ACTRESS
Kooperatives Schifffahrt- und Navigationssystem auf See

Motivation
Der klassische technische Ansatz definiert ein System als eine Einheit mit festen Grenzen. Dieses System besteht aus miteinander verbundenen Elementen, die sowohl untereinander als auch mit externen Elementen interagieren. Die einzelnen Elemente werden dabei als „Black Boxes“ betrachtet. Das emergente Verhalten des Systems ergibt sich aus dem Verhalten dieser Elemente und deren Organisation.
In der Welt der eNavigation sind diese Systemgrenzen jedoch durchlässig und variabel – abhängig von den jeweils aktiv beteiligten Akteuren und Prozessen. In einem solchen dynamischen System of Systems (SoS) existiert kein zentrales Kontrollzentrum, das eine übergreifende Überwachung und Steuerung ermöglicht. Die Funktionsgrenzen der Betriebssoftware stimmen nicht mehr mit den Hardwaregrenzen von Computern und Boxen überein. Ingenieure haben daher nicht mehr die vollständige Kontrolle über alle funktionalen Elemente innerhalb eines solchen SoS. Ausfälle und Defekte in einem lokalen Teilsystem können folgenschwere Auswirkungen auf andere Bereiche des SoS haben.
Die globale maritime Konnektivität erfordert eine umfassende Überprüfung aller aktuellen maritimen Praktiken: rechtliche und kommerzielle Vorschriften, Verantwortlichkeiten, Haftung und Versicherungen. Vor allem aber verlangt sie ein vollständiges Überdenken der technischen Prozesse, die mit der Entwicklung, Integration und Prüfung maritimer Systeme verbunden sind.
Ziele
Die Architektur- und Technologieentwicklungsplattform für sichere Systeme in Echtzeit (ACTRESS) ist der Ausgangspunkt für ein Umdenken im Engineering-Prozess. Partner aus Wissenschaft, Industrie, Klassifikationsgesellschaften und staatlichen Behörden haben sich zusammengeschlossen, um diese technischen Herausforderungen aus allen relevanten Perspektiven zu betrachten. Im Rahmen von ACTRESS werden sie neue Methoden zur Verifizierung und Validierung komplexer, hochautomatisierter SoS entwickeln und bereitstellen. Diese Methoden umfassen neue Architekturen für sichere maritime SoS, Ansätze zur Simulation und zum physikalischen Testen von hochautomatisierten maritimen SoS sowie schließlich Ansätze zur Sicherheitsvalidierung von vernetzten maritimen SoS.
Darüber hinaus wird ACTRESS eine Technologieentwicklungsplattform bereitstellen, die von den Beteiligten für die eigene Entwicklung, Verifizierung und Validierung neuer maritimer SoS-Technologien genutzt werden kann. Diese Plattform wird sowohl eine simulationsbasierte Umgebung für die vollständige virtuelle Entwicklung, Verifizierung und Validierung (V&V-Lab) als auch eine physische, mobile Plattform mit Sensoren, Netzwerk- und Brückensystemen bieten. Diese kann auf Forschungsschiffen und Booten zur Verifizierung und Validierung neuer Technologien in ihrer geplanten Einsatzumgebung eingesetzt werden.
Ergänzend wird eine Vor-Ort-Plattform mit Sensorstationen an der Küste bereitstehen, um landgestützte Aspekte für maritime SoS abzudecken. ACTRESS wird die Grundlage für zukünftiges maritimes SoS-Engineering und die Ausbildung kommender Ingenieure bilden. Dies wird den Transfer dieser neuen Prinzipien in künftige Zertifizierungs- und Klassifizierungsprozesse sowie in neue Standards und Vorschriften für maritime SoS unterstützen.
Projekt ACTRESS - Kooperatives Schifffahrt- und Navigationssystem auf See
- Projektzeitraum: 01.09.2017 – 31.12.2020
- Gefördert durch das deutsche Bundesministerium für Wirtschaft und Energie