26. Oktober 2021

EOC trainiert Neumayer-Überwinternde an Infrarot-Spektrometer

Seit 2013 betreibt das Earth Observation Center gemeinsam mit dem Alfred-Wegener-Institut (AWI) in der Antarktis eine Messstation, um in 90 Kilometer Höhe die Temperatur der Atmosphäre zu erfassen. Erneut wurde nun ein AWI-Überwinterer am DLR-Instrument trainiert, um die wertvolle Messreihe vor Ort auch bei widrigsten Umweltbedingungen fortzusetzen.

Die beobachtete Höhenregion ist wichtig für das Verständnis des menschengemachten Klimawandels. Während der Treibhauseffekt am Boden für höhere Temperaturen sorgt, zeigen Klimamodelle, dass sie in der oberen Mesosphäre sinken. Verantwortlich ist das CO2. Wie eine Rettungsfolie verhindert es die Wärmeabgabe ins All, sorgt für eine Zunahme der Temperatur auf der einen und eine Abnahme der Temperatur auf der anderen Seite. Aufgrund der geringen Dichte der Atmosphäre in der Mesosphäre ist zu erwarten, dass die Temperaturen in 90 km Höhe langfristig durch Zunahme der CO2-Konzentration sogar bis zu zehnmal schneller fallen, als sie am Erdboden steigen. Durch diesen Verstärkereffekt könnten in der Mesosphäre besonders gut Klimasignale erkennbar sein. Insbesondere die polaren Regionen sind interessant, da sie am Boden bereits die größten Temperaturveränderungen zeigen.

Die Temperaturmessung in der Grenzschicht zwischen Atmosphäre und Weltraum erfolgt über ein Spektrometer. Dieses kann nachts das sehr schwache Leuchten wahrnehmen, das in 90 Kilometer Höhe entsteht. Hydroxyl-Moleküle (OH), eine Verbindung aus atomarem Sauerstoff und atomarem Wasserstoff emittieren hier – für Menschen nicht sichtbar – Infrarot-Strahlung. Die Wellenlängenzusammensetzung dieser Strahlung im Bereich von ca. 1,5 Mikrometer können die Forschenden wie einen Fingerabdruck lesen und so auf die Temperatur schließen.

Um langfristige Klimaveränderungen von dem kurzfristigen chaotischen Geschehen in der Atmosphäre unterscheiden zu können, sind langfristige Beobachtungen essentiell. Der Erfolg dieser Messungen beruht daher nicht zuletzt auf der guten Zusammenarbeit mit dem Alfred-Wegener-Institut (AWI). So werden alle wissenschaftlichen Instrumente dort auch im antarktischen Winter, wenn die Station monatelang von der Außenwelt abgeschnitten ist, von hoch qualifizierten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern betreut. Die Überwinternden werden jährlich gewechselt und erhalten vor dem Aufbruch in die Antarktis eine spezielle Schulung für jedes der Instrumente in ihrem jeweiligen Verantwortungsbereich. Diese Woche war es wieder soweit: Hannes Keck besuchte das EOC in Oberpfaffenhofen, um detailliert in das GRIPS-Instrument (GRound Based Infrared P-Branch Spectrometer) eingewiesen zu werden (Abbildung 3). Im EOC in Oberpfaffenhofen werden die Instrumente entwickelt und ggf. gewartet, so dass die Möglichkeit besteht, zu Schulungszwecken ein baugleiches Instrument vollständig zu zerlegen und wieder zu reintegrieren.

Jedes Jahr besteht die Hoffnung, dass das Zerlegen dieses Spektrometers eine einmalige Erfahrung bleibt, denn natürlich sollen die operationellen Instrumente weitestgehend unangetastet ihren Dienst verrichten. Aber dieses Jahr hat sich die Einweisung schon besonders bezahlt gemacht: Mitte August fegte der schwerste Sturm seit Bestehen der Neumayer Station mit Spitzengeschwindigkeiten von bis zu 148 km/h (und Böen bis 204 km/h) über die Einrichtung hinweg. Dabei gab es einige Schäden inklusive eines mehrtägigen Stromausfalls im Laborbereich, so dass alle Instrumente dem antarktischen Klima daraufhin mehr oder weniger unmittelbar ausgesetzt waren. Bei -15°C war das GRIPS jedoch, Zitat „mit Schnee nur leicht überzuckert“. Und so gelang es der im letzten Jahr geschulten AWI-Mitarbeiterin, im Anschluss an die Reparatur des Labors, auch das GRIPS wieder in Betrieb zu nehmen.

Dem Engagement der Kolleginnen und Kollegen des AWI ist es zu verdanken, dass jedes Jahr Daten von gleichbleibender Qualität der Wissenschaft zur Verfügung stehen – so auch in diesem Jahr mit seinen bisweilen widrigen Randbedingungen. Auch wenn die dortige Wartung aufgrund des maximal effizient genutzten Laborraums wesentlich schwieriger ist (Abbildung 4).

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