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30 Jahre DLR-Astroseminar: Den Geheimnissen des Universums auf der Spur

Astronomisches Weltbild der Vergangenheit
Ein Missionar aus dem Mittelalter berichtet, dass er den Punkt gefunden habe, an dem sich Himmel und Erde berühren …
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Camille Flammarion, L'atmosphère métérologie populaire, 1888

30 Jahre sind eine lange Zeit, lang genug, um zurückzublicken auf eine Vortragsreihe, die als „DLR-Astroseminar“ ihre Zuhörerinnen und Zuhörer mitnimmt auf eine Reise durch die Welt der Astronomie, Raumfahrt und Weltraumforschung. Die Vortragsreihe begann im Jahr 1995 – in dem Jahr, als der erste Exoplanet bei einem sonnenähnlichen Stern nachgewiesen, der spektakuläre Komet Hale-Bopp entdeckt wurde und Windows 95 die Welt eroberte.

Wie alles begann …

Die neue und erste Seminarreihe wurde mit fünf Vorträgen zwischen Ostern und Pfingsten im Jahr 1995 angekündigt. Ihr Titel lautete: „Wir und der Kosmos im Zeitalter der Raumfahrt“. Den Auftakt der Reihe machte am 25. April 1995 Astrophysiker Hans-Joachim Blome mit einem Vortrag über „Die Entschleierung der Geschichte des Kosmos mit Hilfe des Hubble-Teleskops und des Cosmic Background Explorers“.

Astrophysiker und Fernsehmoderator Harald Lesch
Harald Lesch am 7. Oktober 2003 während seines zweiten DLR-Astroseminarvortrags „Die Utopie vom Leben: Science-Fiction im Spiegel von Wissenschaft und Zeitgeist“.

Höhepunkt des Seminars war zweifellos der Auftritt von Prof. Harald Lesch, der damals gerade vom Max-Planck-Institut für Radioastronomie in Bonn zur Ludwig-Maximilians-Universität München wechselte und dem eine Karriere als Fernsehstar noch bevorstand. Lesch entführte mit seiner beredten Art das Auditorium aus dem irdischen Alltagsgeschehen in die Weiten des Universums und ging mit ihnen anderthalb Stunden lang seiner Lieblingsfrage nach, ob wir allein im All sind.

Wegen der guten Resonanz wurde schon recht bald für das darauffolgende Jahr ein zweites Astroseminar angeboten, diesmal mit dem Thema „Das Weltall und seine Strahlungsarten“. Einen beachtlichen Aufschwung erlebte die Seminarreihe im Jahr 1999, in dem Jahr, in dem nach 112 Jahren in Deutschland wieder eine totale Sonnenfinsternis zu sehen war.

Aus einer Veranstaltung mit anfangs rund 30 Mitarbeitenden des DLR war mittlerweile eine gefragte öffentliche Vortragsreihe geworden, die bis zu 130 Besucherinnen und Besucher aus der Region Köln-Bonn und darüber hinaus anzog. In den folgenden Jahren wurden spannende Themenfelder wie „Weltbilder“, „Neues aus dem Planetensystem“, „Licht und Materie im Kosmos“ oder „Das dunkle Universum“ durchleuchtet.

500 Kilometer Anreise für eine Begegnung mit Harald Lesch

Im Jahr 2018 hielt Harald Lesch erneut einen Vortrag im DLR-Astroseminar, nunmehr das fünfte Mal. Am 5. April sprach er über „Evolution und Emergenz“ und instabile Phasen im geschichtlichen Verlauf der Natur, die notwendig sind, damit Neues entsteht. Mit rund 250 Personen war der Vortragsraum bis auf den letzten Platz ausgebucht. Ein Vater war sogar 500 Kilometer weit mit seinem Sohn angereist, um ihm als Geburtstagsgeschenk eine persönliche Begegnung mit dem bekannten Astrophysiker und Fernsehmoderator zu ermöglichen.

21. Juli 1969 – Menschen auf dem Mond
In Europa war es mitten in der Nacht von Sonntag, dem 20. Juli 1969, auf Montag, dem 21. Juli, als um 3.56 Uhr und 20 Sekunden Neil Armstrong, der Kommandant der Mission Apollo 11, den Mond betrat. Bis zu einer Milliarde Menschen auf der ganzen Welt haben den Ausstieg aus der Mondfähre Eagle im Fernsehen verfolgt – in den USA zur besten Sendezeit am Sonntagabend des 20. Juli. Zwanzig Minuten später betrat auch der Astronaut Edwin „Buzz“ Aldrin den Mond. Das Bild zeigt die beiden ersten Menschen auf dem Mond: Aldrin, wie er vor Armstrong steht, und Armstrong, wie er sich im Moment der Aufnahme im Visier von Aldrin spiegelt.
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NASA

Das Astroseminar 2019 zum Thema „50 Jahre Mondlandung – und danach“ war im Rückblick ein echter Knüller. Zu den Glanzpunkten zählte das Referat der ZDF-Redakteurin Hildegard Werth über die Astronauten der Apollomissionen, die sie teils persönlich kannte und interviewt hatte. Und Prof. Johann-Dietrich Wörner, der frühere Vorstandsvorsitzende des DLR und spätere Generaldirektor der ESA, sprach sachbezogen und zugleich passioniert über die Rückkehr des Menschen zum Mond mit einem „Moon Village“.

