats kritisch.
Die Kühlung an Bord läuft für den Moment wieder - und für uns auf der Erde wünsche ich mir einen Sommer, der einen nach Kühlung lechzen lässt. Aber es regnet und regnet und...
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