Increasing administration efficiency thanks to artificial intelligence (DE)
Gemeinsame Medieninformation mit Friedrich-Schiller-Universität Jena - Verfasser: Sebastian Hollstein
Mit dem Onlinezugangsgesetz (OZG), das vor rund fünf Jahren in Kraft getreten ist, verpflichten sich Bund, Länder und Kommunen dazu, bis Ende 2022 alle Verwaltungsleistungen digital anzubieten. Bürgerinnen und Bürger sollen dann sämtliche Anträge online einreichen können. Doch vor allem auf Länderebene gibt es noch viel zu tun – nicht nur um das Ziel bis Ende des Jahres tatsächlich zu erfüllen, sondern auch um Systeme aufzubauen, die langfristig schnell und unkompliziert gepflegt und bei Bedarf ausgebaut werden können. Künstliche Intelligenz (KI) könnte bei dieser Umstrukturierung wertvolle Dienste leisten. Deshalb wollen Forschende an der Friedrich-Schiller-Universität Jena gemeinsam mit Partnern vom Thüringer Finanzministerium, dem Institut für Datenwissenschaften des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt in Jena sowie der Universität Bielefeld nun im Rahmen zweier Forschungsprojekte KI-basierte Lösungen entwerfen, mit denen sich bestimmte bürokratische und technische Problemstellungen beheben lassen. Als Partner in der Praxis steht eine Thüringer Kommunalverwaltung zur Verfügung. Das Bundesinnenministerium fördert die beiden Projekte in den kommenden drei Jahren mit rund fünf Millionen Euro. Offiziell nehmen die Forschenden ihre Arbeit durch ein öffentliches Kick-Off-Meeting am 6. April um 9.00 Uhr in den historischen Rosensälen der Universität Jena (Fürstengraben 27) auf.
Digitalisierung muss Abläufe vereinfachen
„Die Digitalisierung der Verwaltung muss deren Abläufe und Prozesse vereinfachen. Dies gelingt nur, indem diese völlig neu gedacht und gestaltet werden. Mit diesen beiden Forschungsvorhaben wollen wir die Voraussetzungen schaffen, damit zukünftig auch viele kleine IT-Unternehmen die Entwicklung einer offenen, transparenten und effizienten Verwaltungsarchitektur mitgestalten können“, sagt Marianne Mauch, die Projektkoordinatorin an der Universität Jena und Leiterin der Arbeitsgruppe „Offenes Design digitaler Verwaltungsarchitekturen“.
„Maßnahmen zur Reduzierung von technologischen Abhängigkeiten sind ,Chefsache‘. Ich freue mich deshalb auf dieses Kooperationsprojekt“, sagt Dr. Hartmut Schubert, Thüringer Finanzstaatssekretär. „Denn eine verstärkte Zusammenarbeit mit der Wissenschaft und Forschung auf dem Gebiet der Verwaltungsdigitalisierung kann dabei helfen, technologische Abhängigkeiten zu reduzieren und gemeinsam Know-how aufzubauen, wie Software der Zukunft gestaltet werden muss, um die Digitale Souveränität in der öffentlichen Verwaltung nachhaltig zu stärken.“
„Wir wollen mit diesen Projekten Expertise der Digitalen Verwaltung im Raum Jena bündeln und langfristig verankern“, ergänzt Dr. Frank Löffler, Leiter des Kompetenzzentrums Digitale Forschung (zedif) der Universität Jena. Neben dem zedif ist an der Universität Jena die Heinz-Nixdorf-Professur für verteilte Informationssysteme an den Projekten beteiligt.
Das Erstellen von Online-Formularen verbessern
Im Projekt „Canarėno: Computerunterstützte Analyse elektronisch verfügbarer Rechtsnormen“ wollen die Expertinnen und Experten das Erstellen von Online-Formularen verbessern. Werden Bestimmungen geändert oder neue Gesetze verabschiedet, dann erfordert das immer auch neue Formulare und Anträge. Denn die Informationen, die Bürgerinnen und Bürger vorlegen müssen, um eine Verwaltungsleistung zu beantragen und schließlich zu beziehen, ändern sich dadurch in der Regel ebenfalls. Ein Team mit Mitgliedern aus dem Bereichen Informatik, Computerlinguistik und Datenwissenschaft will nun Methoden entwickeln, durch die mit Hilfe Künstlicher Intelligenz aus elektronisch verfügbaren Rechtsnormen, also entsprechenden Gesetzestexten, die erforderlichen Angaben automatisch ausgelesen werden können. So könnte die Verwaltung neue Leistungen schneller digital zur Verfügung stellen und bestehende Formulare einfacher und schneller an geänderte Rechtsnormen anpassen. Der Zeit- und Kostenaufwand des manuellen Aktualisierens der digitalen Verwaltungsprozesse wird dadurch spürbar verringert. Die dafür erforderlichen Entwicklungen im Bereich maschinelles Lernen sind Hauptgegenstand dieses ersten Projektes.
Referenzarchitektur für eine Verwaltungssoftware entwickeln
Die Umsetzung der digitalen Verwaltung ist vor allem deswegen eine Herausforderung, da es bei der Erstellung einer entsprechenden einheitlichen Infrastruktur sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene eine Vielzahl an rechtlichen und technischen Standards zu berücksichtigen gilt. Zudem müssen die digitalen Angebote für die Bürgerinnen und Bürger nutzerfreundlich sowie für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Behörden einfach bearbeitbar gestaltet sein und Regularien, wie etwa die Datenschutzbestimmungen, berücksichtigen. Diesen Herausforderungen stellt sich das Projekt „SimpLEX: Vereinfachung der Erstellung und Verarbeitung elektronischer Dokumente durch Zuhilfenahme maschinenlesbarer Normentexte und Dokumentenbausteine“. Die Projektpartner wollen einen Vorschlag für eine Referenzarchitektur für eine entsprechende Verwaltungssoftware entwickeln, die beispielgebend für eine breite Anwendung im Bereich der digitalen Administration sein kann. Dabei wollen sie auf sogenannte Low-Code- bzw. No-Code-Plattformen zurückgreifen – also Software, die mittels visueller Diagramme in einer Art Baukastensystem programmiert wird. Die Bausteine sollen dabei weitgehend automatisiert erstellt und konfiguriert werden. Ein solches System hat den Vorteil, dass der digitale Verwaltungsprozess nach Änderungen rechtlicher oder technischer Richtlinien durch die Bearbeitung oder Ergänzung einzelner Segmente schnell und unkompliziert angepasst werden kann. Außerdem soll dieses einfache Verfahren garantieren, dass die Behörden selbst oder Dienstleister vor Ort ohne umfangreiche Programmierkenntnisse Änderungen vornehmen können.
Die Ergebnisse ihrer Projekte wollen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der breiten Öffentlichkeit zugänglich machen und unter Open-Source-Lizenzen veröffentlichen. So können sich sowohl IT-Unternehmen als auch Bürgerinnen und Bürger an der Entwicklung geeigneter Software-Lösungen beteiligen.