Team: Strahlungstransfer und Spektroskopie
Die satellitengestützte Fernerkundung ist ein leistungsfähiges Werkzeug zur Untersuchung atmosphärischer Prozesse, Klimadynamiken und Umweltveränderungen. Sie ermöglicht globale Beobachtungen, die in Kombination mit regionalen Messungen von Bodenstationen ein umfassendes Verständnis der atmosphärischen Bedingungen liefern. Die Analyse von Fernerkundungsdaten erfordert eine solide Grundlage in der Theorie des Strahlungstransfers, in Algorithmen zur Parameterrückführung und in rechnergestützten Methoden zur Modellierung elektromagnetischer Wechselwirkungen sowie präzise Daten zur Absorption von Spurengasen.
Unsere Forschung konzentriert sich auf vier Schlüsselbereiche, die die atmosphärische Fernerkundung untermauern:
- Theoretische Aspekte des Strahlungstransfers – Verständnis und Modellierung der Ausbreitung von Strahlung durch die Atmosphäre unter Berücksichtigung von Absorption, Emission und Streuung.
- Methoden zur Rückführung atmosphärischer Parameter – Entwicklung robuster numerischer Algorithmen zur Ableitung geophysikalischer Variablen aus gemessenen Spektren.
- Laborspektroskopie – Durchführung hochpräziser spektroskopischer Messungen zur Verbesserung molekularer Datenbanken und zur Verfeinerung von Modellen der atmosphärischen Absorption und Emission.
- Rechenmethoden zur elektromagnetischen Streuung – Weiterentwicklung theoretischer und numerischer Ansätze zur Modellierung der Streuung elektromagnetischer Wellen an atmosphärischen Partikeln.
1. Theoretische Aspekte des Strahlungstransfers
Die Modellierung des Strahlungstransfers ist eine grundlegende Komponente der atmosphärischen Fernerkundung, da sie die Simulation der Wechselwirkungen elektromagnetischer Wellen mit atmosphärischen Bestandteilen ermöglicht. Der Strahlungstransfer ist jedoch ein äußerst komplexes Phänomen, das den Einsatz anspruchsvoller numerischer Techniken zur effizienten Lösung der Strahlungstransfergleichung erfordert.
Unsere Forschung konzentriert sich auf die Entwicklung von Beschleunigungstechniken zur Lösung der Strahlungstransfergleichung, um eine effiziente Modellierung und eine nahezu echtzeitfähige Verarbeitung hyperspektraler Messungen atmosphärischer Spektrometer zu ermöglichen. Wir haben ein Strahlungstransfermodell für das ultraviolette, sichtbare und nahe infrarote Spektrum entwickelt, das auf der Methode der diskreten Ordinaten mit Matrixexponential (DOME) basiert, sowie die zugehörige Software PyDOME. Darüber hinaus umfasst unser Portfolio das zeilenweise Modell Py4CAtS für den Strahlungstransfer im infraroten und Mikrowellenbereich. Ein zentrales Forschungsinteresse ist die Entwicklung mehrdimensionaler Strahlungstransfermodelle, die horizontale Inhomogenitäten wie Variationen in Wolkenstrukturen und Aerosolverteilungen berücksichtigen. Diese Modelle verbessern die Genauigkeit der Interpretation von Fernerkundungsdaten, indem sie über traditionelle eindimensionale Näherungen hinausgehen, die oft eine zu starke Vereinfachung der realen atmosphärischen Bedingungen darstellen.
2. Methoden zur Rückführung atmosphärischer Parameter
Das inverse Problem in der Fernerkundung umfasst die Bestimmung atmosphärischer Eigenschaften – wie Gas- und Aerosolkonzentrationen, Temperaturprofile sowie Wolken- und Aerosolcharakteristika – aus Satellitenmessungen. Da die beobachteten spektralen Daten in der Regel nichtlineare Funktionen der atmosphärischen Zustandsvariablen sind, erfordern Rückführungsalgorithmen fortschrittliche numerische Optimierungs- und Regularisierungstechniken, um stabile und genaue Lösungen zu gewährleisten.
Wir arbeiten aktiv an der Verbesserung klassischer Rückführungsansätze durch Optimierung der Algorithmen, Verfeinerung der Regularisierungsmethoden und Steigerung der rechnerischen Effizienz. Zusätzlich untersuchen wir maschinelle Lernverfahren, um die Rückführung atmosphärischer Parameter zu erleichtern – insbesondere zur schnellen Verarbeitung großer und komplexer Messungen moderner hyperspektraler Instrumente. Die Kombination aus physikbasierten und datengetriebenen Methoden hat das Potenzial, den Rückführungsprozess erheblich zu beschleunigen, ohne dabei an Genauigkeit zu verlieren.
3. Laborspektroskopie
Die Fernerkundung zur genauen Bestimmung der Menge und Verteilung atmosphärischer Spurengase basiert auf spektroskopischen Datenbanken (z. B. HITRAN, SAO, JPL), die Parameter wie Linienposition, Linienstärke, Linienverbreiterung oder Absorptionsquerschnitte enthalten. Diese Datenbanken werden in der Regel durch Laboruntersuchungen gewonnen und müssen regelmäßig aktualisiert werden, um den Anforderungen neuer Satellitenmissionen gerecht zu werden, die oft eine höhere Präzision erfordern als die aktuell verfügbaren Daten bieten.
In unserem Labor untersuchen wir atmosphärisch relevante Gasmoleküle mithilfe eines Fourier-Transformations-Absorptionsspektrometers (FT-Spektrometer). Dieses Spektrometer und die zugehörigen Messmethoden wurden über die Jahre kontinuierlich weiterentwickelt, um hochauflösende Ergebnisse sowohl für reine Gase als auch für komplexe Gasgemische zu erzielen. Verschiedene Strahlungsquellen können dabei eingesetzt werden. Die gemessenen Spektren werden anschließend mit der von uns entwickelten Multispectrum Fitting Software ausgewertet, um präzise spektrale Parameter für die Datenbanken bereitzustellen.
4. Rechenmethoden zur elektromagnetischen Streuung
Die elektromagnetische Streuung spielt eine entscheidende Rolle in der atmosphärischen Fernerkundung, insbesondere bei der Untersuchung von Aerosolen und Wolkenpartikeln. Theoretische Fortschritte in diesem Bereich sind notwendig, um genau zu beschreiben, wie elektromagnetische Wellen mit atmosphärischen Partikeln unterschiedlicher Form, Zusammensetzung und Orientierung interagieren.
Die Streuung an nicht-sphärischen Partikeln stellt aufgrund ihrer hohen Dimensionalität und der damit verbundenen rechnerischen Anforderungen eine besondere Herausforderung dar. Um diese Probleme zu bewältigen, entwickeln wir numerische Methoden zur Berechnung der Streuung, die sowohl für kugelförmige Partikel (unter Verwendung der Mie-Theorie) als auch für willkürlich geformte Partikel (mit Methoden wie der T-Matrix-Methode und der Diskreten Dipolapproximation) anwendbar sind.
Diese Rechenwerkzeuge verbessern die Genauigkeit der Charakterisierung von Aerosolen und Wolken in der Fernerkundung, während gleichzeitig die Leistungsfähigkeit für großflächige Simulationen optimiert wird.