Beschleunigte Entdeckung von Nasca-Geoglyphen mit KI
Archäologen haben mehr als 300 bislang unbekannte Geoglyphen in Peru gefunden. Damit hat sich die Zahl der Erdzeichnungen an der UNESCO-Weltkulturerbestätte Nasca nahezu verdoppelt. Die Archäologen der Universität Yamagata (Japan) nutzten bei ihrer Suche ein KI-System, das zusammen mit einem Fernerkundungsexperten des EOC und Datenwissenschaftlern von IBM Research (USA) entwickelt wurde.
Bei den Nasca-Geoglyphen handelt es sich um Zeichnungen, die sich über mehrere hundert Meter erstrecken können. Für Laien sind sie oft erst aus der Luft oder von umliegenden Anhöhen erkennbar (Abb. 2). Sie wurden im Zeitraum 100 v. Chr. bis 500 n. Chr. von der Nasca-Kultur durch das Entfernen und Aufhäufen von Steinen auf dem Wüstenplateau geschaffen und sind heute oftmals verwittert, erodiert und schwer zu erkennen.
Um das riesige Gelände der Nasca-Pampa durchsuchen zu können, haben die Forschenden ein Deep-Learning-Modell entwickelt. So war es möglich über 600 Quadratkilometern Luftaufnahmen mit einer Auflösung von zehn Zentimetern zu scannen und potentielle Geoglyphen zu identifizieren. Die Herausforderung: das Hauptaugenmerk galt den vergleichsweise kleinen Geoglyphen. Die ca. 10 Meter langen Zeichnungen sind mit ungeschultem Auge besonders schwer erkennbar. Außerdem benötigen Deep-Learning-Modelle üblicherweise zahlreiche Trainingsdaten, die vergleichbare Objekte zeigen. Solche, sogenannte gelabelte Daten sind in der Archäologie jedoch noch nicht ausreichend verfügbar.
Dennoch konnte das speziell entwickelte KI-System erfolgreich in den Luftbildern die gesuchten Geoglyphen erkennen sowie Verdachtsflächen identifizieren. Diese wurden von den Archäologen vor Ort genauer untersucht. Auf diese Weise wurden 303 figurativen Geoglyphen neu entdeckt (s. Beispiel Abb. 1). In nur sechs Monaten wurden mit KI-Unterstützung ähnlich viele Bodenzeichnungen in Nasca gefunden, wie zuvor in mehreren Jahrzehnten Feldarbeit.
Die Zeichnungen sind stark erosionsgefährdet. Insbesondere die Wassermassen, die sich bei Starkregenereignissen aus den Anden in die Pampa ergießen, können die historischen Zeugnisse unwiederbringlich zerstören. Aus diesem Grund wurde das Gelände zusätzlich mit einem Laserinstrument (LiDAR) beflogen und dreidimensional gescannt. Die hochgenauen Geländemodelle erlauben, den Weg der Fluten vorab zu berechnen. Die Modellierungen der Forscher zeigen etwa, dass bei starken Regenfällen durch die Transamerikanische Autobahn Wasser über eine Geoglyphe gelenkt wird und wie sich durch bauliche Maßnahmen die Gefahr bannen lässt.
Das Projekt zeigt, wie die Fernerkundung in Kombination mit Verfahren der künstlichen Intelligenz und computergestützter Verarbeitung großer Erdbeobachtungsdaten wesentliche Beiträge zur Entdeckung und zum Schutz unseres kulturellen Erbes leistet.