Neue Materialien, Zucker und Schokolinsen

Neben der Medizin gibt es noch andere Forschungsbereiche, die die Schwerelosigkeit nutzen. Da werden unter anderem die Abläufe bei der Herstellung von neuen Materialien getestet. Beispielsweise erhitzt man in speziellen Öfen verschiedene Metalle, bis sie flüssig werden. Dann untersucht man, was in dieser flüssigen Schmelze passiert. Wie lassen sich dabei zwei unterschiedliche Metalle gleichmäßig vermischen? Bei welchen Temperaturen funktioniert das am besten? Das lässt sich ohne die störende Schwerkraft viel besser beobachten – und die Ergebnisse werden dann auf der Erde eingesetzt, um hier die Produktion in der Metallindustrie zu verbessern.

Hier noch ein Video mit Karsten Schwanke, in dem wir einige dieser Forschungsarbeiten kurz erklären:

Die verrückte Welt der Schwerelosigkeit
Viele interessante und lustige Aufnahmen von der ISS

Besonders interessant ist bei all diesen Forschungsarbeiten, dass ohne die Schwerkraft plötzlich andere Kräfte zum Vorschein kommen, die sonst von ihr „überlagert“ werden. Ein einfaches Beispiel haben der deutsche ESA-Astronaut Alexander Gerst und seine italienische Kollegin Samantha Cristoforetti in einem Experiment vorgeführt, das wir uns speziell für junge Leute überlegt hatten. Alex hat dabei Zucker in einem kleinen Beutel hin und her geschüttelt und Samantha hat Schokolinsen in einem durchsichtigen Behälter schweben lassen. In beiden Fällen zeigte sich: Die kleinen Teilchen – egal ob Zucker oder Schokolinsen – schwebten zwar etwas umher, klumpten aber dann aneinander. Denn immer wenn Zuckerstückchen oder Schokolinsen zusammenstießen, wurden sie durch den Aufprall etwas langsamer, bis sie sich durch die vielen Zusammenstöße kaum noch bewegten und schließlich aneinanderklebten. Dabei verteilen sich die Teilchen aber nicht gleichmäßig im Raum, wie man es erwarten könnte. Sondern sie bilden „Klumpen“ – sogenannte Cluster. Dieses Phänomen konnte man so nur in Schwerelosigkeit beobachten. Man musste also die Schwerkraft gewissermaßen ausschalten, um es untersuchen zu können. Hier kannst du dir das Video ansehen – und da erklärt Samantha auch, was das Ganze mit Waschpulver und mit der Entstehung von Planeten zu tun hat:

Kleine Teilchen und große Planeten
Flying Classroom mit Alexander Gerst und Samantha Cristoforetti
Credit:

ESA, DLR

Schwerelosigkeit bedeutet: Es gibt kein „Leicht“ und „Schwer“. Dabei treten auch andere seltsame Effekte auf. Ein Beispiel: Auf der Erde ist heiße Luft leichter als kalte Luft. Deshalb steigt sie über einer brennenden Kerze nach oben und dadurch strömt von der Seite kalte Luft zur Kerze nach. Mit dieser kalten Luft kommt auch Nachschub an Sauerstoff zur Kerze und dadurch brennt sie so schön hell, wie wir es von Kerzen eben kennen. In Schwerelosigkeit aber steigt die heiße Luft nicht nach oben: Sie ist ja genauso leicht oder schwer wie die übrige Luft. Also kann auch keine kalte Luft mit frischem Sauerstoff nachströmen. Da Feuer aber Sauerstoff zum Brennen benötigt, wird die Flamme immer kleiner und kleiner. Das siehst du hier auf diesen beiden Bildern im Vergleich:

Flammen
Links eine Kerzenflamme auf der Erde, rechts in Schwerelosigkeit
Credit:

NASA

So, das war unser kurzer Ausflug in die Welt der Schwerelosigkeit. Wie du sehen konntest, bleibt uns auf der Erde viel verborgen, was sich erst in Schwerelosigkeit deutlich zeigt. Deshalb ist es wichtig auch in Zukunft weiter in und mit Schwerelosigkeit zu forschen, denn es gibt noch viel zu entdecken.