Nach dem außerordentlich gut besuchten Seminar im Jahr 2019 folgte im Jahr 2020 der Absturz: Das neuartige Virus, das sich aus der chinesischen Megastadt Wuhan über den ganzen Globus ausgebreitet hatte, erreichte auch die Planungen des DLR-Astroseminars. Erst im Jahr 2022 konnte die Vortragsreihe „Schwarze Löcher“ wieder wie gewohnt stattfinden, seither werden die Vorträge parallel auch als Livestream übertragen.

Nobelpreisträger Prof. Reinhard Genzel beim DLR-Astroseminar 2022
Physik-Nobelpreisträger Prof. Reinhard Genzel berichtete am 3. Mai 2022 über seine 40 Jahre lange Erforschung des galaktischen Zentrums.

Für das Jahr 2022 hatte das DLR die hochherzige Zusage von Physik-Nobelpreisträger Prof. Reinhard Genzel erhalten, über seine 40 Jahre lange Erforschung des galaktischen Zentrums vortragen zu wollen. Die Freude darüber war riesig. Dass dann noch während des Astroseminars am 12. Mai 2022 das erste Bild des Schattens und der Umgebung des Schwarzen Lochs im Zentrum der Milchstraße veröffentlicht wurde, war ein zusätzlicher, ungeplanter Glücksfall. Mit drei zusätzlichen Vorträgen war das nachfolgende 2023er-Astroseminar gewiss das umfangreichste seiner Art. In neun Vorträgen wurden der irdische Klimawandel und die damit verbundenen Herausforderungen behandelt.

Raumfahrtgeschichte mit den Astronauten Thomas Reiter und Gerhard Thiele erleben

Das nachfolgende DLR-Astroseminar „Magnetfelder“ richtete dann wieder den Blick vom irdischen Geschehen hin zu den Planeten, Sternen und Galaxien. Das diesjährige DLR-Astroseminar sollte zum 30-jährigen Bestehen Themen aus der Vergangenheit, in der Gegenwart und für die Zukunft ausloten. Das Resultat war eine Vortragsreihe, die einen – freilich lückenhaften – Zeitraum von fast 1.900 Jahren umspannt. Sie reichte von der mit der Mondphase verwobenen Osterterminfestlegung auf dem I. Konzil von Nicäa vor 1.700 Jahren bis hin zu möglichen, von Menschen bewohnten Stationen auf dem Planeten Mars im nächsten Jahrhundert.

Der deutsche ESA-Astronaut Gerhard Thiele
Gerhard Thiele nahm im Februar 2000 an einer Shuttle-Mission teil, bei der die Erde aus der Umlaufbahn vermessen wurde: Mithilfe von Radarsensoren wurde dabei die Erdoberfläche wie mit einem Scanner „abgetastet“, sodass eine dreidimensionale Weltkarte entstand. Beim DLR-Astroseminar 2025 nahm er seine Zuhörer mit auf einen Ausflug in die Raumfahrtgeschichte.
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NASA, ESA

Besonders angetan war das Auditorium davon, dass auch zwei ehemalige deutsche ESA-Astronauten vortrugen: Thomas Reiter und Gerhard Thiele. Ihre Präsentationen machten für die Zuhörer Raumfahrtgeschichte in Wort und Bild hautnah erlebbar und ließen sie auch etwas von jener Faszination spüren, die einen Astronauten in der Schwerelosigkeit mit Blick auf die Erde umfängt.

Im kommenden Jahr 2026 wird sich die Seminarreihe in sechs Vorträgen mit der astronomischen Beobachtungskunst befassen, die eine wichtige Grundlage für unser heutiges naturwissenschaftliches Weltbild ist. Im Jahr 2027 soll es nach derzeitiger Planung um die Expansion des Kosmos und im Jahr 2028 um astronomische Bildungseinrichtungen gehen. Und gewiss wird es im Jahr 2029 auch einen Vortrag zum nahen Rendezvous der Erde mit dem Asteroiden Apophis geben, der am Freitag, dem 13. April 2029, die Welt der Menschen und Medien in Atem halten wird.

Jubiläumstorte zum 30. DLR-Astroseminar
Buttercremetorte statt Milchstraße gab es zum 30-jährigen Jubiläum des DLR-Astroseminars.
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Manfred Gaida

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