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Erst eins, dann zwei, dann drei, bald vier: erste Experimente in LUNA

Meine A319 rollt über den nächtlichen Flughafen Köln/Bonn, richtig weihnachtlich schaut der Runway gerade aus, grüne und rote Lichter, vor uns steigt ein Flugzeug gerade in den Sternenhimmel auf. Es war mein letzter Tag in Köln dieses Jahr – flying home for Christmas!

Es war mal wieder ein vollgepackter Tag mit vielen Eindrücken: schon um 6:30 Uhr Frühstück mit den japanischen Kollegen, die unbedingt LUNA vor ihrem Rückflug noch sehen wollen – das schieben wir schnell vor 9:00 Uhr ein. Dann muss ich zu einer Pressekonferenz aufbrechen. Auf der Rückfahrt kurz noch zwei dringende Emails beantworten. Kaum wieder zurück in LUNA: ein Besuch eines ehemaligen US-Astronauten, der jetzt eine wichtige Firma leitet. Nahtlos weiter zu ein paar Interviews, diesmal begleiten mich zwei LUNA-Kollegen und Matthias Maurer. Dann kurz ein Dokument prüfen, damit die Kollegen weitermachen können. Einen letzten Vorweihnachtskaffee mit unserem Bodensystemverantwortlichen, eine letzte Besprechung mit der Projektleiterkollegin – und jetzt der abgedunkelte Flieger auf dem Weg zum Start, die vielen Lichter, die Nacht draußen…

Vom Richtfest bis zur Eröffnung – ein herausforderndes Jahr

Gedanklich bin ich schon bei den bevorstehenden Feiertagen – und dann bei den vergangenen zwölf Monaten: Was für ein Jahr! Im Januar hatten wir noch das Richtfest für LUNA gemeinsam begangen – wir sind durch eine halbfertige Baustelle gelaufen, „Helm obligatorisch“… Dann in Windeseile die Baufertigstellung, die Übergabe der Halle an uns, der Endspurt bis zur Einweihung im September – es hat dem Team vieles abverlangt, auch körperlich: die täglich ankommenden LKWs mit Regolithsäcken, die Montage- und Ausstattungsarbeiten, Koordinieren der verschiedenen „Baustellen“. Schließlich der starke Fokus auf die Planung der Eröffnungsfeierlichkeiten, und dann der 25. September: Die Welt lernt „unsere Halle“ kennen!

Obwohl es in der Anlage weiterhin einiges zu tun gibt und wir derzeit noch klären, wie genau der LUNA-Betrieb einschließlich der Nutzung durch Externe ablaufen soll, haben wir in diesem verrückten Jahr bereits die ersten wissenschaftlichen Kampagnen durchführen können.

„Full House“ – die ersten Experimente

Deutsch-französische Kooperation für Mond-Projekte
Das französische ISAE-SUPAERO-Institut und das Geoforschungszentrum Potsdam haben in der LUNA-Halle getestet, wie Messinstrumente auf einer lunaren Oberfläche optimal funktionieren. Zur Messung von Boden-Erschütterungen nutzen sie sowohl Seismometer als auch Geophone.

Zunächst sind das ISAE-SUPAERO-Institut, eine französische Forschungsorganisation, und das Geoforschungszentrum (GFZ) Potsdam unserem Regolith-Testbett mit Geophonen und Seismometer zu Leibe gerückt. Im Zusammenspiel mit unserem LUNA-Seismometer und der verlegten Glasfasertechnik haben sie simuliert, wie die „irdischen“ Messinstrumente auf einer „lunaren“ Oberfläche funktionieren und wie sich die Messungen optimieren lassen.

Bereits kurz danach waren Forschende der TU Dresen in der Halle, um herauszufinden, ob sich LUNA für zukünftige Bodenradar-Experimente eignet. Die Kolleginnen und Kollegen hatten schon vor der Regolith-Befüllung die Anlage vermessen. Nun standen die Referenzmessungen in der gefüllten Halle an. Besonders unser Krater in der sogenannten Deep Floor Area, stand hier im Fokus – über ihn wurde die Radaranlage langsam mit unserem großen Portalkran geschwenkt.

Letzte Woche war schließlich unser Oberpfaffenhofener Nachbarinstitut für Kommunikation und Navigation dann in LUNA zu Gast: Am Mond gibt es weder Handysendemasten noch GPS-Signal – aber Kommunikation und Navigation ist freilich essentiell, wenn eine großräumige Erkundung der Mondoberfläche durchgeführt werden soll. Hierfür wurde ein sehr pfiffiges und praktikables Verfahren entwickelt: Kleine Kommunikationseinheiten an Landeeinheiten, Rovern und Astronautenanzügen tauschen untereinander Informationen aus und agieren als Relaisstationen. So entsteht ein Netzwerk aus vielen Knoten, deren relative Position zueinander über Laufzeitmessungen ständig ermittelt werden kann.

Es können auch Knotenpunkte fest auf der Mondoberfläche abgestellt oder von Rovern verteilt werden – und wenn einige von diesen eine genau eingemessene Position haben, entsteht eine absolute „Positionslandkarte“ aller anderen Knotenpunkte. So könnte beispielsweise auch eine Lavahöhle erkundet werden, deren Inneres eigentlich ein „Funkloch“ ist – aber durch eine Kette von Kommunikationsknoten könnte auch hier eine Funkverbindung aufrechterhalten werden und sogar parallel eine erste Kartierung der Höhle erfolgen.

Bei allen Kampagnen war unser Microgravity User Support Center (MUSC) stark in Vorbereitung und Durchführung involviert: Zusammen mit den Kolleginnen und Kollegen vom Europäischen Astronautenzentrum und vom Raumfahrtkontrollzentrum in Oberpfaffenhofen verfeinern sie das Betriebskonzept von LUNA – so dient augenblicklich jede Kampagne auch dazu, unsere Betriebsprozesse zu validieren und weiterzuentwickeln.

Inzwischen saust auch unser Airbus über die Startbahn, die Lichter von Köln werden kleiner und verschwinden schließlich unter der tiefliegenden Wolkendecke. Servus, Köln, servus LUNA, es war ein aufregendes Jahr! Ich freue mich auf die Ankunft daheim und denke kurz darüber nach, welche Abenteuer uns nächstes Jahr wohl erwarten. Einige Kampagnen sind schon in der Planung, vieles wird noch kommen, für unser Betriebskonzept habe ich einen umfangreichen Notizzettel voller Kommentare. Jetzt aber erstmal Weihnachten – und vom LUNA-Team die besten Wünsche hierzu in die Welt hinaus!

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