Forschungsthema

Instationäre Aerodynamik

Das Thema instationäre Aerodynamik spielt in der Luft- und Raumfahrttechnik eine entscheidende Rolle. Es erforscht die komplizierte dynamische Natur der aerodynamischen Kräfte und Momente, die entstehen, wenn sich flexible Flugzeuge oder Drehflügler durch die Strömung bewegen. Ein Einblick in die instationäre Aerodynamik ist unerlässlich für die Entwicklung sicherer und effizienter Flugzeuge und die Vorhersage ihrer dynamischen Leistung unter realen Bedingungen. Die Forschungsthemen konzentrieren sich auf Modellierung, Methodenentwicklung und Modellvalidierung.

Modellierung

Im Kern der Disziplin der instationären Aerodynamik steht die Herausforderung der Modellierung. Dynamische aeroelastische Anwendungen erfordern eine umfassende Beschreibung der instationären aerodynamischen Phänomene, wobei das Flattern - ein instabiles, potenziell katastrophales Phänomen - im Mittelpunkt steht. Das komplexe Zusammenspiel zwischen aerodynamischen Kräften und Strukturdynamik erfordert anspruchsvolle Modelle, die in der Lage sind, die subtilen Wechselwirkungen zwischen Luftströmung und Struktur genau zu erfassen.

Die Modellierung der instationären Aerodynamik hat sich von der vereinfachten zweidimensionalen Streifentheorie und dreidimensionalen Panel-Methoden zur komplexeren numerischen Strömungsmechanik (CFD) entwickelt, die sowohl für Starr- als auch für Drehflügelkonfigurationen geeignet ist.

Diese Verbesserungen bei der Modellierung ermöglichen ein tieferes Verständnis des aerodynamischen Verhaltens, insbesondere im transsonischen Bereich, wo konventionelle Methoden aufgrund komplexer Strömungsphänomene, wie z. B. instationäre transsonische stoßinduzierte abgelöste Strömungen, an ihre Grenzen stoßen. Ein Beispiel für solche Berechnungen ist in Abbildung 1 dargestellt, wo die instationäre Strömung, die einer Buffetbedingung über einem Flügel im transsonischen Bereich entspricht, mit hybriden RANS/LES-Simulationen (HRLM) simuliert wird. Darüber hinaus besteht ein wachsendes Interesse an der Berücksichtigung aerodynamischer und struktureller Nichtlinearitäten, wodurch Phänomene wie Grenzzyklusschwingungen beleuchtet werden können.

Methodenentwicklung

Die Methodenentwicklung in der instationären Aerodynamik ist durch ein Streben nach Präzision und Vielseitigkeit gekennzeichnet. Die Aktivitäten konzentrieren sich auf die Analyse von Strömungen bei hohen Reynoldszahlen sowohl im Unterschall- als auch im transsonischen Bereich. Einige der für diese Arten von Strömungen entwickelten Methoden beinhalten die Integration lokaler korrelationsbasierter Übergangsmodelle in die Reynolds-gemittelten Navier-Stokes-Gleichungen (RANS).

Das Auftreten von Böen und Turbulenzen, die für die Sicherheit von Flugzeugen von entscheidender Bedeutung sind, erfordert sorgfältige Methoden zur genauen Simulation von diskreten Böen und kontinuierlichen Turbulenzen. Der Linear-Frequency-Domain (LFD)-Löser wurde entwickelt und in den CFD-Code TAU des DLR implementiert, der sich in der europäischen Industrie zu einem effizienten Standardmodellierungsansatz für die Berechnung von Flattergrenzen und linearisierten Lasten entwickelt hat. Das Team untersucht auch die nichtlinearen Effekte, die sich aus dem Zusammentreffen mit turbulenten Strömungen hoher Amplitude ergeben, und extrahiert Eigenschaften, die von linearisierten Methoden nicht erfasst werden. Darüber hinaus unterstreicht die Integration der Auswirkungen starrer und flexibler Strukturbewegungen sowie von Flugsteuerungssystemen in High-Fidelity-Modelle den Bedarf an umfassenden Methoden, die in der Lage sind, verschiedene Herausforderungen zu bewältigen.

