1. September 2010

Ozonlochsaison 2010

"Ozonlochsaison 2010" hat begonnen! GOME-2 an Bord von MetOp zeigt starke dynamische Aktivität auf der Südhalbkugel

Der Winter auf der Südhalbkugel ist in vollem Gange: der "Vorläufer" eines Ozonlochs, ein kesselförmiger Wirbel über dem Südpol, der einen Luftaustausch zwischen polaren und mittleren geographischen Breiten praktisch unterbindet, hat sich ausgebildet. Tägliche Analysen der GOME-2-Daten, die am DLR im Auftrag von EUMETSAT routinemäßig ausgewertet und im DFD in ein 4D-Var-Modell assimiliert werden, zeigen, dass dieser polare Kessel nicht stabil polsymmetrisch ist, sondern ständig deformiert wird: quasi wie ein Kuchenteig werden die Luftmassen in diesem Kessel über dem Südpol fortwährend durchgeknetet. Wissenschaftlich ist das von erheblichem Interesse, weil für diese Deformationen großskalige Wellen in der Atmosphäre verantwortlich sind, so genannte planetare Wellen. Es gibt Hinweise, dass sich aufgrund des Klimawandels die Stärke dieser Wellen – und damit die globalen Strömungssysteme - verändern werden.

Über dem jeweiligen Winterpol bildet sich aufgrund mangelnder Sonneneinstrahlung in der Stratosphäre (man spricht von der „polaren Nacht“) ein sehr kalter Wirbel, der so genannte polare Wirbel, aus. Seine hohen Geschwindigkeiten zwischen 60 m/s und 100 m/s, die es einem Luftpaket erlauben, den Pol innerhalb von nur fünf bis sieben Tagen komplett zu umrunden, wirken quasi wie eine Wand und hemmen den Austausch von Luftmassen aus mittleren und niedrigeren geographischen Breiten. Im Inneren des polaren Wirbels führt die polare Nacht zu extrem kalten Temperaturen (-80°C und kälter) und schafft damit die Bedingungen, die einen Ozonabbau im großen Stil ermöglichen: der polare Kessel ist sozusagen „vorgeheizt“ für die Zubereitung des polaren Ozonlochs. Mit der Einstrahlung des ersten Sonnenlichts im ausgehenden polaren Winter wird schließlich die ozonzerstörende Chemie in Gang gesetzt. Aktuelle Analysen der GOME-2-Daten, die am DLR im Auftrag von EUMETSAT routinemäßig ausgewertet und im DFD in ein 4D-Var-Modell assimiliert werden, ermöglichen die Erstellung von täglichen globalen Karten, die das aktuelle Ausmaß des polaren Ozonlochs zeigen. Gegenwärtig ist die Fläche, die das Ozonloch bedeckt mit zwei bis drei Millionen Quadratkilometern noch relativ klein. Die Fläche wird in den kommenden Wochen um ein Vielfaches ansteigen (siehe Abbildung 1).

Die Wissenschaftler beobachten mit ganz besonderem Interesse ein Phänomen, welches mit dem Ozonloch verbunden ist und welches erst durch die Beobachtung vom Satelliten aus möglich wird: die Änderung seiner Form! So zeigen die täglichen Messungen von GOME-2, dass das Ozonloch seine Form auf Zeitskalen von wenigen Tagen ständig variiert. Verantwortlich hierfür ist nicht der chemische Abbau; vielmehr ändern sich den Planeten umspannende Strömungssysteme, so genannte planetare Wellen. Diese großskaligen Phänomene können den polaren Wirbel deformieren, verschieben oder sogar spalten und mit ihm den Bereich ozonarmer Luftmassen: der polare Wirbel befindet sich quasi in einer großen Knetmaschine. Die Tatsache, dass er momentan die Form eines deformierten Dreiecks annimmt, deutet auf eine relativ starke Aktivität der planetaren Welle 1 und 3 hin (siehe Abbildung 2). Auf diese Weise nutzen Wissenschaftler das polare Ozonloch, um zu studieren, ob sich die großräumigen Strömungs- und Zirkulationssysteme in der Atmosphäre systematisch, etwa als Folge der globalen Erwärmung, verändern.

Die Aktivität der planetaren Wellen wird im DFD auch durch den so genanten dynamischen Aktivitätsindex (DAI) getrennt für die jeweilige Hemisphäre in der Stratosphäre täglich „sichtbar“ gemacht. (siehe Abbildung 3). In den folgenden Wochen ist eine Zunahme der dynamischen Aktivität zu erwarten. Erst mit dem Zusammenbruch des polaren Wirbels erfolgt die Umstellung von Winter- auf Sommerbedingungen. Dies ist auf der Südhemisphäre typischerweise im Oktober zu erwarten.

Alle Informationen über den Zustand des antarktischen Ozonlochs sowie über die dynamische Aktivität der Atmosphäre werden im DFD routinemäßig und täglich aktuell erstellt. Sie sind über das ICSU/WMO Weltdatenzentrum für Fernerkundung der Atmosphäre, WDC-RSAT, einem User Service des DFD, frei verfügbar.

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