Internationale Raumstation: 100.000ster Orbit des Columbus-Moduls

NASA.
Man muss die Feste feiern, wie sie fallen, heißt es. Für das europäische Columbus-Modul, das wir vom Deutschen Raumfahrtkontrollzentrum des DLR in Oberpfaffenhofen aus betreiben, haben wir bislang immer die Jahrtage des Starts gefeiert: Columbus ist „ein Jahr alt“, „ist zwei Jahre alt“ – diesen Februar sind wir tatsächlich schon beim 17. Geburtstag angekommen – fast erwachsen also, unser „Baby“… Die ersten Jubiläen waren noch größere Feiern „wert“, inzwischen ist etwas Routine eingekehrt und kaum jemand aus dem ersten Flight Control Team arbeitet noch im Kontrollraum. Aber als das Gerücht die Runde machte, dass am 12. September Columbus seine 100.000ste Umkreisung der Erde vollenden würde, da klang das nach einer Gelegenheit, die zu gut war, um sie einfach verstreichen zu lassen.

Aber freilich musste der Termin auch stimmen – Erdumkreisungen sind nicht ganz so leicht zu zählen wie Jahre. Daher lieber noch einmal die Nachfrage bei unseren Experten, den Flugdynamikern, die sich mit Bahnberechnungen am besten auskennen: Ralph aus dieser Fachabteilung erklärt mir, dass Satelliten oder eben Raumstationen nicht allzu viele Möglichkeiten haben, ihre Bahn groß zu ändern: Zunächst einmal bleiben sie immer in einer gedachten Ebene, die eine feste Neigung in Relation zur Erdbahn um die Sonne hat. Diese lässt sich durch nur zwei Zahlen eindeutig beschreiben: Eben den Neigungswinkel und dann noch die Kippungsrichtung, eine weitere Zahl.
Dann sind die Bahnen immer Ellipsen, die sich auch durch überraschend wenige Parameter beschreiben lassen: zum Beispiel Länge und Breite der Ellipse plus wieder eine weitere Zahl, die die Richtung der Ellipse definiert.
Wenn man jetzt noch zu einer bestimmten Zeit (noch eine Zahl!) angibt, wo auf der Bahn (und die letzte Zahl!) sich der Satellit oder die Internationale Raumstation ISS befindet, dann braucht es nur etwas Arithmetik- und grundlegende Geometriekenntnis, um auszurechnen, wie die Flugbahn in den nächsten Stunden aussieht.

ESA/NASA.
Ralph zeigt mir, dass im Internet regelmäßig von eigentlich allen Raumfahrzeugen sogenannte „Two Line Elements“ veröffentlicht werden: In zwei schlanken 80-Zeichen-Zeilen (das frühe Lochkartenzeitalter der Computerentwicklung lässt grüßen!) sind alle Infos über Bahn, Position und Zeit (hier „Epoche“ genannt) enthalten. Und Überraschung: Sogar ein Zähler der Erdumkreisungen ist in den beiden Zeilen enthalten! Zwar nur mit fünf Ziffern, deswegen muss man etwas mit Überläufen aufpassen, aber meine Frage an die Flugdynamiker erfordert damit keine komplizierten Bahnberechnungen, sondern reduziert sich auf eine einfache Differenzbildung zwischen den Two-Line-Elementen der ISS vom Columbus-Start und von heute.
Sehr cool – hätte ich diese Two-Line-Elements als Schüler schon gekannt, dann wäre meine Softwareschmiede „Scientist Soft“ sicher mit einem entsprechenden BASIC-Programm für meinen Sharp MZ-700 groß durchgestartet… (ein kleiner Gruß an dieser Stelle an meine Kinder, denkt mal drüber nach…).
Die Differenz „modulo der Überläufe“ zeigte übrigens für den 11. September 2025 spätabends die 100.000 an – also können wir guten Gewissens heute die Sektkorken knallen lassen.
Gratulation an den Jubilar und Kudos an unser Flugkontrollteam, das seit hunderttausend Orbits über ihn wacht!
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