100 Starts - ein kurzer Überblick über das Trägersystem Ariane 5
Am 25. September 2018 startete eine Ariane 5 zum 100. Mal vom europäischen Weltraumbahnhof in Französisch-Guyana. Der Jubiläumsstart verlief problemlos, und zwei Telekommunikationssatelliten wurden in einem geostationären Transferorbit (GTO) abgesetzt. Von diesem stark elliptischen Orbit werden die Satelliten mit ihren bordeigenen Antrieben einen kreisrunden geostationären Orbit (GEO) über dem Äquator in zirka 36.000 Kilometern Höhe ansteuern. Wer den Start verpasst hat, kann sich hier die Aufzeichnung ansehen. Viele weitere Details zur Mission gibt es im offiziellen Presse-Kit des Raketenbetreibers Arianespace. Fotos der Startkampagne gibt es hier.
Den 100. Start eines Trägersystems kann man nicht jeden Tag verkünden. Daher möchte ich diesen Blog zum Anlass nehmen, eine kleine Übersicht über das vielseitige Trägersystem Ariane 5 zu geben. Es zählt ohne Zweifel zu den erfolgreichsten Trägersystemen der Raumfahrtgeschichte. Ursprünglich wurde Ariane 5 für den Start des europäischen Raumgleiters Hermes entwickelt. Am Ende fehlte jedoch der politische Wille, beziehungsweise das Geld, Hermes zu Ende zu entwickeln. Die Entwicklung der Ariane 5 war jedoch bereits sehr weit vorangeschritten, dass man sich entschied, den Träger für Satellitenstarts zu verwenden. Die Geburt der Ariane 5 war eine sehr schwere. Der erste Start endete mit dem Absturz des Trägers. Im Laufe der Jahre entwickelte sich Ariane 5 allerdings zu einem der zuverlässigsten und erfolgreichsten Trägersysteme weltweit.
Ariane 5 ist seit 22 Jahren in Betrieb. Bei ihren 100 Starts gab es nur zwei Fehlschläge mit Totalverlust der Rakete und drei Teilerfolge, bei denen die Satelliten in der falschen Umlaufbahn ausgesetzt wurden. Je nachdem wie man es betrachtet, ergibt sich eine Erfolgsquote von 95 bis 98 Prozent. Ein ausgezeichneter Wert für eine Trägerrakete. Von 2003 bis 2017 startete Ariane 5 82 Mal erfolgreich in Folge. Erfolgreicher in dieser Kategorie ist nur die US-amerikanische Delta II mit 100 erfolgreichen Starts in Folge. In ihren 22 Dienstjahren startete das europäische Arbeitspferd insgesamt 207 Nutzlasten für 68 verschiedene Kunden. Dies entspricht mehr als 790 Tonnen Nutzlast. Davon hatten 170 Satelliten als Ziel einen GTO, und 153 waren Telekommunikationssatelliten. Obwohl der Fokus von Ariane 5 eindeutig auf dem Doppelstart von Telekommunikationssatelliten liegt, ist es ein vielseitig einsetzbares Trägersystem. Neben den zahlreichen kommerziellen Nutzlasten startete Ariane 5 auch viele wissenschaftliche Missionen. So zum Beispiel XMM-Newton (1999), Envisat (2002), Rosetta (2004) und die Mission Herschel und Planck (2009). Fünfmal flog eine Ariane 5 das Automated Transfer Vehicle (ATV) zur ISS, und in drei Flügen wurden insgesamt zwölf Galileo-Satelliten erfolgreich ins All gebracht. Am 19.10.2018 soll die Merkurmission BepiColombo starten. Im Jahr 2020 wird Ariane 5 den Nachfolger des Hubble-Weltraumteleskops starten - James-Webb-Weltraumteleskop.
Ariane 5 wurde im Laufe der Jahre stetig weiterentwickelt und verbessert. Insgesamt gibt es fünf verschiedene Versionen. Ariane 5 G, G+, GS, ES und ECA, siehe Abbildung 1. Ariane 5 ES verwendet in ihrer Oberstufe das wiederzündbare Aestus-Triebwerk. Mit dieser Version wurden zum Beispiel alle ATVs und zwölf Galileo-Satelliten gestartet. Inzwischen ist nur noch die leistungsstärkste Variante ECA im Einsatz. Abbildung 2 zeigt eine Übersicht aller Starts der Ariane 5 nach Version.
Alleine bei der ECA-Version beträgt die Leistungssteigerung über 15 Prozent seit 2005, siehe Abbildung 2. Die blaue Kurve in Abbildung 3 zeigt die sogenannte generische Leistung und die orangen Punkte markieren die tatsächlich erreichte Leistung ausgewählter Starts. Die generische Leistung ist quasi die Katalogleistung der Rakete. Durch cleveres Missionsdesign, Ausnutzen von Treibstoffreserven und Auswahl von Komponenten, die sich bei Tests als außerordentlich gut herausgestellt haben, war es bei vielen Missionen möglich, die Standardleistung zu übersteigen. Der aktuelle Rekord von 10,865 Tonnen wurde im letzten Jahr aufgestellt. Bis zum Ende ihrer Lebenszeit sind weitere Leistungssteigerungen fest eingeplant.
Abbildung 4 zeigt alle Nutzlastmassen, die jemals mit Ariane 5 gestartet wurden. Während es in den ersten Jahren Nutzlasten mit allen möglichen Startmassen gab, spezialisierte sich Ariane 5 immer mehr zum perfekten Träger für Doppelstarts von kommerziellen Telekommunikationssatelliten. Ab 2010 ist die typische Masseverteilung für Doppelstarts gut zu erkennen - in Abbildung 4 grün hinterlegt. Der schwerere Satellit befindet sich dabei immer in oberer Position, der leichtere in der unteren. Zudem sind einige Highlights in der Abbildung gesondert hervorgehoben.
Auch ein so erfolgreiches Trägersystem wie Ariane 5 kann nur endlich weiterentwickelt werden, weswegen entschieden wurde, die alte Dame ab 2020 langsam in den Ruhestand zu schicken und durch die modernere und günstigere Ariane 6 abzulösen. Ariane 5 soll 2023 zum letzten Mal starten.
Fakten Ariane 5
- Erster Start: 1996 (Fehlschlag)
- Erster erfolgreicher Start: 1997
Zwei Fehlschläge, drei Teilerfolg
- Zuverlässigkeit: > 95 Prozent
- 82 erfolgreiche Starts in Folge (2003-2017)
- 207 Nutzlasten mit 790 Tonnen Gesamtmasse wurden gestartet
Schwerste gestartete Einzelnutzlasten nach Orbit
- Niedriger Erdorbit (LEO): ATV zur ISS, ca. 20 Tonnen
- Mittlerer Erdorbit (MEO): Envisat; 8,2 Tonnen
- Geostationärer Transferorbit (GTO): TerreStar 1; 6,9 Tonnen
- Bisherige Bestleistung: 10.865 Tonnen in einen GTO
Weiterführende Links
Ariane-5-Seite des DLR
Ariane 5-Meilensteine auf Arianespace.com
Ariane-5-Seite der ESA
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