9. März 2022

Black Carbon – Rußschleier auf dem weißen Kontinent

Seit 200 Jahren ist die Antarktis Ziel von Entdeckern, Forschern und zuletzt auch Touristen. Die Antarktische Halbinsel ist, aufgrund ihrer vergleichsweise leichten Erreichbarkeit, einer der ersten Anlaufpunkte und bis heute eine der frequentiertesten Regionen des weißen Kontinents.

Das bleibt nicht ohne Folgen. So hat das menschliche Treiben vor Ort, strenger Umweltauflagen zum Trotz, Spuren hinterlassen. Eine aktuelle Studie, an der auch das EOC beteiligt ist, hat großflächig den Ruß aus den lokalen Emissionen im Schnee der antarktischen Halbinsel nachweisen können. Ein kaum sichtbarer Grauschleier, der sommerliche Schmelzprozesse begünstigt.

Die Studie untersucht die Auswirkungen von Rußrückständen (engl. Black Carbon), die durch die Verbrennung fossiler Energieträger beim Betrieb von Schiffen, Flugzeugen und Forschungsstationen entstehen und sich auf dem Schnee absetzten. Dieser leichte ‚Grauschleier‘ mag für das menschliche Auge zunächst nicht erkennbar und nur auf die nähere Umgebung von Stationen und touristischen Hotspots begrenzt sein. Die Auswertung von Schneeproben an 28 Orten entlang der Halbinsel von 62°S bis 79°S hat nun gezeigt, dass die Mengen an Ruß räumlich zwar stark variieren, jedoch vielerorts einen relevanten Einfluss auf das Schmelzverhalten der oberflächennahen Schneeschichten zur Folge hat. Der Ruß ändert je nach vorhandener Menge die optischen Eigenschaften der Schneeoberfläche und reduziert das an sich sehr hohe Reflexionsvermögen der natürlichen Schneebedeckung. Eine geringere Albedo, also das Verhältnis aus reflektierter zu einfallender Sonnenstrahlung, bedeutet gleichzeig eine erhöhte Absorption von Energie an der Schneeoberfläche, was eine Beschleunigung des Schmelzprozesses in Gang setzten kann. Entsprechend der jeweiligen Rußkonzentrationen an den 28 beprobten Standorten lässt sich der zusätzliche Massenverlust der Schneeauflage pro Sommersaison auf 5 bis 23 kg/m² beziffern. Die Fläche, die von menschlichen Rußemissionen durch Tourismus und Wissenschaft entlang der Antarktischen Halbinsel betroffenen ist, wird auf eine Fläche von 100 bis max. 500 km² geschätzt (zum Vergleich: Stadt München, 310 km²). Somit ergibt sich für die Antarktische Halbinsel ein jährlicher Schneemassenverlust von 4.4 ± 2.3 Millionen Tonnen, der auf menschgemachte Rußablagerungen zurückzuführen ist. Die großen Spannbreiten für die Abschätzung der von Ruß beeinflussten Fläche und die in den Proben gefundenen Rußmengen sind von den unterschiedlichen Betriebszeiten der Stationen (ganzjährig oder nur in der Sommersaison) bzw. in touristisch geprägten Bereichen von der Frequentierung durch Schiffen abhängig. 

Die Erhebung dieses, in seinem Umfang bislang einmaligen Datensatzes, dauerte von der Saison 2016/2017 bis 2019/2020 und deckt ein Transekt über mehr als 2000 km ab. Das EOC war im November und Dezember 2016 an einer chilenisch geführten Expedition zum Union Glacier beteiligt. Während dieser Expedition wurden sowohl Messinstrumente zur Vermessung der Schneealbedo betrieben als auch die ersten Schneeproben am südlichsten Messpunkt des Transekts in den Ellsworth Mountains des transantarktischen Gebirges genommen.

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