11. Februar 2009

GOME-2 erkennt Stratosphärenerwärmung auf der Nordhalbkugel

Analysen basierend auf GOME-2 Daten zeigen eine deutliche Störung des polaren Wirbels, wie sie durch eine so genannte Stratosphärenerwärmung verursacht wurde.

Stratosphärenerwärmungen zählen zu den dramatischsten Phänomenen in der Atmosphäre: die spontan auftretende Erwärmung der winterlichen Stratosphäre ist unter Umständen sogar mit einer großräumigen Zirkulationsumkehr verbunden.

Über dem jeweiligen Winterpol der Erde bildet sich Jahr für Jahr aufgrund mangelnder Sonneneinstrahlung in der Stratosphäre ein sehr kalter Wirbel, der so genannte polare Wirbel, aus. Seine hohen Geschwindigkeiten zwischen 60m/s und 100m/s, die eine komplette Umrundung des Pols nach fünf bis sieben Tagen ermöglichen, hemmen den Austausch von Luftmassen mit der übrigen Atmosphäre und schotten so die polaren Luftmassen von der übrigen Atmosphäre ab. Innerhalb dieses polaren Wirbels führen die mangelnde Sonneneinstrahlung und die damit verbundenen extrem kalten Temperaturen zu einem sehr effektiven Ozonabbau.

Diese polare Dynamik kann durch so genannte planetare Wellen empfindlich gestört werden; sie betätigen sich gewissermaßen als ein gigantischer planetarer Mixer: brechen diese planetaren Wellen, so übertragen sie ihre Energie und ihren Impuls auf das umgebende Windfeld. Dies führt - falls die übertragene Energiemenge groß genug ist - zur Schwächung des polaren Wirbels. D.h. der polare Wirbel wird deformiert, verschoben oder sogar gespalten und mit ihm der Bereich ozonarmer Luftmassen. Ein solches Phänomen spielt sich gegenwärtig über der Arktis ab. Daten vom Instrument GOME-2 auf dem Satelliten MetOp werden am DLR und in Kooperation mit EUMETSAT routinemäßig in ein 4D-Var-Atmosphärenmodell assimiliert. Dies ermöglicht die Erstellung von globalen Spurengaskarten wie sie im ICSU/WMO Weltdatenzentrum für Fernerkundung der Atmosphäre, WDC-RSAT, im DLR verfügbar sind.

Mit der Schwächung des polaren Wirbels werden Austauschprozesse mit anderen Bereichen der Atmosphäre ermöglicht, die letztendlich zu einer relativ schnellen Erwärmung der Stratosphäre führen. Ist die Erwärmung stark genug, so kommt es zur zeitweisen Umkehr der Zirkulation – statt Westwinden herrschen Ostwinde vor: der Winter schlägt quasi kurzfristig in einen Sommer um.

Ungeklärt ist bis heute, warum und wann planetare Wellen ausreichend Energie enthalten, um eine Stratosphärenerwärmung zu induzieren. Aus diesem Grund ist dieses Phänomen von Modellen noch immer schwer vorherzusagen, obwohl es auf der Nordhalbkugel in unterschiedlicher Ausprägung normalerweise mindestens einmal pro Winter vorkommt. Dieses Thema ist Gegenstand aktueller Forschung, auch am DLR.

Relativ langlebige Spurengase wie O3, HNO3 oder CH4 können als Kontrastmittel Strömungsfelder in der Atmosphäre sichtbar machen.