Information Fusion zur Lageerfassung und Entscheidungsunterstützung in Krisenlagen

Geoinformationssysteme in Gefahrenabwehr und Katastrophenmanagement

GIS-basierte Zusammenführung von Informationen für die Entscheidungsunterstützung

In der Gefahrenabwehr und Katastrophenhilfe müssen Einsatzkräfte oft unter Zeitdruck Entscheidungen für große, komplexe Gebiete treffen. Unsere Methode der Informationsfusion kombiniert relevante Daten zu einer verständlichen Lageübersicht.

Ereignisse wie Starkregen, Überflutungen, Stürme oder Gasaustritte können ganze Städte oder Regionen betreffen und verändern sich dynamisch. Gleichzeitig stehen zahlreiche, sehr unterschiedliche Datenquellen zur Verfügung: Wetter- und Umweltdaten, Informationen zu Gebäuden oder auch Sensordaten und Augenzeugenberichte aus dem Einsatzgebiet.

Um diese Informationsflut sinnvoll nutzbar zu machen, kombinieren unsere Methoden der Informationsfusion alle relevanten Daten zu einer verständlichen, integrierten Lageübersicht. Dabei berücksichtigen wir sowohl die Qualität der Daten als auch bestehende Unsicherheiten. Durch diese integrierte und dynamische Analyse entsteht ein räumlich aufgelöstes, aktuelles Risiko-Lagebild. Einsatzkräfte und Entscheidungsträger*Innen erhalten somit eine fundierte Grundlage, um Maßnahmen schneller zu planen, Prioritäten gezielter zu setzen und Risiken verlässlicher einzuschätzen.

Kaskadenanalyse: Wie KRITIS-Services voneinander abhängen

Strom, Wasser, Verkehr, Kommunikation oder medizinische Versorgung – diese und weitere Kritische Infrastrukturen (KRITIS) sind im Alltag unverzichtbar und in Einsatz- oder Krisenlagen besonders entscheidend. Der Ausfall eines einzelnen Services kann weitreichende Folgen haben: Ohne Strom funktionieren Pumpen nicht, blockierte Straßen behindern Rettungskräfte oder eingeschränkte Kommunikationswege erschweren die Koordination. Solche verketteten Auswirkungen nennt man Kaskadeneffekte. Sie entstehen, wenn der Ausfall eines Services weitere Services beeinträchtigt. Diese Abhängigkeiten sind oft komplex und entwickeln sich dynamisch.

Unsere Methoden der Kaskadenanalyse ermitteln daher nicht nur die Verfügbarkeit einzelner KRITIS-Services, sondern auch ihre komplexen Abhängigkeiten. So lassen sich Schwachstellen erkennen, Ausfallszenarien simulieren und potenzielle Folgewirkungen frühzeitig sichtbar machen. Das Ergebnis ist ein räumlich detailliertes, aktuelles Lagebild, das zeigt, welche Services bedroht sind und was die Ursache für den Ausfall ist.

Gebiete priorisieren und sektorisieren

Bei großräumigen Einsatzlagen ist es entscheidend, betroffene Gebiete schnell zu strukturieren und nach ihrer Dringlichkeit zu bewerten. Kriterien wie Schadensausmaß, Bevölkerungsdichte, Erreichbarkeit oder der Zustand Kritischer Infrastrukturen beeinflussen, welche Bereiche priorisiert werden sollten. Ohne eine klare Priorisierung geht wertvolle Zeit verloren, während sich Lage und Risiken weiter verschärfen.

Unsere Methoden unterstützen diesen Prozess durch eine dynamische Priorisierung und Sektorisierung von Einsatzgebieten. Dafür verknüpfen wir geografische Daten, aktuelle Lageinformationen und raumbezogene Risikofaktoren. Daraus entstehen handhabbare Einsatzsektoren, die sich gut auf einzelne Teams verteilen lassen und jeweils vergleichbare Anforderungen mitbringen. Das Ergebnis ist eine klare und übersichtliche Gebietsstruktur, die Einsatzorganisationen dabei unterstützt, Ressourcen gezielt einzusetzen, Arbeitsabläufe zu koordinieren und Maßnahmen effizient und situationsgerecht zu planen. Auf diese Weise schaffen wir in unseren Forschungsprojekten die Grundlage für wirksame Schutzkonzepte, die den Herausforderungen heutiger und zukünftiger Kritischer Infrastrukturen gerecht werden. Gleichzeitig tragen wir dazu bei, Risiken frühzeitig zu erkennen, zu bewerten und für Entscheidungsträger greifbar zu machen.

Die Vorteile unserer Methoden auf einen Blick

  • Volle Transparenz: Alle Ergebnisse sind klar nachvollziehbar und begründbar.
  • Nutzung frei verfügbarer Daten: Für unsere Methoden müssen meist keine Geo-Daten zugekauft werden.
  • Einbindung von Expert*Innenwissen: Individuelle Erfahrungen und Präferenzen können integriert werden.
  • Vielseitig einsetzbar: Die Methoden sind für zahlreiche Einsatzszenarien und Anwendungen geeignet.
  • Kompatibel mit gängigen GIS-Systemen: Die Ergebnisse lassen sich in bestehende Arbeitsumgebungen einbinden.

Weiterführende Informationen

  • Moritz Schneider, Lukas Halekotte, Andrea Mentges & Frank Fiedrich:
    Dependent Infrastructure Service Disruption Mapping (DISruptionMap): A method to assess cascading service disruptions in disaster scenarios
    Scientific Reports, Volume 15

Kontakt

Dr.-Ing. Daniel Lichte

Abteilungsleiter
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Institut für den Schutz terrestrischer Infrastrukturen
Resilienz - und Risikomethodik
Rathausallee 12, 53757 Sankt Augustin