22. Juli 2022

50 Jahre Landsat – Happy Birthday!

Vor 50 Jahren, am 23. Juli 1972, startet von der Vandenberg Air Force Base in Kalifornien der US-amerikanische Satellit Landsat-1. Es ist der Beginn einer bis heute existierenden Satellitenreihe und der Start in die Ära der Erdbeobachtung. Mit seinen vier Kanälen im sichtbaren Spektrum und dem Nahen Infrarot, sowie seiner, für damalige Verhältnisse, revolutionären Auflösung von 60 Metern konnten Wissenschaftler erstmals kontinuierlich und hochaufgelöst Entwicklungen der Landoberfläche dokumentieren. Ab 1976 war das Deutsche Fernerkundungsdatenzentrum DFD mit der Verarbeitung und Verteilung von Landsat-Daten betraut.

Landsat-1 startete zunächst unter dem Namen Earth Resources Technology Satellite, (ERTS-1). Das fernerkundliche  Aufnahmeinstrument, der Multi Spektral Scanner (MSS), erwies sich als überaus nützlich. Es erlaubte erstmals, den auch heute noch gebräuchlichen Normalized Difference Vegetation Index (NDVI) zu berechnen. Der NDVI ermöglicht es, auf die Entwicklung und Vitalität der Vegetation an der Erdoberfläche zu schließen. Durch die Daten des MSS konnte der Zustand und die Dynamik von Wäldern, Landwirtschaft und Städten beobachtet werden. Daten, die den Geowissenschaften einen neuen Schub gaben und geo-ökologischen Zusammenhänge verstehen ließen.

Seit 50 Jahren wird nun das Landsat-Programm kontinuierlich vom United States Geological Survey (USGS) verantwortet und von der NASA technisch fortgeführt. Der jüngste Satellit der Serie, Landsat-9, wurde 2021 gestartet. Er liefert auch in Zukunft multispektrale Daten mit bis zu 15 Meter Auflösung. Einer seiner Vorläufer, Landsat 5, brachte es sogar auf eine Dienstzeit von über 29 Jahren und schaffte es damit es in das Guinness Buch der Rekorde.

Das Programm hatte auch maßgeblichen Einfluss auf die europäische Erdbeobachtung. Die 1975 gegründete ESA arbeitete von Anfang an mit dem USGS zusammen. In ihrem Auftrag empfingen auch Stationen in Europa die Daten. Gleichzeitig wurden die Daten verarbeitet und gesichert. Dies war 1976 die Basis des Erdbeobachtungsprogrammes der ESA. Das bis heute existierende Earthnet-Programm setzte damals den Rahmen für den europäischen Erdbeobachtungsdatenaustausch. Sog. National Points of Contact (NPOC) in den ESA-Mitgliedsländern stellten die Verteilung der Landsat-Daten an die nationalen Nutzer sicher. Das DFD war von Anfang an als einer dieser nationaler Ansprechpartner (NPOC) für Erdbeobachtungs-Daten mit dabei und wurde somit ein gefragter Ansprechpartner in Deutschland für geographische Institute vieler Universitäten. Von Oberpfaffenhofen aus wurden die Daten auf Computer Compatible Tapes (CCT) an deutsche Universitäten und Firmen verschickt.

Gleichzeitig kamen Studenten für Diplom- und anschließend für Dr.-Arbeiten ins DFD. Besondere Anziehungskraft erzeugten hochwertige foto-chemisch erzeugte Bildprodukte verarbeiteter Satellitenszenen, welche bis Anfang der 2000er Jahre in einem eigenen Spezial-Fotolabor von DFD erzeugt wurden.

Bevor auf Beschluss der US Regierung im Jahr 2008 alle Landsat-Daten kostenfrei der Allgemeinheit zur Verfügung standen, wurden die Daten weltweit kommerziell vertrieben. In Europa durch die in Rom ansässige Firma Eurimage.  Auch hier bediente man sich der damaligen technischen Möglichkeiten des DFD, die Daten zu archivieren, zu verteilen und hochwertige, großformatige Fotos zu erzeugen.

In den 1990er Jahren begann das DFD zunächst im Auftrag der ESA mit seiner bereits für ERS eingesetzten transportablen Station auch Landsat-Satelliten im Libreville, Gabun, und später auch im mexikanischen Chetumal aufzuzeichnen.

1999 folgte eine Beauftragung für den Datenempfang in Neustrelitz für Landsat-7. Nach Auslaufen des ESA-Auftrages wurde der Empfang in direkter Kooperation mit USGS weitergeführt, und die DFD-Bodenstation in Neustrelitz wurde 2013 offizieller „International Cooperator“ im Landsat-Stationsnetzwerk. Die Zuverlässigkeit des DFD beim Datenempfang sowie die Lage von Neustrelitz im Herzen Europas bewog das USGS dazu, Neustrelitz zu einer der fünf Kern-Empfangsstationen des Landsat-Systems zu deklarieren. Heute werden jedes Jahr ca. 4000 Landsat-Passagen empfangen, zum USGS nach Sioux Falls geschickt und von dort den internationalen Nutzern, unter anderem dem europäischen Copernicus-System, zugänglich gemacht.  Dieses gelebte Prinzip einer verteilten Zusammenarbeit von Satellitenbetreibern und Bodensegment-Anbietern, wie dem DFD, diente auch als Vorbild für die Architektur der europäischen Satellitenprogramme ERS, Envisat und schließlich Copernicus.

Heute gibt es mit den Sentinel-2-Satelliten des europäischen Copernicus-Programms räumlich und zeitlich höher aufgelöste Ergänzungen zu Landsat. Die Landsat-Daten bleiben jedoch weiterhin wichtig und fester Bestandteil von Auswerteroutinen. Insbesondere der lange Zeitraum, den das Landsat-Programm abdeckt, erlaubt die Ableitung und Quantifizierung mehr-dekadischer Dynamiken. So basieren beispielsweise die Geoinformationsprodukte, wie der jährliche World Settlement Footprint oder die europaweite Ableitung von Schneelinien auf Landsat-Zeitreihen, die bis in die 1980-er Jahre zurückgehen. Landsat-Aufnahmen werden darüber hinaus in vielen Forschungsprojekten genutzt, um zusammen mit Sentinel-Daten eine noch höhere zeitliche Abdeckung zu erreichen, wie beispielsweise bei der deutschlandweiten Kartierung des Waldzustandes und der Wald-Oberstandverluste

Landsat hat auch die Entwicklung des DFD maßgeblich beeinflusst. Stationsbetrieb und Datenmanagement sind unter anderem mit den Landsat-Empfangsbetrieb gewachsen und haben sich entwickelt. Und auch wissenschaftlich bilden die Daten des Landsat-Programms weiterhin eine starke Säule für die Entwicklung von Anwendungen im ganzen EOC. 

Wir haben Landsat viel zu verdanken und wünschen von Herzen: 

Happy Birthday und viel Erfolg für die nächsten 50 Jahre!

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