Lageerfassung von Infrastrukturen

Durch die technologischen Fortschritte u.a. in der Informationstechnik, Sensorik und Datenverarbeitung ist es heute in den verschiedensten Bereichen üblich, aktuelle Lageinformationen auf Karten und Bildschirmen anzuzeigen. Für die Darstellung wurden bereits Unmengen von grafischen Elementen entwickelt, mit denen Gelände, Umweltbedingungen, Ressourcen und Zustände auch dargestellt werden können. Diese Elemente im Kontext zueinander arrangiert und bewertet helfen, dass verschiedenste Aufgaben- und Fragestellungen besser beantwortet werden können. Das gilt auch für Lagebilder, die aus verschiedensten Blickwinkeln heraus sich mit dem aktuellen Sicherheits- und Schutzstatus maritimer Infrastrukturen auseinandersetzen. Sie dienen effektiv dazu, das Situationsbewusstsein zu schärfen. Mit zunehmender Datenflut und Informationsvielfalt sind mittlerweile die Lagebilddarstellungen und die dafür erforderlichen Datenaustauschprozesse sehr komplex, schwer handhabbar und teilweise unübersichtlich geworden. Das birgt zunehmend die Gefahr, dass die sicherheitsrelevanten Lageinformationen nicht immer in (R)Echtzeit™ den Akteuren und Einsatzkräften vorliegen. Das erschwert ein koordiniertes und damit wirksames Vorgehen der Einsatzkräfte. Um dieses Defizit zu kompensieren, kommunizieren heutzutage die Einsatzkräfte noch zusätzlich über Funk oder SMS, jedoch oftmals mit unklarem Erfolg.

Die geplanten Entwicklungen des Instituts konzentrieren sich auf die Bestimmung des Schutzstatus maritimer Infrastrukturen, wobei die Lageerfassung sich auf maritime Szenarien und ihre weitere Umgebung bezieht (z.B. Hafenstädte und Küstenzonen, Hafenanlagen, Transport- und Verkehrswege, Sicherungs- und Energieanlagen, Seewege). Für Systeme, die für eine schutzrelevante Lageerfassung dienen, werden hohe Anforderungen an den Betrieb gestellt (24/7). Dazu gehören ein zuverlässiges Funktionieren unter schlechten Wetter- und Sichtbedingungen wie auch hohe räumliche Auflösungen und Lagegenauigkeiten, um z.B. Bedrohungen und Gefährdungen verschiedenster Art (u.a. Terrorismus, Kriminalität, Wetterereignisse, Havarien) zuverlässig detektieren zu können. Im Rahmen seiner Mission Lageerfassung stellt sich das Institut folgenden komplementären Herausforderungen:

Um den Schutzstatus einer maritimen Infrastruktur erfassen zu können, sind bereits für die Betriebssicherheit genutzte Informationen (u.a. Positions- und Verkehrsdaten, Bord- und Küstenradare, Wetterdaten) mit Zusatzinformationen (u.a. optische und radarbasierte Satellitendaten, Sonar- und Laserdaten) in (R)Echtzeit™ zusammenzuführen sowie räumlich und zeitlich zu synchronisieren (siehe Bild 1). Für eine echtzeitnahe 3D-Darstellung der schutzstatusbezogenen Lagebilder ist es notwendig, dass verschiedenste Bild- und Messdaten so aufbereitet, arrangiert und verwendet werden, dass einerseits die Geometrien der Objekte genau erfasst und zu ihrer Identifikation genutzt werden und andererseits potentielle Gefahren und Änderungen in der Gefährdungslage rechtzeitig detektiert werden können.

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Lageerfassung
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Das Lagebild entspricht dann eher einer „3D Lagewelt“, die in Zeitscheiben über die ganze Beobachtungsdauer hin dargestellt werden kann, einschließlich der Bewegungen von Objekten (z.B. Personen, Fahrzeuge, Container) oder der geplanten Ankunft bestimmter Objekte in der Lageszene.

