| Raumfahrt, Luftfahrt

Lernen von den Mäusen, Nacktmullen und Menschen

Titiaan Post
Doktorand Titiaan Post untersucht mit Studien die Auswirkungen von Sauerstoffmangel auf den Menschen.

Still ist es in der Proband/innen-Station des DLR-Instituts für Luft- und Raumfahrtmedizin. In jedem der einzelnen Zimmer befindet sich eine Teilnehmerin oder ein Teilnehmer der Studie ChronOx, die der niederländische Doktorand für seine Promotion durchführt. Für diese Studie hat Titiaan Post durchschnittliche Schläfer/innen gesucht. Nicht die, die die Nacht zum Tag machen, und auch nicht die, die am liebsten schon vor der Sonne aufwachen. Für ihn ist es wichtig, dass seine Proband/innen möglichst durchschnittlich sind, damit er eine Frage beantworten kann: Ist Hypoxie, also der Mangel an Sauerstoff, auch einer der Taktgeber für den Schlaf und beeinflusst den menschlichen Körper in seinem Rhythmus? Die dafür durchgeführte Studie ChronOx, bei der Probandinnen und Probanden in der DLR-Forschungseinrichtung :envihab unter reduziertem Sauerstoffgehalt leben und schlafen, ist eine von mehreren Studien am DLR, in denen der niederländische Doktorand Proband/innen untersucht und so die Auswirkungen auf den menschlichen Körper und dessen Leistungsfähigkeit erforscht.

Vom Labor in die klinische Forschung

Blutabnahmen, während die Probandinnen und Probanden schlafen

Zuvor hatte Titiaan Post sich in den Niederlanden auf die pharmazeutische Forschung konzentriert. Nach einem Bachelor an der Vrije Universiteit Amsterdam schloss er ein Masterstudium an der Universiteit Leiden an – und kam von der Forschung, die zum größten Teil auf gute Laborarbeit setzt, zur Forschung, bei der er ein zum Sportlerdoping eingesetztes Nierenmedikament untersuchte und dabei mit Athletinnen und Athleten zusammenarbeitete. „Das hat mich dann für die klinische Forschung mit Proband/innen interessiert“, erläutert er, was ihn zum DLR geführt hat. Als er bei einem Besuchstermin die :envihab-Forschungsanlage und ihre Möglichkeiten für Studien besichtigte, bestärkte ihn dies in einer Entscheidung: Seine Doktorarbeit sollte in Kooperation zwischen dem Centre for Human Drug Research (Leiden), dem Medizinischen Zentrum der Universität Leiden und dem DLR erfolgen. Also Koffer gepackt, eine Wohnung in Köln gesucht und seitdem arbeitet er am DLR-Institut für Luft- und Raumfahrtmedizin.

Zur Arbeit von Titiaan Post gehört auch die Planung von Abläufen und Personal

Bei der ChronOx-Studie war der 32-Jährige erstmals verantwortlich für die Leitung einer Studie, legte Kriterien für die Auswahl der richtigen Proband/innen fest, plante Abläufe und Personal neben seiner wissenschaftlichen Arbeit und wertet nun die gewonnen Daten aus. Alleine das Studiendesign war dabei sehr anspruchsvoll, denn Post musste sicherstellen, dass die Proband/innen in sauerstoffreduzierter Umgebungsluft keinerlei anderen Taktgebern für ihren Tag-Nacht-Rhythmus ausgesetzt waren: Gleichbleibend schwache Zimmerbeleuchtung vergleichbar mit Kerzenlicht, keine Zeitgeber wie Uhren, Handys oder ähnliches, keine anstrengenden Aktivitäten und zeitweise Isolation im eigenen Zimmer, um alle Informationen über die Außenwelt zu unterbinden.

Hilfe bei Schlafmangel und Schäden bei Herzinfarkten

Dass Sauerstoffmangel Auswirkungen auf die innere Uhr hat, konnte bisher von Wissenschaftlern nur an Mäusen belegt werden. „Die Forschung steht dabei noch sehr am Anfang“, betont Titiaan Post. Neben den Mäusen haben aber auch andere Tiere noch Vorbildcharakter für die Studien, die Post mit gesunden Menschen macht: die Nacktmulle. Das ostafrikanische Nagetier empfindet kaum Schmerzen, übersteht schwere Krebserkrankungen und schalten bei Sauerstoffmangel von einem glukose- auf einen fruktosebasierten Stoffwechsel um. Mit der Studie Fructoxia untersucht Post daher, ob Proband/innen in einer sauerstoffreduzierten Umgebungsluft durch die Einnahme von Fruktose dennoch eine gute Leistung abliefern. Die Ergebnisse dieser verschiedenen Studien, die in seine Promotion einfließen, könnten Patient/innen zugutekommen, die unter Schlafmangel oder auch an Schäden durch Sauerstoffmangel bei Schlaganfällen oder Herzinfarkten leiden.