DLR Magazin Sonderdruck - page 16-17

Die niedrigstehende Herbstsonne dringt durch den Morgennebel, der sich mit
weißem Dampf mischt und einer achteckigen Betonkonstruktion ein mystisches
Ambiente verleiht. Schon mancher Besucher des DLR Köln fragte – halb rätselnd,
halb beeindruckt –, um was für eine Anlage es sich bei der Stahlbetonröhre im
Norden des Standorts denn handele. Die Antwort ist schnell gegeben: der Kryo-
Kanal Köln (KKK). Die Erklärung bedarf einiger Worte mehr.
Der Kryo-Kanal Köln der DNW
Von Michel Winand
In eisigem Wind
Teil 4 der Serie „Die Windmaschinen“
Der kryogene Unterschallwindkanal ist einer von weltweit
drei Windkanälen für aerodynamische Untersuchungen in der
Luft- und Raumfahrt sowie der Verkehrsforschung und wird von
der Stiftung Deutsch-Niederländische Windkanäle (DNW) betrie-
ben. Die DNW ist eine vom DLR und dem Dutch National Aero-
space Laboratory (NLR) gegründete gemeinnützige Stiftung nach
niederländischem Recht. 1962 nahm der Kanal als erste Ver-
suchsanlage am neuen Standort der Deutschen Versuchsanstalt
für Luftfahrt (DVL) seinen Betrieb auf. In seinen 52 Jahren hat
der Windkanal an der Entwicklung von vielen Generationen von
Luftfahrzeugen mitgewirkt: Der Alpha Jet wurde hier ebenso
getestet wie der Jet-Trainer MAKO und der Airbus A380. Doch
auch Schienenfahrzeugmodelle wie der Next Generation Train
durchlaufen hier ihre aerodynamische Erprobung. Die Deutsche
Bahn zertifizierte den Kryo-Kanal Köln dafür, Messungen für die
Abnahme von Hochgeschwindigkeitszügen durchzuführen.
Namhafte Industrieunternehmen wie Bombardier, Siemens und
Alstom sind genauso Kunden beim kryogenen Windkanal der
DNW wie die Solarforscher des DLR, die hier den Einfluss von
Wind auf spezielle Solar-Receiver von Turmkraftwerken testen.
Altbewährte und moderne Technik
Ein neues Aufgabengebiet ist es, Windkraftprofile zu
untersuchen. Durch die immer größer werdenden Offshore-
Windkraftanlagen werden auch hier hohe Reynoldszahlen
bei kleiner Machzahl erreicht. (Die Reynoldszahl beschreibt das
Verhältnis von Trägheitskraft zur Reibungskraft, die Machzahl
gibt das Verhältnis zur Schallgeschwindigkeit an.) Hier ist aero-
dynamisches Fachwissen gefragt, das aus der Luftfahrtfor-
schung stammend im DLR eine lange Geschichte hat.
Dem Konstruktionsprinzip nach ist der KKK ein Umlauf-
kanal, wie ihn der Göttinger Wissenschaftler Ludwig Prandtl
bereits Anfang des 20. Jahrhunderts ersann. Der Windkanal
ist 135 Meter lang, verfügt über eine geschlossene Messstrecke
und erreicht Geschwindigkeiten bis zu 0,38 Mach, was rund
420 Kilometern in der Stunde entspricht. Soweit nichts Beson-
deres – zumindest nicht in der Welt der Windkanäle. Das Beson-
dere des Kanals liegt im ersten „K“. Die Temperatur der durch
den Kanal strömenden Luft, des sogenannten Kanalgases, kann
WINDKANALSERIE
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