Am heutigen Dienstag, 2. Mai 2006, ist um 08:16 Uhr (MESZ) die Höhenforschungsrakete MAXUS 7 vom Startplatz Esrange bei Kiruna in Nordschweden erfolgreich gestartet. Sie trug während des knapp dreizehnminütigen Flugs in der Schwerelosigkeit verschiedene Experimente ins All, von denen man sich neue Erkenntnisse für die Grundlagenforschung erhofft. Mit an Bord war auch ein Experiment des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR), das technische Gusslegierungen in Aerogel-Öfen untersuchte.
Die Schwerkraft beeinflusst alle chemischen, biochemischen oder physikalischen Vorgänge, bei denen unterschiedlich schwere, flüssige Substanzen beteiligt sind. So verhalten sich Wasser und Öl unter dem Einfluss der Schwerkraft immer so, dass das Öl auf dem Wasser schwimmt. Ohne die Schwerkraft würden sie eine perfekte Emulsion bilden. Die Forschung in Schwerelosigkeit ist dann notwendig, wenn man das Verhalten der Substanzen ohne die durch die Schwerkraft ausgelösten Effekte untersuchen will.
Auf MAXUS 7 flogen zwei vom Kölner DLR-Institut für Raumsimulation entwickelte Aerogel-Öfen, die ihre Funktionstauglichkeit bereits im Rahmen der Höhenforschungsraketenexperimente TEXUS 39 und TEXUS 41 unter Beweis gestellt hatten. Durch die Verwendung von Aerogelen als Tiegelmaterial ermöglichen die Öfen Experimente zur gerichteten Erstarrung von metallischen Legierungen unter sehr kontrollierten Bedingungen und mit direkter Beobachtung, da die Quarzglas-Aerogele durchsichtig sind. Solche Aerogele sind hochporöse Körper, die praktisch keine Wärme leiten und nicht mit metallischen Schmelzen reagieren.
Mit den Experimenten untersuchen die Forscher, wie sich bei der Erstarrung von Legierungen die einzelnen Stoffe verhalten und welche Gefüge sie bilden. Daraus wollen sie Vorhersagen für die Verbesserung technischer Gussprozesse auf der Erde ableiten. Im Vordergrund der Forschungsarbeiten stehen technische Legierungen. Das Gefüge von Legierungen und damit ihre Eigenschaften werden ganz wesentlich vom Wärme- und Stofftransport in der Schmelze bestimmt. Damit spielen Strömungen jeglichen Ursprungs eine herausragende Rolle. Die Schwerkraft und die von ihr erzeugten Strömungen beeinflussen unmittelbar den Stoff- und Wärmetransport. Deshalb ist das Experimentieren unter Schwerelosigkeit von entscheidender Bedeutung.
Das seit 1990 bestehende MAXUS-Programm, ein Jointventure von EADS SPACE Transportation und der schwedischen Raumfahrtagentur Swedish Space Corporation (SSC), wird vorrangig vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) und der Europäischen Weltraumorganisation ESA genutzt. Die Rakete bringt die MAXUS-Forschungsprogramme auf eine Parabelflugbahn, deren Gipfelpunkt in einer Höhe von 715 Kilometer liegt. Die Flugbahn der Rakete ist vergleichbar mit dem senkrechten Wurf eines Balls nach oben. Sobald der Ball die Hand verlässt, befindet er sich bereits in der Schwerelosigkeit, im so genannten freien Fall, auch wenn er sich zunächst noch nach oben bewegt. Sobald die Raketenstufe ausgebrannt ist, befinden sich auch die Experimente im freien Fall, wobei die gesamte Dauer der Schwerelosigkeit von der Fallhöhe abhängt. Ein Fallschirm bringt die Experimente auf MAXUS sicher zur Erde zurück. Mit Höhenforschungsraketen kann zu vergleichsweise günstigen Konditionen Forschung in der Schwerelosigkeit betrieben werden. Weitere Vorteile liegen in der flexiblen Flugfrequenz und im schnellen Zugriff auf die Experimentdaten.