DLR Magazin 140 - page 10-11

Hinter einer fünf Meter hohen Glasfassade präsentieren sie sich den Passanten: Zwei mit Elektronik vollgestopfte High-
tech-Flugsimulatoren. In sich bergen sie ein Flugzeug- und ein Hubschrauber-Cockpit. Am 5. Juni 2013 nahm das DLR das
Simulatorzentrum AVES (Air Vehicle Simulator) am DLR-Standort Braunschweig in Betrieb. Die Forscher untersuchen dort,
wie Piloten mit neuen Techniken im Flug zurechtkommen und wie sie das Pilotentraining im Simulator weiter verbessern
können. Die Flugversuchsvorbereitungen für den größten DLR-Forschungsflieger ATRA und den fliegenden Hubschrauber-
Simulator (FHS) finden ebenfalls in der modernen Forschungsanlage statt. Der langjährige DLR-Luftfahrtredakteur Hans-Leo
Richter war dort
und machte seine ganz eigenen Erfahrungen mit den Simulatoren ...
Mit dem Flugsimulator AVES Forschung auf Flight Level Zero
Von Hans-Leo Richter
Heute schon
wie morgen fliegen
Flughöhe 3.500 Fuß, Geschwindigkeit 150 Knoten, Kurs
260 Grad west – der Airbus A320 befindet sich im final, im di-
rekten Landeanflug auf die Landebahn 26 des Forschungsflug-
hafens Braunschweig. Die Sicht ist exzellent, die nur geringen
Turbulenzen kann ich mit dem prächtig in der Hand liegenden
Sidestick mühelos ausgleichen. Mit Hilfe des horizontalen und
des vertikalen magentafarbenen Rhombus jeweils in der Mitte
der Skala zeigt mir das Instrumentenlandesystem ILS auf dem
„primary flight display“ direkt in meinem Blickfeld, dass der Air-
bus den Landekurs wie auch den vorgegebenen Gleitpfad abso-
lut korrekt einhält.
Der Copilot setzt stufenweise die Landeklappen, fährt bei
2.000 Fuß das Fahrwerk aus. Mit nur noch sehr geringen Steuer-
ausschlägen am Sidestick halte ich den Airbus genau auf die
Center Line der vorausliegenden Landebahn. Schon erteilt mir die
synthetische Stimme des Radarhöhenmessers die präzisen Höhen-
angaben, zunächst in Hunderter-Schritten, dann in Zehner-Abstu-
fungen. Bei 30 Fuß nehme ich die Schubhebel voll zurück, und
schon setzt der Airbus auf. Sofort ziehe ich die beiden Reverser-
Hebel und betätige damit die Schubumkehr der Triebwerke, zu-
gleich bremst das Auto-Brake-System den tonnenschweren Air­
liner spürbar ab. Geschafft! – War doch gar nicht so übel.
Ende eines realen Fluges? Wohl kaum – ich besitze nicht
einmal eine Fluglizenz für kleine Ultraleicht-Flugzeuge, geschwei-
ge denn eine ATPL, die Verkehrspilotenlizenz für die „dicken
Brummer“. Und mein Copilot ist ebenfalls kein lizensierter Flug-
zeugführer, sondern Dr.-Ing. Holger Duda, Leiter der Abteilung
Flugdynamik und Simulation des DLR-Instituts für Flugsystem-
technik in Braunschweig. Zudem ist er Leiter des Gesamtprojekts
AVES (Air Vehicle Simulator), des neuen Simulatorzentrums des
DLR. Mit diesem Simulatorflug zeigt mir Dr. Duda das höchst
realistische Flugerlebnis dieser in Europa einzigartigen Versuchs-
einrichtung, die es – unter fachkundiger Anleitung – sogar mir
als fliegerischem Laien ermöglicht, eine hinlänglich ordentliche
Landung hinzulegen.
Zwei vollwertige Simulatoren
Äußeres Zeichen von AVES ist vor allem der durch seine
weiße Kuppel auffallende, dank der drei Doppelstelzen über sechs
Freiheitsgrade bewegliche Full-Flight-Simulator in der großen ver-
glasten Halle des Simulatorzentrums. Im hinteren Teil der Halle
Blickfang in der Halle des Simulatorzentrums AVES ist der Full-Flight-
Simulator, eine auf beweglichen Stelzen fixierte Kugelkonstruktion
für die wahlweise Aufnahme des Airbus- oder des Helikopter-Cockpits
DLR-Pilotin Insa Pruter am Steuer des Helikopters EC135 im AVES-
Simulator. Sämtliche Bedienelemente und Anzeigen entsprechen dem
Original des Forschungshubschraubers FHS.
FLUGSIMULATOR
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