2017 drittkältestes Jahr seit Beginn der Messungen – in der Mesopause


2017 war für Deutschland das drittkälteste Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen 1987 – doch nur in 87 Kilometern Höhe. Der Temperaturverlauf in dieser Höhe verhält sich entgegengesetzt zum Geschehen am Erdboden. Diese Region, die obere Mesosphäre, steht im Fokus des EOC, da sich dort Änderungen in der darunterliegenden Atmosphäre frühzeitig erkennen und messen lassen.
In der mittleren Atmosphäre – zwischen 80 und 300 Kilometern Höhe – existieren natürlich leuchtende Schichten. Dieses „Airglow“ entsteht durch chemische Reaktionen von Atomen und Molekülen, die tagsüber durch die starke Sonneneinstrahlung ionisiert wurden. Die so übertragene Energie wird bei Reaktionsprozessen mit Verzögerung wieder als Strahlung frei. In etwa 87 km senden Hydroxyl-Molekülen (OH) rotes und infrarotes Licht aus. Dieses Luftleuchten kann vom Boden aus mit besonderen Spektrometern gemessen werden. Die GRIPS-Instrumente (GRound-based Infrared P-branch Spectrometer) beobachten das Leuchten in einem für den Menschen nicht sichtbaren Wellenlängenbereich des nahen Infrarots (1,52 bis 1,50 Mikrometer). Aus den erfassten Spektren können die Wissenschaftler des EOC dann auf die Umgebungstemperatur in dieser Höhenschicht schließen. Diese verhält sich in der Mesopause entgegengesetzt zu den Temperaturen am Erdboden. So ist es hier im Sommer kalt und im Winter warm. Die Temperaturumkehr in dieser Höhe hängt mit dem Einfluss atmosphärischer Schwerewellen auf die globale Zirkulation in der mittleren Atmosphäre zusammen. Temperaturveränderungen in der unteren Atmosphäre zeigen sich so auch in der Mesopause, nur mit verändertem Vorzeichen und verstärkt.
Daher können die langjährigen Airglow-Messreihen des EOC zur Früherkennung von Klimatrends in der Atmosphäre genutzt werden. Die EOC-Messreihe alleine umfasst fast zehn Jahre und stammt von den Instrumenten GRIPS 5, 7 und 8. Seit Oktober 2008 beobachten diese das nächtliche Luftleuchten von der Umweltforschungsstation „Schneefernerhaus“ (UFS) auf der Zugspitze (Abbildung 1). Zusammen mit den Daten der Bergischen Universität Wuppertal aus den Jahren 1987 bis 2010 (GRIPS 1 und 2) wurde nun eine 30-jährige Zeitreihe erzeugt, die weltweit einzigartig sein dürfte.
Die erste Auswertung der Datenreihe zeigt, dass 2017 das drittkälteste Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1987 war (Abbildung 2). Kälter waren nur die Jahre 2006 und 2007. Darüber hinaus ist in den Jahresmitteltemperaturen der Sonnenfleckenzyklus erkennbar. Die Schwankung der solaren Einstrahlung mit einer Periodizität von etwa 11 Jahren verursacht eine Temperaturänderung in der Mesopause von etwa 4°C. Neben den Variationen, die von der Sonne verursacht werden, also einen „externen Antrieb“ haben, sind weitere Variationen im Zyklus von zwei bis vier Jahren zu beobachten. Diese lassen sich auf interne Schwankungen der Atmosphäre wie etwa die Quasi-Biennale Oszillation (QBO) oder die El Nino Southern Oscillation (ENSO) zurückführen. Sie sind Teil des Erdsystems und zählen zu den „internen Antrieben“.
Unabhängig von diesen zyklischen Variationen scheint die Temperatur in der oberen Mesosphäre langfristig um etwa 1°C pro Dekade abzunehmen (Abbildung 2). Auf der Erdoberfläche ist die global gemittelte Temperatur im gleichen Zeitraum um etwa 0,2 °C angestiegen. In den oberen Stockwerken der Atmosphäre zeigen sich Veränderungen also deutlich stärker: die Messungen sind deshalb geeignet, Veränderungen in der Atmosphäre frühzeitig zu erkennen.
Die Instrumentierung, die Messungen und Forschungsarbeiten wurden teilweise finanziert durch das Bayerische Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz, durch die Europäische Union sowie das Bundesministerium für Bildung und Forschung. Das EOC betreibt neben der GRIPS-Referenzstation auf der Zugspitze weitere Messgeräte in Europa (Abbildung 3), Asien und der Antarktis. Diese Stationen sind in das EOC-koordinierte internationale „Network for the Detection of Mesospheric Change, NDMC“ eingebunden, einem Beitrag zum Weltklimaforschungsprogramm der Vereinten Nationen.
Links
- Umweltforschungsstation Schneefernerhaus (UFS) auf der Zugspitze
- NDMC - Network for the Detection of Mesospheric Change
- A ground-based spectrometer equipped with an InGaAs array for routine observations of OH(3-1) rotational temperatures in the mesopause region
- Variability of the Brunt–Väisälä frequency at the OH* layer height