Technisches Konzept

Raumsegment

Das Raumsegment umfasst den Satelliten bestehend aus dem SAR-Instrument für die Durchführung der Radar-Messungen und den Satellitenbus bestehend aus Einheiten wie Lageregelung, Leistungsversorgung, Sternkamera, GPS-Empfänger, Datenübertragungseinheit, usw., welche für die Funktion des Satelliten notwendig sind. Abgesehen von ein paar Ausnahmen wird für das Tandem-L-Raumsegment eine Standard-Buskonfiguration verwendet, während der höchste Innovationsgrad bei dem SAR-Instrument zu finden ist.

Die Tandem-L-Antenne besteht aus einem entfaltbaren Reflektor, der durch ein digitales Feed beleuchtet wird. Der Vorteil des Reflektors liegt bei der großen verfügbaren Antennenfläche zu einem sehr geringen m² - Preis. Bei einem Durchmesser von 15 m bietet der Reflektor im Empfangsfall den Gewinn einer planaren Antennenfläche von circa 175 m²; die Realisierbarkeit eines solchen Systems in planarer Antennentechnik ist nicht möglich. Der Reflektor wird von 24x2 (in Elevation x Azimut) dual polarisierten aperturgekoppelten Patchelementen bestrahlt. Jeweils zwei Azimut-Elemente werden über ein Streifenleitungsnetzwerk pro Polarisation kombiniert. Die Signale der insgesamt 48 Kanäle werden verstärkt und direkt im Trägerfrequenzband einzeln digitalisiert. Somit ergeben sich jeweils 24 Datenströme pro Polarisation.

Der durch die Summierung der Feed-Elemente erzeugte schmale Antennenstrahl beleuchtet nur einen kleinen Bereich des Reflektors, wodurch wiederum ein breiter Antennenstrahl entsteht, welcher die gesamte Streifenbreite von 350 km bzw. 180 km beleuchtet. Auf der Empfangsseite beleuchtet das vom Boden reflektierte Signal den gesamten Reflektor und wird dadurch wiederum, in Abhängigkeit vom Einfallswinkel, auf einen begrenzten Bereich des Feed-Arrays fokussiert. Die Schnittfläche des in einer sphärischen Welle abgestrahlten Radarpulses mit der Erdoberfläche ist ein Streifen in Form eines Ellipsenausschnitts.

Eine Besonderheit von Tandem-L ist die mehrkanalige Struktur und die damit verbundene extrem hohe interne Datenrate. Ein innovatives und von der deutschen Industrie entwickeltes modulares Bus- und Prozessierungskonzept ermöglicht die Übertragung und Zusammenführung der einzelnen Datenströme.

Die Tandem-L-Plattformarchitektur nutzt das innovative Konzept eines Kompaktbusses. Die Besonderheit hierbei ist, dass das Feed-Array zusammen mit dem Satellitenbus in einer einzigen mechanischen Struktur untergebracht wird. Abgesehen von dem Vorteil einer platzsparenden Gesamtstruktur, erlaubt der Kompaktbus einen eindimensionalen Entfaltmechanismus mit einer geringen Anzahl an Gelenken. Die Unterbringung von beiden Tandem-L-Satelliten in einer FALCON-9-Rakete ist möglich. Die Trockenmasse eines Satelliten beträgt etwa 1600 kg, der FALCON-9-Träger ist in der Lage, eine 6800-kg-Nutzlast in die vorgesehene Erdumlaufbahn zu transportieren.

Bodensegment

Das Bodensegment umfasst alle Elemente für den Routinebetrieb der Tandem-L-Mission außer den Satelliten selbst, d.h. alle Funktionalitäten von der Missionsplanung und Satellitensteuerung über die Instrumentkommandierung und den Datenempfang bis hin zur Verarbeitung und Auslieferung der Produkte. Neuartig für eine bildgebende Mission sind die enorme Datenmenge und die starke Fokussierung auf konkrete wissenschaftliche Fragestellungen. Beide Aspekte erfordern ein neuartiges Konzept für die effiziente Nutzung der Daten. Es sollen daher nicht primär die Bilddaten an Nutzer gegeben werden, sondern bereits hochaggregierte Produkte der gewünschten geophysikalischen Parameter. Dabei soll die Expertise der jeweiligen einschlägigen HGF-Forschungszentren mit ihrer spezifischen Modellierungserfahrung einbezogen werden.

Besonders hohe Anforderungen fallen bei der Tandem-L-Mission in den Bereichen Formationsflug (hochgenauer Flug in einem Orbitschlauch von 100-250 m), Missionsplanung und Kommandierung (Verschmelzung zweier widersprüchlicher Betriebsarten), Datenübertragung zum Boden (mindestens 2 Terabyte pro Tag), Langzeitarchivierung und Datenprozessierung an.

Bei der Datenverarbeitung treffen rein quantitative und inhaltlich schwierige Herausforderungen aufeinander. Eine erste Abschätzung zeigt, dass eine Datenmenge von ca. 2 bis 5 Terabyte/Tag von etwa 90 Computern, wie sie für TanDEM-X verwendet werden, bewältigt werden kann. Die Wissenschaftswelt wäre aber mit dieser Menge an Rohdaten überfordert. Um die Erreichung der wissenschaftlichen Ziele und einen dauerhaften Nutzen für die Gesellschaft sicherzustellen, muss diese Datenmenge auf die relevante Information reduziert werden. Dazu wird einerseits am DLR schritthaltend mit den Datenaufnahmen eine thematische Online-Verarbeitung durchgeführt, die beispielsweise täglich Deformationskarten zur Verfügung stellt, ähnlich wie das bei Wetterzentren heute der Fall ist. Um die Rechenzeit in Grenzen zu halten, besitzen diese Karten möglicherweise noch nicht die höchstmögliche Genauigkeit. Sie können aber beispielsweise als erste Indikatoren zur Frühwarnung dienen. Hochqualitative und qualitätskontrollierte Produkte mit dokumentierter Qualität werden dagegen auf Bestellung (=Offline) an die wissenschaftlichen Nutzer geliefert. Je nach Hintergrund des Nutzers können sensororientierte Produkte (z.B. SAR-Bilder), Zwischenprodukte (z.B. Interferogramme) oder Geo-Informationsprodukte (z.B. 3D-Deformationskarten) erzeugt werden. Bei den höherwertigen Informationsprodukten sind die Verarbeitungsparameter wählbar, wie z.B. die gewünschte Zeitspanne der interferometrischen Verarbeitung.