Sonardrohnen-Systeme MPS² und S2D2


Markus Erwig / Polizei NRW

Die drohnengetragenen Sonar-Systeme sind kompakt, leicht und wendig. Sie navigieren auch in engen Bereichen, die mit herkömmlicher Technik faktisch unzugänglich sind und eignen sich für Einsätze in gefährlichen Zonen wie Überschwemmungsgebieten.
Sonarsysteme werden in der Regel per Schiff zum Einsatzort transportiert. Das ist meist aufwändig, zeitintensiv und bindet wichtiges Einsatzpersonal. Die vom DLR-Institut für den Schutz terrestrischer Infrastrukturen entwickelten Sonardrohnensysteme hingegen sind schnell einsatzbereit und können eigenständig zum Einsatzort fliegen. Die Systeme lassen sich von nur zwei Personen mit einer handelsüblichen, ferngesteuerten Drohne in Betrieb nehmen und bedienen.
Aufgrund ihrer kompakten, leichten Bauweisen und hohen Wendigkeit ist die Sonardrohne in der Lage, auch enge Bereiche zu erreichen, die mit herkömmlicher Technik, wie Helikoptern oder Booten, faktisch unzugänglich sind – etwa dicht bewachsene Ufer oder Baumgruppen. Durch diese kann die Drohne problemlos navigieren. Darüber hinaus eignen sich die Systeme für Einsätze in gefährlichen Zonen, beispielsweise Überschwemmungsgebieten oder Gewässern mit hoher Strömung, in denen Lebensgefahr für Einsatzkräfte herrschen kann.
Kompatibel mit verschiedenen Drohnen
Das DLR-Institut für den Schutz terrestrischer Infrastrukturen hat zwei Versionen des drohnengetragenen Sonar-Systems entwickelt: Beide sind modular und erweitern eine handelsübliche Drohne um einen Sonar-Detektor und ein Schwimmgestell. Die Steuerung der Drohne ist bewusst vom Sonar abkoppelt. Dadurch ist zum einen ein Dual-Operator-Betrieb möglich, zum anderen bleibt das System kompatibel mit verschiedenen Drohnen, da keine Modifikationen an der Drohnen-Software notwendig ist.
Durch ein sichere Echtzeit-Funkübertragung werden die Sonardaten von der Drohne über Entfernungen von bis zu 800 Metern an eine Bodenstation gesendet, wo sie vor Ort analysiert werden können. Alternativ können die Daten beispielsweise via VPN-Tunnel an eine Leitstelle, ein Live-Lagebild oder bei Bedarf an Sonarexperten weitergeleitet werden, um zusätzliches Expertenwissen hinzuzuziehen. Während Schwimmgestell und das Bedienkonzept in beiden Varianten identisch sind, kommen je nach Anwendung unterschiedliche Sonardetektoren zum Einsatz, die jeweils spezifische Vorteile haben.
Multi Point Sonar System (MPS²)
Das MPS²-System verwendet ein Live-Scope-Sonar, das stationär und vorwiegend in ruhenden Gewässern wie Stau- oder Badeseen eingesetzt wird. Es ermöglicht, von einem Punkt aus ein 160° weites Unterwasserbild aufzunehmen. Durch Drehen der Drohne lässt sich ein 360°-Rundumblick erzeugen. Ein großer Vorteil der Live-Scope-Technik ist es, Objekte aus verschiedenen Perspektiven betrachten zu können. Dazu kann das vom DLR entwickelte sogenannte Hop2Scan-Verfahren eingesetzt werden: Ein definierter Unterwasserbereich kann von mehreren Eintauchpunkten aus analysiert werden. Dazu fliegt die Drohne eine definierte Position im Gewässer an, taucht dort - ohne zu landen - den Sonarkopf ins Wasser, scannt den Bereich, steigt wieder auf und wiederholt diesen Vorgang an allen weiteren Punkten des Messrasters. Aufgrund der einzelnen Scanmanöver eignet sich das System besonders für die detaillierte Begutachtung kleinerer Bereich, weniger für großflächige Abrasterungen.
Side Scan Datenerfassung mittels Drohne (S2D2)
Das S2D2 System verwendet ein Side-Scan-Sonar, das nur in Bewegung funktioniert. Das Sonar wird durch das Gewässer gezogen und zeichnet die jeweiligen Daten zeitlich und örtlich versetzt zueinander auf. Die einzelnen Scans werden dann zu einem Gesamtbild des Gewässers zusammengesetzt. Das Side-Scan-Sonar eignet sich besonders für fließende Gewässer und arbeitet auch bei hohen Fließgeschwindigkeiten zuverlässig. Mit einer Schleppgeschwindigkeit von 2,8 km/h über Grund liefert es einen schnellen Überblick über großflächige Szenarien. Ein sicherer Einsatz des Systems ist bei Fließgeschwindigkeiten von bis zu 25 km/h möglich.
Die Kombination aus Multikopter und Sonarsystem ist leicht transportierbar, schneller einsatzbereit und erreicht den Einsatzort schneller als herkömmliche Systeme. Zudem liefert sie präzise Geodaten des Standorts, ist wartungsfreundlich, kosteneffizient und reduziert Gefahren für menschliches Leben erheblich.
Sonardrohnen auf einen Blick
• Modulares System für die einfache Sonar-Erweiterung kommerzieller Drohnen
• Keine Modifikation der Drohnensteuerung beziehungsweise Software notwendig
• Schwimmgestell bei Modell S2D2 optional
• Multi Point Sonar System für verbesserte räumliche Sonarauflösung durch verschiedene Perspektiven
• Erreicht auch für Boote unzugängliche Bereiche (zum Beispiel bewachsene Ufer)
• Schnelle Einsatzbereitschaft und von zwei Personen bedienbar
• Echtzeitdatenübermittlung an Offsite-Experten oder Leitstellen möglich
• Leichtes und Kompaktes CFK-System (1,3 kg)
• Typische Flugzeit (zum Beispiel DJI M300): 35 Minuten
• Schleppgeschwindigkeiten von bis zu 6 km/h möglich
• Echtzeit Funkübertragung von bis zu 800 m
• S2D2 System auch in stark strömenden Gewässern sicher einsetzbar
Kontakt
Dr.-Ing. Christof Hammer