Forschungsthema

Aeroelastische Simulation von Windenergieanlagen

Für die aeroelastische Simulation und Analyse von Windenergieanlagen (WEA) werden Modelle verschiedener Komplexität und Verfahren zur Bestimmung ihrer Eigenschaften entwickelt. Von besonderem Interesse ist dabei das Schwingungsverhalten durch Wechselwirkung von elastischer Struktur und instationärer Aerodynamik. Mit eigenen Methoden wird der Einfluss unscharfer Parameter auf die Systemdynamik analysiert. Um im Strukturentwurf Bauteile von Windenergieanlagen auslegen zu können, werden Betriebslasten benötigt, für deren Berechnung wir entsprechende Werkzeuge selbst entwickeln.

Aeroelastische Modelle von Windenergieanlagen

Für Vorhersagen des Aeroelastischen Verhaltens von Windenergieanlagen werden, abhängig von der Fragestellung, Modelle verschiedener Komplexität benötigt. Sie müssen im Wesentlichen die Wechselwirkung aus Strömung und Struktur beschreiben. Besonders auf Seiten der Aerodynamik unterscheiden sich schnelle Modelle und komplexe Modelle stark voneinander. In der Lastberechnung kommen hauptsächlich Modelle nach Blattelementen-Impulstheorie zusammen mit instationären Erweiterungen mit wenigen Freiheitsgraden zum Einsatz. Dem gegenüber stehen CFD-Modelle, bei denen der Raum für die Berechnung der Strömung um die Anlage in finite Volumina diskretisiert wird. Typische Netze umfassen etwa 100 Millionen Zellen. Es werden für Simulationen die Werkzeuge Bladed, HAWC2, Simpack, Ansys, AeroDyn und der DLR-Strömungslöser TAU eingesetzt.

Stabilität rotierender Systeme

Alle diese Modelle sind für Simulationen durch Zeitintegration geeignet. Eine Linearisierung der Gleichungen, die das gekoppelte System beschreiben, ist mit einigen der genannten Werkzeuge möglich, wenn man einen stationären Gleichgewichtszustand voraussetzt. Auf diesem Weg sind schnelle Aussagen zum Schwingungsverhalten und zur Stabilität des WEA-Modells möglich.

Wenn eine direkte Linearisierung nicht möglich ist, weil die Eigenschaften des untersuchten Systems und damit auch seine Gleichgewichtszustände periodisch sind oder weil das Werkzeug nicht über die entsprechenden Möglichkeiten verfügt, sind alternative Verfahren vonnöten. Zu diesem Zweck werden im DLR-Institut für Aeroelastik Methoden entwickelt und angewendet, die auf der Zerlegung linearer periodischer Systeme nach der Floquet-Theorie beruhen. Die Zustandsübergangsmatrizen, die das System beschreiben, werden dabei aus Fundamentallösungen gebildet, die Ergebnisse der Zeitintegration sind. Die Basis für diese Analysen sind dabei periodische Gleichgewichtszustände, die durch Asymmetrien wie Gravitationskräfte oder die Neigung der Rotorebene im Modell hervorgerufen werden.

Schwingungsverhalten einer Windkraftanlage - Eigenfrequenzen, Dämpfung und Beteiligungsfaktor aus der Floquet-Analyse

Einfluss unscharfer Parameter

Ein WEA-Modell ist ein abstraktes Abbild einer komplexen Maschine. Es wird durch vereinfachende Annahmen zu einer handhabbaren mathematischen Beschreibung. Zudem unterliegen die realen Maschinen Variationen durch Fertigung, sich ändernde Umgebungsbedingungen oder Degradation. Modelle mit unscharfen Parametern in Form von Häufigkeitsverteilungen erlauben es, die Abweichungen von der Realität explizit zu berücksichtigen. Im Institut wird der Einfluss von Modellunsicherheiten auf das vorhergesagte Schwingungsverhalten von WEA untersucht. Dabei ist das Open-Source-Framework wtuq entstanden, das eine Schnittstelle zwischen Unsicherheitsanalyse (Uncertainty Quantification, UQ) und Turbine Simulation Tools herstellt.

Kontakt

Prof. Dr. Holger Hennings

Leitung Aeroelastische Simulation
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Institut für Aeroelastik
Bunsenstraße 10, 37073 Göttingen