Wie Pflanzen Schwerkraft wahrnehmen

Der NASA-Astronaut Shane Kimbrough auf der ISS
In dem Behälter werden in Schwerelosigkeit verschiedene Salatpflanzen angebaut.
Credit:

NASA

Natürlich gibt es beim Pflanzenwachstum außer der Photosynthese noch viele andere wichtige Vorgänge. Woher weiß eine Pflanze zum Beispiel, in welche Richtung sie wachsen muss? Oder anders gefragt: Warum wächst der Spross nach oben und die Wurzel nach unten? Der obere Teil der Pflanze – also alles über dem Erdboden – wächst zum Licht hin. Bleibt die Frage, wie die Wurzeln ihre Richtung nach unten finden. Das geht so: In den Wurzeln und im Spross befinden sich bestimmte Zellen, die vereinfacht gesagt kleine Stärkekörnchen enthalten. Diese Körnchen werden durch die Schwerkraft nach unten gezogen. Das kannst du dir wie kleine Sandkörnchen in einem Glas Wasser vorstellen: Da sinken die Körnchen ja auch von der Schwerkraft angezogen zu Boden. Wenn die Stärkekörnchen bestimmte Bereiche der Zellmembran berühren, wird ein chemisches Signal erzeugt, dass die Wachstumsrichtung der Wurzel beeinflusst. Also: Die Körnchen sinken nach unten, treffen auf den „Boden“ der Zelle, lösen da ein Signal aus – Ping! Und das gibt dann die Richtung an, in die die Wurzeln wachsen.

Jetzt gehen wir von der Erde ins All! Was passiert wohl mit einer Pflanze in Schwerelosigkeit? In welche Richtung wachsen da ihre Wurzeln?

Pflanzen-Experiment
Vergleiche mal die beiden Fotos und achte auf die Richtung, in der die Wurzeln gewachsen sind: Oben siehst du den Versuch auf der Erde, das untere Bild zeigt denselben Versuch auf der ISS in Schwerelosigkeit.
Credit:

Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover, Scherer.

Ohne die Erdanziehung sinken die Körnchen nicht mehr nach unten. Die Pflanze verliert dadurch gewissermaßen die Orientierung. Daher wachsen die Wurzeln jetzt nicht mehr in eine bestimmte Richtung, sondern ganz zufällig in alle möglichen Richtungen. Das erkennst du gut an den Fotos von einem Experiment, das im Jahr 2008 in einem Labor auf der Erde und zum Vergleich auch auf der ISS durchgeführt wurde. Beim Versuch auf der Erde (oberes Bild) wachsen die Wurzeln der Pflanze namens „Acker-Schmalwand“ wie üblich schön gerade nach unten, in Schwerelosigkeit (unteres Bild) in alle Richtungen.

Doch auch wenn die Pflanzen in Schwerelosigkeit anders wachsen als auf der Erde: Immerhin wachsen sie auch dort! Mit entsprechenden Nährstoffen und ausreichendem Licht versorgt wurde so auch schon Salat auf der ISS gezüchtet. Warum das wichtig ist? Dass Pflanzen in Schwerelosigkeit gut gedeihen können, ist für lange Flüge durchs All von Bedeutung. Bis zum Mond sind es zwar nur drei oder vier Tage, aber wenn eine Crew von der Erde bis zum Mars fliegt, dauert das rund ein halbes Jahr. Da herrscht an Bord andauernd Schwerelosigkeit und in dieser ganzen Zeit sollten sich die Astronautinnen und Astronauten auch mit frischer Kost wie Salat oder Tomaten ernähren können. Schauen wir uns als nächstes die Situation nach der Ankunft am Ziel an.