Der fallende Aufzug

NASA
Um zu verstehen, wie die Astronautinnen und Astronauten schwerelos durch die ISS schweben können, überlegen wir uns erst mal ein einfaches Beispiel auf der Erde. Wir stellen uns vor: Eine Person würde sich in einem Aufzug an die Decke hängen und loslassen. Zugegeben: Das macht man eigentlich nicht, aber es ist ja nur ein Gedankenexperiment. Natürlich fällt die Person dann einfach auf den Boden des Aufzugs. Wenn aber das Kabel des Aufzugs reißt und er abstürzt … Keine Angst, das kann in Wirklichkeit nicht passieren! Also: Wenn der Aufzug nach unten saust und die Person sich gleichzeitig von der Decke fallen lässt, passiert etwas Spannendes: Die Person fällt jetzt nicht mehr auf den Boden, sondern sie schwebt frei in der Kabine herum. Sie ist im Aufzug schwerelos.
Du fragst dich jetzt vielleicht: Aber ist der Aufzug nicht schneller, weil er schwerer ist? Die Antwort lautet: nein. Nimm mal ein Blatt Papier und lass es zu Boden fallen. Du wirst sehen, dass es ziemlich lange dafür braucht. Jetzt knüllst du das gleiche Blatt Papier zusammen und lässt es nochmal fallen. Auf einmal fällt es viel schneller. Was schließen wir daraus? Dass ein Blatt Papier schwerer wird, wenn man es zusammenknüllt? Natürlich nicht! Das Blatt ist durch das Zusammenknüllen nicht schwerer geworden. Die Lösung liegt in der Luft. Und zwar im wahrsten Sinne: Die Luft besteht nämlich aus winzig kleinen Teilchen. Und sie bremsen fallende Objekte ab. Das nennt man den Luftwiderstand. Und die zerknüllte Papierkugel bietet der Luft weniger Angriffsfläche als ein normales Blatt Papier, trifft also auf weniger Luftwiderstand und fällt deshalb schneller. Also: Wie schnell ein Gegenstand auf die Erde fällt, hängt in erster Linie von seinem Luftwiderstand ab. Wenn aber irgendwo keine Luft ist wie z. B. auf dem Mond, dann fallen alle Dinge gleich schnell. Das hat einer der Apollo-Astronauten auf der Mondoberfläche sogar einmal vorgemacht. Sina hat das in ihrem Film auch schon kurz erwähnt. Hier nochmal das ganze Video, bei dem ein Hammer und eine Feder auf den Mondboden fallen.

Hammer und Feder auf dem Mond
Für die Wiedergabe dieses Videos auf Youtube.com ist Ihre Zustimmung zur Speicherung von Daten ('Cookies') erforderlich. Unter Datenschutz-Einstellungen können Sie Ihre Wahl einsehen und verändern.
NASA
Zurück zu unserem Aufzug: Er fällt nach unten und alles in seinem Inneren fällt gleich schnell mit – und schwebt dadurch. Schwerelos wird man also, wenn man Richtung Erdmittelpunkt fällt. Das nennt man in der Physik den „freien Fall“.
Mit der Internationalen Raumstation ist es ähnlich wie mit dem Aufzug in unserem Gedankenexperiment: Sie befindet sich ebenfalls in einem freien Fall. Allerdings nicht senkrecht nach unten, sondern um die Erde herum. Und zwar mit einer ziemlich hohen Geschwindigkeit von 28.000 Kilometern pro Stunde. Wäre sie nicht so schnell, würde sie auf die Erde fallen. Aber mit diesem hohen Tempo fällt sie gewissermaßen andauernd an der Erde vorbei – und alles, was sich im Inneren der Station befindet, fällt mit ihr mit. Darum herrscht auf der Raumstation Schwerelosigkeit.
Weil das mit dem freien Fall um die Erde herum schwer zu verstehen ist, hier noch ein anderes Beispiel: Wir verkleinern mal in Gedanken die ISS und stellen uns eine Plastikflasche vor – am besten mit drei kleinen Spielzeugfigürchen drin. Die Flasche ist in diesem Beispiel die ISS, die Figürchen – du hast es erraten – sind die Astronautinnen und Astronauten. Wenn du die Flasche schräg nach oben wirfst, fällt sie in hohem Bogen durch die Luft und landet nach einigen Metern wieder auf der Erde. Die Figürchen im Innern bewegen sich auf diesem kurzen Flug genauso schnell wie die Flasche und purzeln in ihr umher. Für einen kleinen Augenblick sind sie in der Flasche schwerelos – bis zum Aufprall auf dem Boden. Könntest du die Flasche aber so fest und schnell werfen, dass sie mit hoher Geschwindigkeit um die ganze Erde herumfliegt – tja, dann würden die Figürchen in ihrem Inneren die ganze Zeit schweben. Und genau das passiert in der Raumstation. Sie fällt und fällt und fällt in hohem Bogen um die Erde – und die Astronautinnen und Astronauten in ihrem Inneren fallen mit ihr mit. Das Plastikflaschen-Experiment kannst du ja mal ganz einfach nachmachen. Um Spielzeugfigürchen hineinzubekommen, muss man sie erst aufschneiden und danach wieder verkleben. Noch einfacher geht es, wenn du ein paar Papierkügelchen einfach durch die Öffnung hineingibst. Wirf die Flasche dann einfach direkt vor dir etwas in die Höhe und beobachte, was darin passiert. Du wirst sehen: Die Papierkügelchen schweben in der Flasche umher.