16. Juni 2025

Flattern oder Buffeting – am Ende gar kein Unterschied?

Linearisierte Stabilitätsanalyse eines klassischen aeroelastischen 2-Freiheitsgrad-Systems in transsonischer, abgelöster Strömung
Die Torsionsmode (T) koppelt mit der fluiddynamischen Mode (F), während der Staudruck bei konstanter Machzahl von 0.73 langsam erhöht wird. Das gekoppelte System flattert in der Nähe der Buffet-Frequenz, obwohl die Strömung allein in unserem Modell stabil ist.

Wenn Flugzeuge im Flug anfangen zu vibrieren, wird es unangenehm, schlimmstenfalls sogar gefährlich. Strömungsinduzierte Schwingungen an Tragflächen oder Leitwerken können katastrophale Folgen haben. Genau mit diesen Phänomenen beschäftigen wir uns am Institut für Aeroelastik. Unsere Aufgabe: zu verstehen, wann und warum ein Flugzeug in der Luft zu schwingen beginnt – und wie man das vermeiden kann. Zwei der bekanntesten Ausprägungen solcher Schwingungen heißen Flattern und Buffeting. Klassisch wurden sie immer als zwei verschiedene Dinge betrachtet. Unsere aktuelle Forschung zeigt: Diese strikte Trennung hält einem genaueren Blick nicht stand.

Zwei Begriffe, ein Kernproblem

Was ist Flattern? Im klassischen Sinne spricht man von Flattern, wenn eine elastische Bauteilstruktur – etwa ein Tragflügel – bei zunehmender Strömungsgeschwindigkeit instabil wird. Zwei ihrer Eigenmoden, etwa eine Biege- und eine Torsionsschwingung, koppeln über die instationären Luftkräfte miteinander und beginnen, sich gegenseitig aufzuschaukeln. Überschreitet man eine bestimmte Geschwindigkeit, die sogenannte Flattergrenze, kommt das System nicht mehr zur Ruhe: Die Schwingungen wachsen exponentiell an. Das ist hochgefährlich – und die rechnerische sowie experimentelle Absicherung dagegen ist daher aufwendiger Teil jeder Flugzeugneuzulassung.

Buffeting hingegen wurde bisher anders verstanden. Hier geht man davon aus, dass sich die Strömung von sich aus instabil verhält – zum Beispiel bei transsonischen Geschwindigkeiten mit starker Strömungsablösung. Diese instabile Strömung erzeugt oszillierende Luftkräfte, die anschließend die Struktur des Flugzeugs in Bewegung versetzen. Die Struktur antwortet – aber sie wird nicht als ursächlich beteiligt angesehen. Der gefährliche Bereich beginnt hier mit dem sogenannten Buffet-Onset, der sich bereits an einer starren Flügelgeometrie in Strömungssimulationen oder in Windkanalexperimenten identifizieren lässt – so die Theorie.

Eine neue Sichtweise auf Buffeting

In unseren numerischen Simulationen konnten wir jedoch zeigen: Auch das Buffeting lässt sich als Stabilitätsproblem auffassen – wie das Flattern. Der Unterschied: Es koppeln nicht zwei strukturelle Eigenmoden, sondern eine strukturelle und eine tieffrequente, fluiddynamische Mode. Diese tritt besonders in transsonischen Strömungen mit leichter Grenzschichtablösung auf. Die Strömung zeigt dann von sich aus gedämpfte Eigenschwingungen. Wenn jetzt zusätzlich eine elastische Struktur ins Spiel kommt, ergibt sich daraus wieder ein gekoppeltes System, das instabil werden kann.

Die entstehenden Schwingungen könnte man zunächst für reine Antwortschwingungen halten, jedoch liegt deren Frequenz nur in der Nähe und nicht exakt auf der ursprünglichen Frequenz der reinen strömungsmechanischen Buffet-Instabilität. Außerdem stellt man fest, dass der vermeintliche Buffet-Onset anscheinend von der Elastizität der antwortenden Struktur abhängt – und damit kein rein strömungsmechanisches Merkmal mehr ist. Das dürfte in der alten Denkweise nicht sein. Die einzige Erklärung: Wir erleben keine Antwortschwingung, sondern Flattern „mit begrenzter Amplitude“ – sogenannte Grenzzyklusschwingungen. Die klassische Unterscheidung in „Antwort“ (Buffeting) und „Instabilität“ (Flattern) beginnt zu verschwimmen.

Neue Erkenntnisse, neue Herausforderungen

In CFD-Simulationen konnten wir den Übergang vom klassischen Flattern in anliegender Strömung zum sogenannten Fluid-Mode-Flattern in abgelöster Strömung an verschiedenen Konfigurationen zeigen. Besonders spannend: Im abgelösten Strömungsbereich – also genau dort, wo man lange Zeit dachte, Flattern spiele keine Rolle – zeigen sich diese neuen Instabilitäten. Und dafür braucht es meist nur einen strukturellen Freiheitsgrad. Der zweite Freiheitsgrad wird quasi vom Fluid bereitgestellt. Ähnliches wurde früher bereits experimentell beobachtet – die Verbindung zum Buffeting jedoch nicht als solche erkannt.

Diese Erkenntnisse haben Konsequenzen für die Flatterbewertung von Flugzeugen. Wir müssen Flatteranalysen künftig vielleicht auch in Bereichen der Flugzeugenvelope durchführen, die bisher als unkritisch galten – etwa bei hohen lokalen Anstellwinkeln, wie sie bei bestimmten Manövern oder bei der Begegnung mit Böen auftreten können. Die gute Nachricht: Alle nötigen Simulations- und Analysewerkzeuge sind im Prinzip vorhanden, lediglich unsere Herangehensweise muss etwas justiert werden.

Der nächste Schritt: der Beweis im Windkanal

Noch stammen unsere Ergebnisse nur aus Computersimulationen. Der nächste Schritt ist ein experimenteller Nachweis: Ließe sich zeigen, dass der vermeintliche Buffet-Onset in Wirklichkeit eine verallgemeinerte Flattergrenze ist, die von der Elastizität des Windkanalmodells abhängt, wäre das die sprichwörtliche „Smoking Gun“. In einem gemeinsamen Forschungsvorhaben mit Forschenden der japanischen JAXA und der französischen ONERA arbeiten wir aktuell daran. In ein bis zwei Jahren wissen wir mehr.

Literatur

Autor

Jens Nitzsche, Abteilung Aeroelastische Simulation, DLR-Institut für Aeroelastik

Kontakt

Prof. Dr. Holger Hennings

Leitung Aeroelastische Simulation
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Institut für Aeroelastik
Bunsenstraße 10, 37073 Göttingen