Die Lagebilder zum Schutzstatus maritimer Infrastrukturen sollen weitestgehend automatisiert erzeugt werden. Für die Generierung werden Lösungsansätze gesucht, die mit einem möglichst geringen Datenumfang eine zuverlässige Bereitstellung aktueller Lagebilder erreichen. Damit wird angestrebt, dass die Übertragung der wichtigsten Informationen auch in Systemen anderer Nutzer mit geringen Bandbreiten erfolgen kann. Im Rahmen der Entwicklung von Systemen zur schutzstatusbezogenen Lageerfassung sollen auch Konzepte untersucht werden, mit denen eine weitere Komprimierung von Informationen sensor- wie serviceseitig erreicht werden kann. Schutzstatusbezogene Lagebilder erfordern eine kontextbezogene Darstellung der Szeneninhalte bis hin zur Klassifizierung  des Schutzstatus von Personen oder Teilen der Infrastruktur, um eine vorausschauende Analyse hinsichtlich potentieller Gefahren und Gefährdungsänderungen zu erreichen. Als Sichtsysteme für die verschiedensten Nutzergruppen kommen dabei Monitore, Pads, Mobiltelefone wie auch VR/AR-Sichtsysteme in Frage (siehe Bild 2). Die Auslegung der Sichtsysteme, z.B. durch Kombination von Monitoren und Pads, soll es ermöglichen, dass den unterschiedlichen Nutzergruppen Daten unterschiedlichen Gehalts oder unterschiedlicher Sicherheitsstufen zugänglich gemacht werden können.

Dies erfordert neue Lösungen bei der Sensorentwicklung, der schnellen On-Board-Prozessierung, bei der Datenübertragung und bei einer automatisierten Datenanalyse (machine-learning), verbunden mit einer vorausschauenden Analyse potenzieller Risiken durch technische Fehler oder Angriffe auf das System.

Die Entwicklung von neuen Sensortechnologien im Bereich der aktiven optischen Sensorik und Sensorsysteme dient der Komplettierung des Sensorportfolios, dass für eine schutzstatusbezogene Lageerfassung maritimer Infrastrukturen erforderlich ist. Die Sensorentwicklung umfasst neben der Bereitstellung von Messdaten auch die Entwicklung von Methoden, mit denen sich die Messdaten für die Lageerfassung aufbereiten, integrieren und verfeinern lassen. Eine erste Entwicklung des Instituts ist das kompakte Range-Gating System zur Überwachung küstennaher Bereiche, dass im Rahmen des Projekts TRAGVIS bereits auf dem Bodensee erprobt wurde (s. Darstellung bei Gruppe Sensorik). Es ist geplant, dass eigenentwickelte Sensortechnologien unter Einsatz verschiedener Trägerplattformen im Kontext verschiedener Anwendungen demonstriert werden (Flugzeug, UAV, Schiff, Fahrzeug, Turm, Unterwasserfahrzeuge).

Die Generierung und Nutzung von Lagebildern soll auf festinstallierten Systemen wie auch mobilen Systemen (Stereosichtsysteme) ermöglicht werden. Obwohl die Nutzung der neuartigen virtuellen „Lagewelten“ primär für den operativen Einsatz konzipiert werden, sollen sie auch der Simulation und dem Training der Nutzer dienen und eine Auswertung nach dem Einsatz unterstützen. Für Lagebilder mit Sicherheitsrelevanz ist es auch erforderlich, dass der bei der Generierung genutzte Cyberraum selbst geschützt wird. Um die technologischen Entwicklungen in allen Bereichen zügig in die Anwendungen überführen zu können, sind Schnittstellen in vorhandene Lagebildsysteme vorgesehen, die Partnern und Nutzereinrichtungen die echtzeitnahe Verwendung der bereitgestellten Sensor- und Lageinformationen in ihren für ihre Zwecke zertifizierten Systemen erlauben (bis zur teilweisen Anonymisierung von Daten).