Artemis I: Wir sind wieder unterwegs zum Mond!
Eins der eindrucksvollsten Dinge, die ich bisher erleben durfte: Ich war in der Lunar Sample Laboratory Facility der NASA und bin den Mondsteinen der Apollo-Missionen gegenübergestanden, nur ein paar Zentimeter vor meiner Nase, nur durch eine Panzerglasscheibe vom „Mond“ getrennt.
Freilich ist dieses Labor – ein Reinraum mit einer Glovebox pro Apollo-Mission und einem großen begehbaren Tresor im Hintergrund, wo die bislang nicht genutzten Proben eingelagert sind – nicht im offiziellen Besuchsprogramm des Johnson Space Centers in Houston enthalten. Das hurrikan- und flutsichere Gebäude aus speziell ausgewählten Baumaterialien, die jede Verunreinigung der wertvollen Steine verhindern sollen, ist ein Hochsicherheitsbereich. Nur ein gut vernetzter NASA-Kollege hatte es geschafft, uns diesen exklusiven Einblick zu ermöglichen und wir mussten einiges an Papierkram erledigen, bevor der Besuch möglich war.
Für Jahrzehnte waren diese Steine, die die Apollo-Astronauten auf dem Mond gesammelt hatten, die einzigen Artefakte direkt von der Mondoberfläche, freilich von unschätzbarem Wert, und daher wird jedes wissenschaftliche Projekt, was die Untersuchung dieser Steine beinhaltet, argwöhnisch von der NASA geprüft, bevor man gegebenenfalls ein paar Milligramm davon leihweise zur Analyse erhält.
Umso aufregender finde ich, dass heute mit dem Start des Space Launch Systems (SLS) mit einer (noch!) unbemannten Orion-Kapsel an der Spitze das Artemis-Programm nun „richtig“ begonnen hat: Artemis ist in der griechischen Mythologie die Schwester von Apollo: Auf das Apollo-Mondprogramm der NASA (1961 bis 1972) folgt jetzt also Artemis, das wieder Astronauten auf die Mondoberfläche bringen soll, vielleicht sogar den ersten Europäer – womöglich sogar eine erste Deutsche oder einen ersten Deutschen?
Artemis I fliegt zu Mond, wird dort in die Umlaufbahn eintreten, die auch für zukünftige Landungsmissionen verwendet werden soll, und schließlich wieder zur Erde zurückkehren. Es ist der Herz- und Nierentest für die neu entwickelte Mondrakete und die Orionkapsel. Geht alles gut, dann werden mit Artemis II erstmals seit vielen Jahren wieder Menschen Richtung Mond aufbrechen, ihn umrunden und dabei noch einmal das Gesamtsystem inklusive Astronauten an Bord evaluieren: Für das große Ziel einer „ersten“ Mondlandung mit Artemis III.
Zwei "Damen" des DLR sind sogar bei Artemis I schon an Bord: Helga und Zohar, zwei lebensgroße Puppen, die – mit zahlreichen Messgeräten ausgestattet – die Strahlungsbelastung messen sollen, die auf die verschiedenen Stellen des menschlichen Körpers beim Flug zum Mond wirkt. Und Shaun das Schaf fliegt auch mit – vielleicht um einen potentiellen „ersten Menschen auf dem Mars“ im Kindergartenalter von seiner zukünftigen Berufung zu überzeugen.
Auch unser Kontrollzentrum in Oberpfaffenhofen ist bereits direkt involviert: Mitten in unseren Vorbereitungsarbeiten für die bemannte, um den Mond kreisende Gateway-Raumstation, die in den kommenden Jahren als Basis für weitere Mondlandungen dienen soll, ist jetzt unser Bodensystem gefordert, die Daten von Artemis I für die europäischen Raumfahrtzentren zur Verfügung zu stellen. Besonders am Technologiezentrum ESTEC der ESA in Noordwijk sind die Ingenieure an der Telemetrie „ihres Raumschiffs“ interessiert – sie müssen im Falle eines Fehlers die NASA unterstützen, denn das Service-Modul von Orion wird durch Europa zur Verfügung gestellt – made in Germany (Bremen)!
Ebenfalls beteiligt an der Mission ist auch unsere Antennenanlage in Weilheim: Beauftragt von der NASA führen wir Dopplermessungen am Funksignal der Orionkapsel durch – unsere 15-Meter-Antennen könnten zukünftig bei der präzisen Bahnbestimmung des Raumschiffs eine wichtige Rolle spielen.
Dann drücken wir die Daumen und wünschen aus Oberpfaffenhofen den Kollegen der NASA einen reibungslosen Flug, auf dass wir bald wieder Menschen am Mond forschen sehen und vielleicht auch demnächst in Europa eine „Mondprobenlager- und Analyseanstalt“ eröffnen können.
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