Die Aeroservoelastik erweist sich als ein zentrales Konzept, das eine Brücke zwischen Aerodynamik, Strukturdynamik und Steuerungssystemen bildet. Ihre Bedeutung für den modernen Flugzeugentwurf kann gar nicht hoch genug eingeschätzt werden, da Leichtbaustrukturen und fortschrittliche Flugsteuerungssysteme die Grenzen traditioneller Methoden sprengen. Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf der Entwicklung neuer Techniken zur Erstellung hochgenauer aeroservoelastischer Zustandsraummodelle, die auch im transsonischen Bereich gültig sind und die Analyse und den Entwurf komplexer Regler ermöglichen, auch wenn diese durch Nichtlinearitäten und parametrische Unsicherheiten herausgefordert werden. Letztlich ermöglichen die daraus resultierenden aeroservoelastischen Modelle den Entwurf von Reglern zur Minderung von Böenlasten oder zur aktiven Flatterunterdrückung, indem sie die aus dem instationären aerodynamischen Modell resultierende Unsicherheit verringern.

Abbildung 4: Mit dem aeroelastischen Zustandsraummodell (Loewner) erzeugte verallgemeinerte aerodynamische Kraft im Vergleich zu den Referenzdaten im Frequenzbereich (LFD) für eine vertikale Böe

Weitere Aktivitäten konzentrieren sich auf analytische Ansätze, einschließlich Modellierungsmethoden für schwache nichtlineare Systeme, parametrische lineare Modelle und Flatterlöser.

Modell-Validierung

Die Modellvalidierung ist ein entscheidender Faktor für die Bewertung der Wirksamkeit theoretischer Konzepte in realen Anwendungen. Trotz bemerkenswerter Fortschritte bei der Modellierung und Methodenentwicklung bleibt die Validierung eine kritische, aber komplexe Aufgabe. Angesichts der inhärenten Unsicherheit, die mit instationären aerodynamischen Modellen verbunden ist, sind robuste Validierungsmethoden entscheidend, um das Vertrauen in ihre Vorhersagefähigkeiten zu erhalten.

Ein spezieller Forschungsbereich befasst sich mit den instationären aerodynamischen Eigenschaften natürlicher laminarer Tragflächen, auch unter Windkanalbedingungen. Dabei werden die erheblichen Auswirkungen der statischen aeroelastischen Verformung und die durch mögliche Verschmutzung verursachten Turbulenzkeile berücksichtigt. Ein weiterer Schwerpunkt ist die Erforschung der instationären Aerodynamik von Nurflügelkonfigurationen, insbesondere von solchen, die durch eine wirbeldominierte Strömung bei hohen Anstellwinkeln gekennzeichnet sind.

Abbildung 5: Nurflügelkonfiguration bei hohem Anstellwinkel zur Veranschaulichung der Bildung von starken Wirbeln. Ein Reynolds-Spannungsmodell (RSM) zur Schließung von Turbulenzen wurde verwendet

Ein weiterer Schwerpunkt ist die Analyse der instationären Aerodynamik von Steuerflächen, ein wichtiges und komplexes Thema, insbesondere unter transsonischen Bedingungen.

Abbildung 6: Aerodynamische Lasten als inkrementeller Druck aufgrund einer Klappenschwingung bei 75% der Sehnenposition
Ermittelt mit der Impulsidentifikationsmethode im Zeitbereich und LFD im Frequenzbereich, verglichen mit experimentellen Daten

Die instationäre Aerodynamik ist ein faszinierendes Gebiet der Luft- und Raumfahrttechnik, welches Einblicke in die komplexe Wechselwirkung zwischen Luftströmung und Flugzeugbewegung bietet. Mit der Weiterentwicklung der Modellierungstechniken und der Verfeinerung der Validierungsmethoden wird das Streben nach einem tieferen Verständnis dieser dynamischen Interaktion fortgesetzt, was die Innovation vorantreibt und die Zukunft der Luftfahrt prägt.

Kontakt

Prof. Dr. Holger Hennings

Leitung Aeroelastische Simulation
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Institut für Aeroelastik
Bunsenstraße 10, 37073 Göttingen