7. Juli 2025

Satellitenmissionsvorschlag „SOVA-S“ im Finale

Die Mission SOVA-S (Satellite Observation of waVes in the Atmosphere – Scout) soll global atmosphärische Schwerewellen erfassen. Sie werden in heutigen Klimamodellen nur unzureichend berücksichtigt, obwohl sie maßgeblich am Energieumsatz in der Atmosphäre mit verantwortlich sind.

Damit könnte der Missionsvorschlag SOVA-S des von OHB geführten europäischen Konsortiums aus Industrieunternehmen und Forschungseinrichtungen helfen, die Dynamik unserer Atmosphäre besser zu verstehen. Um solche Wissenslücken zu füllen hat die europäische Raumfahrtagentur (ESA) vor einem Jahr zu Vorschlägen für neue Satellitenmissionen, sogenannte „Scout-Missionen“ aufgerufen.

Die vier besten Vorschläge wurden nun von der ESA ausgewählt. Sie müssen jetzt in einer Konsolidierungsphase detailliert ausgearbeitet werden. Neben den wissenschaftlichen Zielen muss die technologische Umsetzung der Mission detailliert beschrieben und nachgewiesen werden, dass sie mit einem Budget von maximal 35 Millionen Euro umgesetzt werden kann. Am Ende der Konsolidierungsphase werden die besten zwei Vorschläge für die tatsächliche Umsetzung ausgewählt. Der Start würde im Jahr 2030 erfolgen. SOVA-S soll dann in einem sonnensynchronen Orbit in etwa 600 Kilometer Höhe für 2 bis 5 Jahre Daten sammeln.

Die atmosphärischen Schwerewellen, die SOVA-S beobachten soll, sind vergleichsweise kleinskalige, wellenartige Strömungsvorgänge mit Wellenlängen im Bereich von bis zu wenigen Kilometern und Periodendauern von bis zu einigen Stunden. Mit solchen Schwerewellen gelingt es der Atmosphäre sehr effizient, Energie und auch Impuls über weite Strecken zu transportieren. Die Wirkung entfaltet sich dann dort, wo diese Wellen brechen. Das hat Konsequenzen für die Energiebilanz und die Dynamik der Atmosphäre. Ein prominentes Beispiel für die Wirkung solcher Schwerewellen ist der Jahresgang der Temperatur in der oberen Mesosphäre, also in etwa 100 km Höhe. Dort ist es im Winter warm und im Sommer kalt. Schwerewellen sind mit den heutigen numerischen Computermodellen – wenn überhaupt - nur schwer global zu fassen. Sie werden daher zumeist nur in Form von vereinfachenden Parametrisierungen in den Modellen berücksichtigt. Kopplungsprozesse zwischen den verschiedenen Regionen der Atmosphäre werden also nicht vollständig erfasst.

SOVA-S soll mit Hilfe von zwei Kameras, die besonders für den Wellenlängenbereich des Nahen-Infrarots empfindlich sind, die Intensität des Airglows vermessen. Beim Airglow oder Luftleuchten handelt sich um das Eigenleuchten von Hydroxylmolekülen, einer Verbindung aus Sauerstoff und Wasserstoff (OH), das im Höhenbereich von etwa 80 bis 100 Kilometern auftritt. Es wirkt wie ein Kontrastmittel in der Atmosphäre und macht selbst kleinste Strömungsvorgänge sichtbar.

Während eine Kamera senkrecht nach unten blickt (Nadir) ist die andere Kamera tangential zur Erde ausgerichtet, um von der Seite in die nachtleuchtenden Schichten im Höhenbereich von etwa 90 bis 380 km zu blicken (Limb-Messung). Beide Instrumente zusammen liefern damit einen globalen Datensatz mit hoher horizontaler und vertikaler Auflösung und ermöglichen so auch ein besseres Verständnis dynamischer Störungen in der Ionosphäre.

Für die Nadir-Kamera übernehmen Forschende des EOC die wissenschaftliche Leitung (Principal Investigator/PI). Am EOC ist man seit vielen Jahren in dieser Thematik aktiv und betreibt im Kontext des internationalen Network for Mesospheric Change, NDMC, ähnliche Instrumente vom Boden und vom Flugzeug aus.

Neben einer besseren Bestimmung der Energie- und Impulsbilanz für die Atmosphäre adressiert die Mission als sekundäre Ziele weitere anwendungsorientierte Forschungsfragen. So hinterlassen auch vulkanische Aktivitäten, Erd- und Seebeben, sowie starke Zyklone Schwerewellen, die Rückschlüsse auf die Ereignisse zulassen.

Neben diesen wissenschaftlichen Missionszielen liegen die technologischen Ziele in den Bereichen neuer optoelektronischer Sensorik, der on-board / ground-based Datenprozessierung und der Demonstration kosteneffizienter EO-Missionen.

Konzeption des SOVA-S-Satelliten
Credit:

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Kontakt

Univ.-Prof. Dr. rer. nat. Michael Bittner

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