Höhenforschungsrakete MAPHEUS-13: Es geht wieder los – Vorbereitungen in Schweden laufen an
Wie lassen sich Bauteile aus Metallpulver mit einem 3D-Drucker in Schwerelosigkeit herstellen? Wie vermischen sich geschmolzene Legierungen ohne den Einfluss der Gravitation? Wie verlaufen Heilungsprozesse im zentralen Nervensystem oder Gehirn in reduzierter oder erhöhter Schwerkraft? All diesen Fragen ist gemein, dass sie mit Experimenten auf der Höhenforschungsrakete MAPHEUS-13 untersucht werden, die am 20. Mai 2023 vom Esrange Space Center bei Kiruna im Norden vom Schweden starten soll.
MAPHEUS steht für ‚Materialphysikalische Experimente unter Schwerelosigkeit‘ und ist ein Programm, das von den DLR-Instituten für Materialphysik im Weltraum und Luft- und Raumfahrtmedizin zusammen mit der Mobilen Raketenbasis MORABA betrieben wird. Seit 2009 sind bereits zwölf MAPHEUS-Raketen erfolgreich gestartet und haben zusammen über 50 Experimenten eine gesammelte Gesamtzeit von über einer Stunde in Schwerelosigkeit ermöglicht. Solche Experimente verbessern das fundamentale Verständnis physikalischer und lebenswissenschaftlicher Prozesse, bei denen Schwerkraft eine besondere Rolle spielt. Sie ermöglichen neue Erkenntnisse zu den Abläufen auf der Erde und die Erprobung von Phänomenen und Technologien für Raumflugmissionen.
Seit 9. Mai 2023 laufen unsere Vorbereitungen der MAPHEUS-13-Kampagne: Zwei Container voll Equipment für die Raketen-Nutzlast wollen ausgepackt, vorbereitet und geprüft werden. Gerade die biologischen Experimente erfordern noch mehr Vorbereitung. Für sie ist ein Teil des Teams schon einige Tage länger vor Ort, um die benötigten Zellen in einem eigens bereitgestellten Bio-Labor zu kultivieren. Die erste Woche der Kampagne wird dann planmäßig mit dem sogenannten ‚Bench-Test‘ und der ersten ‚Flugsimulation‘ enden: Es werden alle Experimente und Service-Systeme fertig zusammengebaut und virtuell durch den Flug gebracht. Erst danach werden Nutzlast und Raketenmotoren zusammengebracht, sodass die zweite Woche der Kampagne im Zeichen der Vorbereitung der Rakete im Launcher, der Startrampe, stehen wird.
In Schweden ist ein Team von über 30 DLR'lern aus Köln und Oberpfaffenhofen, ergänzt von Projektbeteiligten der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) in Berlin, der Universität Bonn und von adesso SE, die gemeinsam mit uns Prozesse in Schwerelosigkeit erforschen und teilweise eigene ‚Huckepack-Experimente‘ mitbringen. Das Team wird die rund zwei Wochen auf dem Gelände von Esrange gemeinsam verbringen, wo es neben Laboren und Vorbereitungshallen auch ein komfortables Gästehaus und Verpflegung gibt. So genießen wir die derzeit langen hellen Abende nördlich des Polarkreises gemeinsam.
Die Wahl des Startplatzes ist übrigens für solche Höhenforschungsraketen rein logistischer Natur: Esrange bietet ein Landegebiet doppelt so groß wie Luxemburg, sodass die Nutzlast der Rakete nach dem Flug wieder geborgen werden kann. So manches Raketenmodul auf MAPHEUS-13 ist bereits ein echter Vielflieger, wie zum Beispiel das 3D-Druck-Experiment MARS, in dem immer wieder neue Materialzusammensetzungen und Druckparameter in der kurzzeitigen Schwerelosigkeit beim suborbitalen Raumflug erprobt werden. Andere, etwa das X-RISE-Modul, in dem zusammen mit der BAM das Verhalten von Metallschmelzen im Flug live mit Röntgenaufnahmen untersucht wird, sind nach längerer Umbauphase wieder da.
Auch wenn in Schwerelosigkeit Oben und Unten keine Rolle spielen, mussten wir viel vom Innenleben des Moduls auf den Kopf stellen, da sich so die Belastungen beim Start der Rakete besser verkraften lassen. Dazu kommt eine Messmethode für Inter- und Selbstdiffusion in metallischen Schmelzen, die noch nie in Schwerelosigkeit versucht wurde. Ebenfalls komplett neu aufgebaut, basierend auf Erfahrungen mit früheren Flügen, haben wir das Experiment LIFT, das es ermöglichen wird, Zellen direkt nach der Startphase (in der die rund zwanzigfache Erdbeschleunigung auf die Zellen wirkt) und kurz vor Wiedereintritt in die Atmosphäre zu fixieren. Hier wird die Auswertung nach dem Flug zusammen mit der Universität Bonn erfolgen. Das vierte Experimentmodul, BIODECODER, beherbergt eine Elektronik, die die Signalausbreitung entlang der Axonen, der Leiterbahnen des Gehirns, vermessen kann. Es bietet zudem Platz für einen Mikrocomputer, mit dem wir gemeinsam mit der Firma adesso die sicher verschlüsselte live-Datenübertragung im Flug testen wollen. Hier nutzen wir die Gelegenheit, eine weitere Neuerung im Service-Modul von MAPHEUS zu testen, nämlich moderne Netzwerkkommunikation auf Ethernet-Basis
Ebenfalls mit beim Flug ins All dabei sind dieses Mal die über 2.000 von Kindern gemalten Missionslogos. Sie entstanden im Rahmen einer gemeinsam mit der ‚Stiftung Kinder forschen‘ initiierten bundesweiten Mal-Aktion für Kitas, Horte und Grundschulen. Alle eingesandten Bilder fliegen auf einem USB-Stick in der Rakete mit. Als Highlight wurde aus einem Großteil der Logos ein Mosaikbild erstellt, das von außen im Blickfeld zweier Kameras auf MAPHEUS-13 angebracht wird. Dieser Teil der Rakete wird nach dem Flug der Stiftung zum ‚Tag der kleinen Forscher‘ am 13. Juni 2023 in Berlin als Dauerleihgabe übergeben.
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